Landschaften mit dem 50er entdecken

Wer kommt schon auf die Idee, nur mit einem 50-Millimeter-Objektiv an der Kamera die Natur abzulichten? Jana Mänz zeigt in diesem Beitrag, dass eine solche freiwillige Kasteiung enorm bereichernd wirkt. Jede ihrer teils mystisch anmutenden Aufnahmen, die sie auf einer Winterreise auf Rügen fotografiert hat, erzählt eine Geschichte.

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Lesezeit: 19 Min.
Von
  • Jana Mänz
Inhaltsverzeichnis

Wenn Sie mich fragen würden, wer oder was meine großen künstlerischen Vorbilder sind, dann würde ich bestimmt als Erstes die Maler der Romantik, wie Caspar David Friedrich oder William Turner, nennen. Die zentralen Themen dieser künstlerischen Epoche waren vor allem die Gefühle der Liebe und der Sehnsucht, aber auch die Stimmungen des Mysteriösen und Märchenhaften, verbunden mit einer großen Individualität. Eigentlich hätte ich gerne in der damaligen Zeit gelebt und gearbeitet, aber ich bin heute natürlich glücklich darüber, dass ich mit Hilfe der modernen technischen Möglichkeiten, wie meiner digitalen Kamera und vor allem der Bildbearbeitung am PC, Fotografien aus meiner Gefühlswelt heraus erschaffen kann. Lightroom und Photoshop helfen mir dabei, mein Empfinden, meine Seele, meine Gefühle in den Fotografien mit Hilfe von Farben und Texturen herauszuarbeiten. Mit diesen Werkzeugen kann ich Elemente retuschieren, die das Gefühl der Sehnsucht stören würden oder Lichtstimmungen verändern, die das Mystische und Geheimnisvolle unterstreichen. Für mich ist die Fotografie also viel mehr als nur das Abbilden der Realität. Dieser künstlerische Anspruch war auch in der Malerei der Romantik allgegenwärtig, gestaltete doch beispielsweise Caspar David Friedrich in seinem berühmten Bild „Wanderer über dem Nebelmeer“ einen Ort in der Sächsischen Schweiz, der niemals so ausgesehen hat.

Nostalgia. Da die Flugbewegungen von so vielen Möwen kaum in einer Aufnahme einzufangen ist, habe ich innerhalb kürzester Zeit mehrere Bilder in Serie gemacht, die ich anschließend in Photoshop übereinandergelegt habe. So ließ sich die Dynamik bildlich festhalten. Nikon D700 | 50 mm 1:1,4 | ISO 400 | f/5.6 | 1/100 s | mehrere Aufnahmen in Serie übereinandergelegt

(Bild: Jana Mänz)

Schon lange hatte ich davon geträumt, einmal einen einsamen Winter an der Ostsee zu verbringen. Im Winter 2012/2013 war es dann so weit und ich ließ meinen Traum Realität werden. Bereits Anfang Dezember machte der Winter seinem Namen alle Ehre und die Insel war mit einer wunderschönen weißen Schneedecke bedeckt. Weite Gebiete des Boddens froren zu und die Insel verfiel in einen Winterschlaf, der durch das Schreien der Wintervögel untermalt wurde. Und ich war mittendrin. Alleine mit meiner Kamera und einem 50-mm-Objektiv bin ich stundenlang durch knietiefen Schnee gewandert, um all die Eindrücke festzuhalten. Die Landschaft Rügens ist im Winter einmalig. Die Strände sind menschenleer und die Strandkörbe lagern in ihrem Winterquartier. Die Straßen in den Kurorten, die im Sommer laut und hektisch sind, liegen verwaist da. All die Türen und Fenster der Restaurants sind verschlossen. Es ist nur noch die Stimme der Natur zu hören, das Rauschen des Meeres und das Rufen der Salzwasserschwäne, die auf dem Bodden überwintern.

Im Laufe der Wochen stellte sich für mich heraus, dass besonders die Vogelwelt auf Rügen ein ganz zentrales Element meiner Arbeit werden würde. Ein fotografisches Thema, das für mich vor allem für Freiheit und Leichtigkeit, aber auch für Kontinuität und Ordnung steht - Eigenschaften, die sich gegenseitig ergänzen. Wenn man dies gezielt fotografisch umsetzt und dabei mit Unschärfen spielt, dann wird aus einem klassischen Vogelbild etwas Mystisches, etwas, das zum Träumen anregt. Das ist das, was ich ausdrücken möchte. Dafür arbeite ich entweder mit Langzeitbelichtungen oder mit Serienaufnahmen, die nachträglich übereinandergelegt werden. Die anschließende Bearbeitung geschieht dabei intuitiv, immer das Bild vor Augen, das mir im Geiste vorschwebt. Ein ganz besonderes Highlight sind die leuchtenden Sanddornbüsche, deren Früchte gold-orange in der Wintersonne leuchten - besonders sehenswert im Kontrast zum weißen Schnee und dem grün-blauen Wintermeer. Um Kap Arkona herum kann man dieses Schauspiel vielerorts bewundern und die Umgebung wirkt dort wie verwunschen. Wenige Kilometer weiter südlich befinden sich dann die Buchenwälder des Nationalparks Jasmund, die im Winter wie magisch anmuten, wenn die kahlen, fast weiß-silbrig glänzenden Buchenstämme im Winterlicht erstrahlen und die rot-braunen Buchenblätter auf dem Boden einen starken Kontrast dazu bilden. Ich habe die schneebedeckten Kreidefelsen im Nationalpark Jasmund in der untergehenden Wintersonne gesehen. Das winterliche Naturschauspiel war unbeschreiblich.

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