Luftumzug: Vodafone will ohne Leistung kassieren

Wer umzieht, hat gegenüber seinem Internetprovider ein Sonderkündigungsrecht, wenn dieser an der neuen Adresse die bisherige Leistung nicht erbringen kann.

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Ein Kunde steht vor einem großen Mann, der ein Schild hält. Darauf steht mit roten Buchstaben "Inkasso".
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Tim Gerber
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Dies ist ein Beitrag aus unserer Magazin-Rubrik Vorsicht, Kunde!, der erstmals am 26.1.2024 in c't 3/2024 erschienen ist.

Michael S. hatte in seiner Wohnung im Münchner Stadtteil Laim einen Internetanschluss über TV-Kabel des Providers Vodafone. Als im Sommer ein Umzug nach Schwabing anstand, kündigte er den Vertrag zu Mitte Juli, weil nach Auskunft des neuen Vermieters in der dortigen Wohnung kein Kabelanschluss vorhanden war. Am 26. Juni antwortete Vodafone dem Kunden per E-Mail, dass an der neuen Anschrift sein bisheriges Produkt "Red Internet & Phone 1000 Cable" verfügbar sei und deshalb kein Sonderkündigungsrecht bestehe. Falls er an seiner Kündigung festhalten wolle, werde man den Vertrag erst zum Ende der Laufzeit beenden.

Am selben Tage antwortete Michael S., dass er auf die Aussage Vodafones vertraue, an der neuen Anschrift dieselbe Leistung zu erbringen und er seine Kündigung deshalb zurücknähme. Er werde sich sodann mit dem von Vodafone mit der Herstellung des Anschlusses an der neuen Anschrift beauftragten Techniker in Verbindung setzen und einen Termin vereinbaren.

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Der Techniker kam am 3. Juli und machte auf Michael S. einen kompetenten Eindruck. Er war auch mit den notwendigen Schlüsseln für die Technikräume in der mehrere Wohnhäuser umfassenden Anlage ausgestattet. Doch an den TV-Kabeln für das Haus, in welchem die Wohnung des Kunden lag, konnte der Techniker kein brauchbares Signal messen. Das hatte Michael S. zuvor schon aufgrund der Angaben des Vermieters vermutet und durch eigene Versuche bestätigt, einen Fernseher an die Kabelbuchsen anzuschließen.

Nachdem der Techniker also unverrichteter Dinge wieder abziehen musste, schrieb Michael S. eine ausführliche E-Mail an Vodafone, berichtete von dem ergebnislosen Termin, über den auch der Techniker noch einen Bericht fertigen werde. Der Bericht sollte dem Provider spätestens nach zwei bis drei Arbeitstagen zukommen.

Aufgrund der Umstände gehe er davon aus, dass die ursprüngliche Kündigung seines alten Vertrages zum 15. Juli wirksam sei, da er sie infolge eines von Vodafone hervorgerufenen Irrtums zurückgenommen hatte. Er setzte dem Provider noch eine Frist bis zum 7. Juli, in der neuen Wohnung den Internetanschluss via Kabel herzustellen. Ansonsten gehe er von einem Vertragsende wie geplant zum 15. Juli aus.

Eine Reaktion seitens Vodafone erfolgte erst mit einem auf den 14. August datierten Brief, der dem Kunden einige Tage später erreichte. Darin bestätigte man ihm die Kündigung zum selben Tag, also zum 14. August. Offenbar hatte der Provider das Schreiben des Kunden vom 3. Juli als neue Kündigung betrachtet und den Vertrag also um einen weiteren Monat verlängert. Und wenige Tage später flatterte bei Michael S. eine Rechnung Vodafones vom 21. August herein, mit welcher der Provider sogar noch eine Umzugsgebühr von 40 Euro kassieren wollte, obwohl er einen Umzug des Internetanschlusses ja gar nicht hatte leisten können. Insgesamt belief sich die Rechnung auf 67 Euro, den Betrag zog Vodafone per Lastschrift vom Bankkonto des Kunden ein.

Trotz fehlerhafter Rechnung von Vodafone sollte der Kunde Kontakt mit einem Inkassounternehmen aufnehmen.

Das wollte Michael S. freilich nicht auf sich beruhen lassen, buchte die aus seiner Sicht unberechtigte Lastschrift zurück und schrieb dem Provider am 31. August einen längeren Brief, in welchem er den Vorgang nochmals schilderte und auf seinem Standpunkt beharrte, dass der Vertrag spätestens zum 15. Juli beendet sei.

