Telekom behebt Störung an DSL-Leitung monatelang nicht
Versorgung mit schnellem Internet ist heutzutage fast so wichtig wie mit Energie. Deshalb müssen die Unternehmen Störungen so rasch wie möglich beseitigen.

- Tim Gerber
Dies ist ein Beitrag aus unserer Magazin-Rubrik "Vorsicht, Kunde!", der erstmals am 3.10.2024 in c't 22/2024 erschienen ist.
Das Viertel von Gerd P. soll bald Glasfaser bekommen. Seit Monaten schon sind die Bagger in der schwäbischen Kleinstadt unterwegs, um die Leerrohre unter die Straßen zu bringen. Doch wo gehobelt wird, da fallen bekanntlich Späne. Am 1. Juli beschädigte ein Bagger die Kupferleitung, die die Häuser der Gegend mit Telefon und Internet versorgt. In der Folge fielen bei Gerd P. und sechs seiner Nachbarn die DSL-Verbindungen aus, sodass sie seither weder telefonieren noch ins Internet gehen konnten.
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Umgehend meldeten die Betroffenen dem Provider die Störung ihrer Anschlüsse. Am 2. Juli bestätigte die Telekom Gerd P. die Störungsmeldung per App. "Wir arbeiten an der Beseitigung Ihrer Störung. Bitte haben Sie noch etwas Geduld." Die hatte Gerd P. natürlich, zumal ihm klar war, dass ein solcher Schaden nicht auf Knopfdruck zu beheben war. Innerhalb von ein paar Tagen sollte die Sache aber erledigt sein.
Doch es tat sich nichts. Auf Nachfrage vertröstete die Telekom Gerd P. und seine Nachbarn auf Ende des Monats. Man bot ihnen lediglich die kostenfreie Umleitung ihrer Anrufe auf eine Mobilfunknummer oder den Anschluss von Bekannten oder Verwandten an, die ihre Anrufe entgegennehmen würden. Außerdem verteilte die Telekom Mobilfunkrouter an die Betroffenen. Aber da das Mobilfunknetz am Ort schwach ist, half das nicht viel.
Auch in den kommenden Wochen tat sich nichts. Der Juli endete, ohne dass die Telekom ihr Versprechen gehalten hätte. Stattdessen wurde Gerd P. samt Nachbarn erneut vertröstet, diesmal auf Ende August. Doch auch dieser Sommermonat verstrich, ohne dass die Telekom Anstalten gemacht hätte, sich des Problems seiner Kunden zu widmen. Vielmehr hieß es nun, dass am 25. September ein Techniker kommen solle, der das beschädigte Kabel repariert. Garantieren könne man das aber auch nicht, sagte man Gerd P.
Pure Verzweiflung
Der war mit seinen Nerven inzwischen so am Ende, dass er sich an die c’t-Redaktion wandte. Sie könnten keine Filme aus den Mediatheken von ARD und ZDF mehr sehen, schrieb er, für Videokonferenzen und dergleichen genüge der Ersatz per Mobilfunk schon gar nicht. Noch nie habe er seine Frau so fluchen hören wie seit der Störung, schrieb der verzweifelte Telekom-Kunde. Freilich hatte der Provider ungeachtet des Umstands, dass er den ganzen Monat seinen Vertrag nicht erfüllt hatte, am 29. Juli den vollen Grundpreis von 55 Euro für den DSL-Anschluss in Rechnung gestellt und abgebucht.
Wir fragten deshalb am 2. September bei der Telekom nicht nur, wann sie die Störung endlich beseitigen will, sondern auch, wie sie ihre Kunden für den Ausfall zu entschädigen beabsichtigt. Schließlich sieht das Telekommunikationsgesetz saftige Strafzahlungen vor, wenn eine Störung nicht innerhalb von zwei Tagen ab ihrer Meldung beseitigt wird. Da die Störung hier schon über Wochen ging, kam grob überschlagen bereits ein mittlerer dreistelliger Betrag zustande, den die Telekom an jeden der Betroffenen zahlen müsste.
