Freiform-Ersatzteil selber machen mit 3D-Scanner, Blender und 3D-Drucker

Seite 3: Drucken, kleben und vergolden

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Spätestens jetzt stand eine bisher aufgeschobene Entscheidung an: Wie wollte ich die Reparatur hinterher kaschieren? Klar war, irgendeine hirsch-ähnliche fertige Filamentfarbe kam nicht in Frage, das wäre wahrscheinlich ebenso auffällig wie die Bruchstelle vorher und zudem hässlich. Dann dachte ich an möglichst neutrales Filament und eine kaschierende Bemalung – das wäre aber nochmal zusätzlich aufwändig geworden und solche Reparaturen verraten sich oft dadurch, dass die neue Farbe anders glänzt als die restliche Oberfläche des Objekts.

Meine Frau brachte dann die japanische Tradition des Kintsugi ins Spiel: Dabei wird bei der Reparatur Kitt mit Goldflocken oder -pulver verwendet, um den Schaden nicht zu verstecken, sondern nachgerade zu betonen. Das gefiel mir gut für meinen Hirsch, ihm nach all den Jahren eine goldene Mittelsprosse zu gönnen. Mein Lieblingsfilament mit Metalleffekt ist Extrudr BioFusion in der Farbe Steampunk Copper, aber das ließ sich leider nicht in der benötigten Schichtfeinheit drucken, weder auf dem Prusa i3 MK3S noch auf dem AnkerMake MC5 in der Redaktion. Der Ultimaker 2+ produzierte aus goldenem Innofil etwas eigentlich brauchbares, versenkte das Ende des Ersatzteils allerdings in einem amorphen Blob, der sich vom restlichen Druck nicht mehr lösen ließ.

Ersatzteile selber machen: 3D-Druck, Montage und Finish (3 Bilder)

Ersatzteil samt Griff im Slicer. Die Schichtdicke beträgt 0,05 Millimeter, für die bessere Haftung am Druckbett sorgt ein Brim. Stützen brauch das winzige Teil nicht.

Das Rennen machte schließlich der AnkerMake mit Mystic Silky PLA Lila Gold von Redline Filament (siehe Bilder 2 und 3 der Bilderstrecke). Dass dieses Material tatsächlich nur von einer Seite golden und von der anderen violett(!) ist, störte mich da schon nicht mehr, denn alle goldenen Filamente waren mir nicht golden genug und ich war fest entschlossen, da noch mit dem glänzendsten Lack dranzugehen, den ich bekommen konnte.

Vor dem Vergolden musste das Ersatzteil aber erst angeklebt werden (sonst hätte ich nach dem Entfernen des Griffes hinterher zumindest an die Trennstellen noch mal rangehen müssen). Im ersten Versuch benutzte ich den speziellen Kunststoffkleber UHU Allplast und konnte mein Ersatzteil schön passgenau platzieren und mittels des Griffes bequem andrücken. Nach dem Trocknen entfernte ich den Griff mit einem Seitenschneider und ging noch mit etwas Schleifpapier über die Schnittstellen, dabei passierte es: Die neue Sprosse löste sich wie nichts vom alten Geweih. Der verwendete Kleber hielt zwar auf dem PLA meines Ersatzteils, aber das genaue Material des Hirschs ist mir unbekannt. Ich ging bisher von Kunststoff aus, aber es könnte auch eine besonders feste und feine Keramik sein.

Zweiter Versuch: Sekundenkleber, jetzt ohne Griff. Das hat geklappt. Und rein von der Form her sah das schon ziemlich gut aus.

Generalprobe: So führt man das Ersatzteil am Griff an die Bruchstelle heran, hier noch ohne Klebstoff. Gut zu sehen ist hier die violette Seite des 3D-Drucks.

Da brauchbarer Goldlack fürs Finish nicht vorhanden war, ging ich in den Künstlerbedarfsladen der Wahl und ließ mich beraten. Eigentlich suchte ich eine kleine Menge Lack, die man mit einem Pinsel auftragen und möglichst hinterher noch polieren konnte – am Ende kam ich aber mit einem Starter-Set für Echtvergoldung mit Blattgold heraus. Das war am Ende auch nicht viel teurer als eine Sprühdose sehr hochwertigen Goldlacks, von dem ich nur eine winzige Menge benötigt hätte und der sich niemals gezielt nur auf mein Ersatzteil hätte auftragen lassen ...

Die Methode des Herstellers des Vergolder-Kits ist tatsächlich relativ einfach: Man trägt auf die zu vergoldende Fläche einen speziellen Lack auf Wasserbasis auf und lässt den trocknen. Dann pinselt man einen speziellen Aktivator auf die Fläche, lässt den ebenfalls trocknen und drückt das Blattgold auf. Das befindet sich auf einem Transferpapier, ähnlich wie Aufreibebuchstaben. Zum Schluss drückt man das Gold mit einem speziellen Poliertuch an und bringt es gleichzeitig auf Glanz.

Links: Die Geweihprothese ist verklebt, der Griff ist bereits entfernt. Rechts: Nach dem Prinzip des japanischen Kintsugi wurde das ersetzte Teil nicht farblich kaschiert, sondern – vergoldet.

Der Lack ist relativ dickflüssig und soll auch nicht zu dünn aufgetragen werden – er hat auch die in meinem Fall angenehme Eigenschaft, kleine Unebenheiten in der Oberfläche zu füllen. Ich entschied mich für eine optionale zweite Lackschicht nach komplettem Aushärten der ersten, damit sich nicht am Ende die Materialschichten aus dem 3D-Druck durch das Gold abzeichnen.

Wenn schon, denn schon: Fürs Finish kam echtes Blattgold auf den Hirsch. Der ist jetzt ein wirklicher Hingucker.

Das Vergolden selbst war dann doch spannend, denn einmal vom Transferpapier gelöst, ist die hauchdünne Goldfolie schwer zu bändigen. Aber es klappte dann doch im ersten Versuch sehr gut. Etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass sich spätestens beim Polieren das nicht verklebte Gold in winzigen bis größeren Flocken löst, den Arbeitsplatz sprenkelt und erstaunlich gut auf Oberflächen haftet – beim nächsten Mal würde ich auf meinen Arbeitstisch statt der Schneidematte als Unterlage ein Stück Papier legen, das ich hinterher wegwerfen kann.

Damit war ich fertig und stolz und der Hirsch prangt in nie dagewesener Pracht an seinem angestammten Platz oben an der Gastherme. Die Goldsprosse sieht zwar nicht aus wie gegossen und perfekt poliert, gewisse Unebenheiten des 3D-Drucks im Inneren sind durchaus erkennbar. Ich denke aber, dass sich ein zu perfektes Goldstück zu sehr vom Rest des Hirschs abheben würde, um beides noch als eine Einheit wahrzunehmen. Die Vergoldung soll sogar wetterfest sein, verspricht der Hersteller des Lacks, das werde ich aber erst mal nicht ausprobieren. (pek)