Hardware-Diagnose unter Windows: Probleme mit HWInfo diagnostizieren

Mit dem Windows-Tool HWInfo können Sie Hunderte Sensorwerte auslesen. Das Programm liefert etwa Infos zur Netzwerkauslastung und Arbeitsspeicherbelegung.

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Wenn ein Prozessor, Mainboard oder Komplett-PC in unser Testlabor kommt, ist einer der ersten Schritte, die Diagnosesoftware HWInfo aufzuspielen. Das Windows-Programm belegt weniger als 10 MByte Platz und die Portable-Variante lässt sich ohne Installation direkt von einem USB-Stick starten. Zudem kommt HWInfo im Unterschied zu vielen anderen Monitoring-Programmen ohne Hintergrunddienste oder Systemtreiber aus, bei denen es in der Vergangenheit schon die ein oder andere Sicherheitslücke gab.

Der Slowake Martin Malík entwickelt das Programm. Für den privaten Gebrauch ist es kostenlos, kommerzielle Anwender können zwischen verschiedenen Lizenzmodellen wählen.

Nachdem Sie HWInfo (Download) heruntergeladen haben, müssen Sie lediglich die zip-Datei entpacken. Enthalten ist darin jeweils eine ausführbare Datei für 32- und 64-Bit-Systeme. In der Regel ist HWInfo64.exe die richtige Wahl. Auf älteren 32-Bit-Windows-Installationen funktioniert hingegen nur HWInfo32.exe.

Beim ersten Programmstart fragt HWInfo ab, mit welchen Einstellungen Sie starten wollen. Drückt man einfach nur den Startknopf, öffnen sich alle Programmfenster wie zum Beispiel die ausführlichen Systeminformationen. Für die Diagnose interessieren uns aber lediglich die Sensordaten. Deshalb sollten Sie vorher den Haken bei "Nur Sensoren" setzen, damit die Übersichtlichkeit nicht leidet.

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Die schlanke Oberfläche zeigt nun aufgeteilt in Rubriken eine lange Liste an Taktfrequenzen, Spannungen, Temperaturen und Leistungsaufnahmewerten. Diese können Sie auf- und zuklappen, um bei den hunderten Zahlen nicht den Überblick zu verlieren. Um die Bildschirmfläche optimal auszunutzen, fügen Sie weitere Spalten über die Schaltfläche in der unteren, linken Ecke mit den beiden nach außen zeigenden Pfeilen hinzu und müssen dann weniger scrollen.

Auf Wunsch stellt HWInfo jeden Sensorwert wie zum Beispiel die CPU-Kerntemperatur auch grafisch dar.

Für jeden Sensor liefert HWInfo nicht nur den aktuellen Wert, sondern auch Minimum, Maximum und den Durchschnitt seit dem Start des Tools. Über das Uhr-Symbol unten rechts setzen Sie diese wieder zurück. Besonders aussagekräftig ist ein Diagramm, das den zeitlichen Verlauf schwankender Messwerte zeigt. Das fordern Sie per Rechtsklick auf einen Wert mit der Option "Grafik anzeigen" an.

Vor allem für Prozessoren ist das Tool hilfreich. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre CPU nicht die volle Leistung bringt, kann das daran liegen, dass sie überhitzt oder ein Problem bei der Taktsteuerung vorliegt. Die Kerntemperatur bezeichnet AMD bei Ryzen als "CPU (Tcl/Tdie)", bei Intels Core i heißt sie "Kerntemperaturen". Alles bis 85 Grad ist hier okay. Ab 95 (AMD) beziehungsweise 100 Grad Celsius (Intel) drosseln Desktop-CPUs ihre Performance, während bei Notebookprozessoren das Limit noch um einige Grad Celsius höher liegen kann.

Zudem melden die CPU-Bestandteile über ein separates Signal, wenn es ihnen zu heiß wird. Bei CPUs von AMD lauten die entsprechenden Zeilen in HWInfo "Thermische Drosselung (HTC)", "Thermische Drosselung (PROCHOT CPU)" und "Thermische Drosselung (PROCHOT EXT)" und bei Intel "Thermische Kerndrosselung".

Wechselt der Status dort auf "Ja" sollte man prüfen, ob der CPU-Lüfter überhaupt läuft. Die Drehzahl meldet das Board typischerweise über den Wert "CPU" in RPM (Umdrehungen pro Minute). Steht dort eine Null, hat sich vielleicht das Kabel gelöst oder der Lüfter ist ausgefallen. Bleibt die Drehzahl auch bei Last niedrig, hilft ein Blick ins BIOS-Setup, ob die Lüfterregelung korrekt eingestellt ist.

Fehler in der Taktsteuerung des Prozessors können sich unterschiedlich manifestieren. Die aktuelle Taktfrequenz liefert HWInfo unter "Kern Takte" für jeden Kern einzeln. Erreicht die CPU nicht ihren Maximaltakt, funktioniert vielleicht der Turbo nicht. Der setzt voraus, dass die Schlafzustände (C-States) der CPU-Kerne korrekt arbeiten. Denn nur wenn sich inaktive Kerne schlafen legen, können die anderen, aktiven das freie thermische Budget für hohe Turbotaktfrequenzen nutzen.

Bei ruhendem Desktop schlafen die Prozessorkerne die allermeiste Zeit. Im C6-Zustand sind die Kerne vom Strom getrennt, die Caches geleert und vom Taktgeber abgekoppelt.

HWInfo zeigt den aktuellen Status der einzelnen Kerne als Prozentwerte "Core C0 Belegung", "Core C1 Belegung" und so weiter an. Im Leerlauf bei ruhendem Windows-Desktop sollten die CPU-Kerne zu über 80 Prozent in C6 oder C7 verweilen, in denen sie stromlos geschaltet und die Caches geleert sind.