Doch statt einer Entschuldigung schickte der Telekommunikationskonzern Michael S. am 12. September eine Mahnung. Besagte 67 Euro seien auf seinem Kundenkonto noch offen. Dazu wollte Vodafone nun noch eine Mahnpauschale von einem Euro von ihm haben.

Service im Visier
Vorsicht Kunde!

Immer wieder bekommen wir E-Mails, in denen sich Leser über schlechten Service, ungerechte Garantiebedingungen und überzogene Reparaturpreise beklagen. Ein gewisser Teil dieser Beschwerden ist offenbar unberechtigt, weil die Kunden etwas überzogene Vorstellungen haben. Vieles entpuppt sich bei genauerer Analyse auch als alltägliches Verhalten von allzu scharf kalkulierenden Firmen in der IT-Branche.

Manchmal erreichen uns aber auch Schilderungen von geradezu haarsträubenden Fällen, die deutlich machen, wie einige Firmen mit ihren Kunden umspringen. In unserer Rubrik „Vorsicht, Kunde!“ berichten wir über solche Entgleisungen, Ungerechtigkeiten und dubiose Geschäftspraktiken. Damit erfahren Sie als Kunde schon vor dem Kauf, was Sie bei dem jeweiligen Unter nehmen erwarten oder manchmal sogar befürchten müssen. Und womöglich veranlassen unsere Berichte ja auch den einen oder anderen Anbieter, sich zukünftig etwas kundenfreundlicher und kulanter zu verhalten.

Falls Sie uns eine solche böse Erfahrung mitteilen wollen, senden Sie bitte eine chronologisch sortierte knappe Beschreibung Ihrer Erfahrungen an: vorsichtkunde@ct.de.

Auf die Mahnung antwortete Michael S. sofort, legte dem Unternehmen abermals den Sachverhalt dar und verwies auf sein Schreiben vom 31. August. Doch auch darauf erhielt der Kunde keine Antwort. Dafür kam am 24. Oktober ein zweites Mahnschreiben bei ihm an, in welchem Vodafone weitere Rücklast- und Mahngebühren forderte und ihm androhte, im Falle eines weiteren Ausbleibens der Zahlung ein Inkassounternehmen zu beauftragen und die Schufa zu benachrichtigen.

Derart unter Druck gesetzt wandte sich Michael S. noch am selben Tage an c’t. Wir wandten uns am 15. November an die Pressestelle von Vodafone und baten um Prüfung, warum der Kunde trotz offenkundiger Fehler bei seinem Umzug weiterhin mit Rechnungen und Mahnungen behelligt worden war. Noch am selben Tag antwortete uns ein Sprecher des Konzerns, der Fall sei bereits abgeschlossen, man habe den Kunden bereits mit Schreiben vom 14. August mitgeteilt, dass man seine Sonderkündigung akzeptiere. Er werde in den nächsten Tagen eine Abschlussrechnung erhalten.

Tatsächlich erhielt Michael S. am selben Tag ein Schreiben des Kundenservice. Bei der Korrektur seiner Rechnung sei die Gutschrift der Umzugspauschale vergessen worden, wofür man sich entschuldige. Die noch offenen Forderungen seien inzwischen jedoch an das Inkassounternehmen Riverty Service GmbH abgegeben. Der Kunde solle sich nun mit diesem auseinandersetzen.

Doch das sah Michael S. nicht ein und fragte bei uns an, ob Vodafone überhaupt berechtigt war, seine Daten an das Inkassounternehmen weiterzugeben, obwohl man ja inzwischen eingeräumt hatte, dass die Rechnung fehlerhaft gewesen ist. Wir reichten diese Frage an die Pressestelle weiter und erhielten darauf umgehend eine Antwort des Konzernsprechers: "Die Einleitung des Mahn- und Inkassoverfahrens durch Vodafone beruht bei Herrn S. auf einen menschlichen Arbeitsfehler eines Sachbearbeiters." Der Fehler sei inzwischen korrigiert und das Mahn- und Inkassoverfahren eingestellt worden. Damit sei auch die Löschung der Daten durch den beauftragten Inkassopartner verbunden.

Die Aussage erinnert einmal mehr an einen bekannten Ausspruch der Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel: "Fehler können passieren, aber sie müssen rasch korrigiert werden." Wie das Beispiel von Michael S. zeigt, bekommen auch Konzerne Fehlerkorrekturen nicht so recht gebacken, wenn man keinen öffentlichen Druck auf sie ausübt.

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(tig)