Immer wieder bekommen wir E-Mails, in denen sich Leser über schlechten Service, ungerechte Garantiebedingungen und überzogene Reparaturpreise beklagen. Ein gewisser Teil dieser Beschwerden ist offenbar unberechtigt, weil die Kunden etwas überzogene Vorstellungen haben. Vieles entpuppt sich bei genauerer Analyse auch als alltägliches Verhalten von allzu scharf kalkulierenden Firmen in der IT-Branche.
Manchmal erreichen uns aber auch Schilderungen von geradezu haarsträubenden Fällen, die deutlich machen, wie einige Firmen mit ihren Kunden umspringen. In unserer Rubrik „Vorsicht, Kunde!“ berichten wir über solche Entgleisungen, Ungerechtigkeiten und dubiose Geschäftspraktiken. Damit erfahren Sie als Kunde schon vor dem Kauf, was Sie bei dem jeweiligen Unter nehmen erwarten oder manchmal sogar befürchten müssen. Und womöglich veranlassen unsere Berichte ja auch den einen oder anderen Anbieter, sich zukünftig etwas kundenfreundlicher und kulanter zu verhalten.
Falls Sie uns eine solche böse Erfahrung mitteilen wollen, senden Sie bitte eine chronologisch sortierte knappe Beschreibung Ihrer Erfahrungen an: vorsichtkunde@ct.de.
Wenige Stunden nach Eingang erhielten wir bereits eine Auskunft: Eine Instandsetzung sei für den 25. September vorgesehen. Die dadurch entstandenen Unannehmlichkeiten bitte man zu entschuldigen. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, alle Kundenanliegen so schnell wie möglich zu erledigen. Zusätzlich zum normalen Aufkommen im Kundenservice waren unsere Kollegen von der Technik in den vergangenen Monaten noch zu einem großen Teil mit der Behebung witterungsbedingter Störungsursachen beschäftigt. Zwecks einer Entschädigung können sich die Kunden an unseren Service wenden", hieß es.
Ausreden
Zwei Stunden später kam bereits ein "Update" der Telekom: "Für die Instandsetzungsmaßnahme sind Tiefbaumaßnahmen notwendig, für die wir eine verkehrsrechtliche Anordnung benötigen. Diese Maßnahmen werden morgen erfolgen, sodass wir von einer voraussichtlichen Entstörung Ende der Woche ausgehen."
(Bild: Gerd P.)
Das war immerhin schon deutlich schneller, denn bis zum 25. September waren es noch gut drei Wochen. Doch auch damit wollten wir uns nicht zufriedengeben und fragten am Morgen des 3. September nach, warum die Telekom diese angeblich erforderlichen Genehmigungen denn nicht längst eingeholt habe. Außerdem waren dort ja ohnehin Tiefbaumaßnahmen im Gange, sodass Genehmigungen längst vorliegen sollten.
Antworten erhielten wir von der Telekom nun nicht mehr. Aber am Abend meldete sich ein überglücklicher Gerd P. bei uns mit der Nachricht, dass bereits seit etwa 17 Uhr sein DSL-Anschluss wieder funktioniere und auch bei seinen Nachbarn alles wieder in Ordnung sei. Auf unseren Rat wandte sich der Kunde am 4. September über das Serviceportal an die Telekom und verlangte von dem Konzern die ihm gesetzlich zustehende Entschädigung für den monatelangen Ausfall seines Internetanschlusses. Eine Antwort stand zum Redaktionsschluss noch aus.
Pannen bei Bauarbeiten können passieren. Die Reparatur eines solchen Kabels dauert aber nur wenigen Stunden. Darauf hatte Gerd P. auf Grundlage von Videos hingewiesen, die er im Netz zu dem Thema gefunden hatte. Und der Umstand, dass zwischen unserer ersten Anfrage an die Pressestelle des Telekom-Konzerns und der Instandsetzung des Anschlusses kaum mehr als 24 Stunden lagen, bestätigt dies. Wer seine Kunden derart hinhält, während sie auf die Versorgung mit Kommunikationsdiensten dringend angewiesen sind, der muss dafür deutlich zur Kasse gebeten werden. Gerd P. und seinen Nachbarn dürften jeweils etwa 600 Euro an Entschädigung zustehen und die sollte man in solchen Fällen sofort einfordern. Denn nur so kommt Schwung in den Laden.
(tig)