Doch nicht bei jeder Anwendung erreichen Prozessoren unter Last ihren Maximaltakt. Denn nicht nur die Temperatur fließt in den Turbo ein. Bei Multithreading-Anwendungen begrenzt in der Regel das Power-Limit den Takt. Die aktuelle Leistungsaufnahme des Prozessors liefert die Variable "CPU-Gesamtleistungsaufnahme". Erreicht diese das zulässige Power-Limit, wechselt bei Core-i-CPUs das "Kernleistungsverbrauchslimit überschritten" von Nein auf Ja. Ryzen-Prozessoren melden hingegen einen Prozentwert für das "CPU PPT Limit" zurück. Bei 100 Prozent ist das Leistungsbudget voll ausgeschöpft.

Vor allem bei Intel-Systemen der letzten Jahre sehen wir sehr oft, dass Mainboards die Power-Limits nicht korrekt einstellen. Das frisst nicht nur unnötig Energie und sorgt für lautere Lüfter, sondern kann auch das Netzteil überlasten. Die "PL1 Leistungsgrenze" entspricht normalerweise der Processor Base Power (PBP) beziehungsweise der Thermal Design Power (TDP). Typische Werte sind 65 oder 125 Watt bei Core-i-CPUs für Desktop-CPUs. Während der Turbophase erlaubt Intel über die "PL2 Leistungsgrenze" höhere Werte, die auch das Dreifache der TDP betragen können.

Ferner gibt es weitere Kenngrößen, die Einfluss auf die Taktsteuerung haben. Dazu zählen bei Ryzen-CPUs die maximal zulässigen Stromstärken für die Kernspannung, die die Wandler auf dem Board verkraften. HWInfo liest diese ebenfalls als Prozentwert als "CPU-TDC-Limit" und "CPU-EDC-Limit" aus. Bei Intel-CPUs gibt es hingegen nur eine einfache Ja/Nein-Meldung unter "IA: Elektrischer Entwurfspunkt/Sonstiges", ob der Maximalstrom erreicht wird.

HWInfo zeigt unter anderem SMART-Daten von Festplatten und SSDs an. Bei unserer Samsung SSD 980 ist alles OK.

Arbeitsspeicher, der zu schnell oder mit zu kurzen Latenzen betrieben wird, kann Datenfehler verursachen, die zu Instabilitäten und Abstürzen führen. Den aktuellen RAM-Takt zeigt HWInfo unter "Speicher Takt" an. Dabei müssen Sie aber beachten, dass Sie diesen zum Vergleich mit den gängigen Bezeichnungen bei Speicher mit Double-Data-Rate-Technik (DDR) noch verdoppeln müssen. 1600 MHz entspricht beispielsweise DDR4-3200.

Für die Wartezeiten (Latenzen) beim Speicherzugriff sind die drei Parameter "Tcas", "Trcd" und "Trp" die wichtigsten Parameter. Typischerweise geben Hersteller sie fortlaufend getrennt durch Bindestriche an, also beispielsweise CL22-22-22. Ist nur ein Parameter auf den Riegeln oder der Packung aufgedruckt, handelt es sich um die Column Address Strobe Latency, kurz CAS. Sind die ausgelesenen Werte für die Wartezyklen kleiner als die Angaben vom RAM-Hersteller, sollte man im BIOS-Setup prüfen, ob dort die automatische Speichereinstellung aktiv ist. Diese übernimmt die im SPD-EEPROM auf dem DIMM hinterlegten Einstellungen.

Auch viele weitere moderne PC-Komponenten besitzen eingebaute Sensoren. Das trifft zum Beispiel auf Grafikkarten zu. Aktuelle Karten liefern außer der "GPU-Temperatur" auch noch die "GPU-Hot-Spot-Temperatur". Leistungsstarke Grafikchips sind flächenmäßig größer als Prozessoren und die unterschiedlichen Bestandteile heizen sich unterschiedlich stark auf. Deshalb sind in den Chips mehrere Sensoren untergebracht, sodass HWInfo neben der Durchschnittstemperatur auch die Temperatur der wärmsten Stelle ausliest.

Wenn 3D-Spiele ruckeln, sie aber früher mit gleichen Einstellungen flüssig liefen, kann ein Kühlungsproblem vorliegen. Ausgefallene Lüfter können Sie dadurch erkennen, dass Sensoren wie "GPU Lüfter1" oder "GPU Lüfter2" unter Last mit 3D-Spielen eine Drehzahl von 0 RPM melden. Beachten Sie aber, dass viele Grafikkarten im 2D-Betrieb bewusst ihre Lüfter stoppen, um leiser zu sein.

Über die aktuelle Leistungsaufnahme informiert der "GPU-Energieverbrauch". Mit funktionierenden Energiesparfunktionen sollten moderne Grafikkarten bei ruhendem Windows-Desktop mit 15 Watt oder weniger auskommen. Benötigt Ihre deutlich mehr, ohne dass eine 3D- oder Videoanwendung läuft, deutet das auf ein Problem hin.

Dieser Artikel liefert nur einen kleinen Einblick in die Fähigkeiten von HWInfo. Mit der Logging-Funktion lassen sich beispielsweise die gesamten Sensordaten auch als CSV-Datei abspeichern, um sie im Nachhinein mit einer Tabellenkalkulation auszuwerten. Außer Messwerten von Hardwaresensoren liefert HWInfo viele Infos des Betriebssystems wie Netzwerkauslastung, die auf Massenspeicher geschriebene Datenmenge und die Arbeitsspeicherbelegung.

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(chh)