Über den Status quo der Eclipse Foundation

Mike Milinkovich ist seit der Gründung der Eclipse Foundation Anfang 2004 Chef der Open-Source-Vereinigung und dadurch ein intimer Kenner der geschäftlichen Entwicklung der Plattform. heise Developer wollte von ihm wissen, wie es um den Status quo des Eclipse-Ökosystems steht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Alexander Neumann
Inhaltsverzeichnis

Mike Milinkovich, Executive Director der Eclipse Foundation

Mike Milinkovich ist seit der Gründung der Eclipse Foundation Anfang 2004 Chef der Open-Source-Vereinigung und dadurch ein intimer Kenner der Entwicklung der Plattform, von technischer, aber vor allem von geschäftspolitischer Seite. heise Developer wollte von ihm wissen, wie es um den Status quo des Eclipse-Ökosystems steht.

heise Developer: Mike, wie siehst du den Stand der Dinge bei Eclipse?

Mike Milinkovich: Eclipse samt zugehöriger Community, die zusammen genommen als das Eclipse-Ökosystem gelten, sehen wir als mittlerweile größte und facettenreichste Entwicklungsplattform in der Industrielandschaft. Lässt man vielleicht einmal Microsofts Visual Studio außen vor, dürfte es sicherlich keine Programmierplattform geben, die mehr Entwickler nutzen. Wenn ein Unternehmen ein Werkzeug produzieren möchte, liegt es beinahe immer nahe, Eclipse zu verwenden oder es zu integrieren.

Unabhängig der Betrachtung von Eclipse als Entwicklungsplattform ist die Eclipse-Community zu einer sehr großen Gemeinschaft geworden, die sich nun auch immer mehr um Runtime-Techniken kümmert. Wir verzeichnen nahezu 1000 Committer, die an über 200 Open-Source-Projekten beteiligt sind. Dadurch dass alle Eclipse-Projekte auf einer gemeinsamen Architektur, nämlich der OSGi-Implementierung Equinox, basieren, ergeben sich unglaublich viele Wege, Code zwischen den Projekten zu teilen und wiederzuverwenden beziehungsweise daraus entstehende Ergebnisse an die Anwender weiterzugeben. Die gemeinsame Plattform und Architektur sind der Grund dafür, dass die Eclipse-Community so schnell wachsen konnte.

Auch glauben wir, dass die Eclipse Foundation bewährte Verfahren für Organisationen geschaffen hat, wie sich in der Open-Source-Entwicklung zusammenarbeiten lässt. Wir haben Steuerungs-, IP- (Intellectual Property) und Entwicklungsprozesse etabliert, die die erfolgreiche Zusammenarbeit verschiedenartiger Unternehmen in einer Open-Source-Organisation ermöglicht haben. Erst kürzlich haben wir mit dem Helios-Release, unserem jährlichen Sammel-Release unterschiedlicher Eclipse-Projekte, gezeigt, dass die Eclipse-Community leistungsstark ist. Das ist eine Sache, die die Anwender im Unternehmensumfeld zu schätzen wissen.

heise Developer: Noch vor wenigen Jahren besaß Eclipse ein großen Marketing-Potenzial. Es verging kaum eine Woche, in der nicht eine Pressemitteilung den Beitritt eines Unternehmens in die Eclipse Foundation verkündete. Mittlerweile scheint sich das ein wenig verändert zu haben. Wo siehst du denn heute die Marketing-Power von Eclipse?

Milinkovich: Eclipse ist mittlerweile Mainstream. Wie ich schon sagte, Eclipse ist die Nr. 1 unter den Entwicklungsplattformen, und es ist klar davon auszugehen, dass viele Eclipse nutzen. Wenn man sich "trendige" Bereiche anschaut wie die die Entwicklung mobiler Anwendungen oder Cloud Computing, lässt sich konstatieren, dass Programmierer im Umfeld von Plattformen und Unternehmen wie Android, Symbian, RIM (BlackBerry), Nokia, Motorola, SonyEricsson, Amazon, Googles App Engine, Rackspace und Salesforce Eclipse für ihre Entwicklungswerkzeuge einsetzen. Wir dürfen dadurch als die De-facto-Tools-Plattform gelten.

Mit der Ausbreitung der Technik in andere Marktsegmente wie Automotive, Systems Engineering, Modeling sehen wir auch bei den Projektanträgen und den Mitgliederzahlen wieder einen Aufschwung. Beispiele hierfür sind Bosch, EADS, Thales, itemis und OBEO. Die Bewegung hat Anfang des Jahres mit dem Wachsen der Wirtschaft begonnen und sich seitdem noch verstärkt.

heise Developer: In Zeiten von Krisen tendieren Unternehmen dazu, genau zu prüfen, wo sie investieren und wo nicht. Das mag auch Auswirkungen auf eine Organisation wie die Eclipse Foundation haben. Warum sollten Firmen sie finanziell unterstützen?

Milinkovich: Sicherlich müssen Unternehmen sorgfältig prüfen, wo sie ihr Geld ausgeben, und das ist auch gut so. Es gibt drei Hauptgründe für Organisationen, Eclipse zu finanzieren. Erstens: Das Unternehmen hat ein strategisches Interesse an Eclipse. Das kann darin bedingt sein, den Profit zu sichern, aber das mag auch darin begründet sein, dass die Firma strategisch auf Eclipse-Techniken setzt, um ihre Produkte zu entwickeln. Deshalb ist es wichtig für diese Unternehmen, einen tiefen Einblick in Eclipse zu erhalten und selbst Einfluss auf Eclipse auszuüben. Das geht, in dem sie als Strategic Member dem Vorstand der Foundation beitreten.

Zweitens gibt es Unternehmen, die davon profitieren, die als Open Source verfügbaren Eclipse-Techniken zu nutzen und zu entwickeln, und deshalb die Community unterstützen wollen. Drittens schätzt ein Unternehmen die IP- und Entwicklungsprozesse der Eclipse Foundation. Diese Services kosten Geld und müssen finanziert werden.

heise Developer: Die Anzahl unterschiedlicher Eclipse-Projekte auf eclipse.org nimmt weiterhin zu. Wie ist es zu bewerkstelligen, die Eclipse-Projekte adäquat zu unterstützen und ihre Qualität zügig, aber auch angemessen zu prüfen?

Milinkovich: Es ist wichtig herauszustellen, dass nicht alle Eclipse-Projekte denselben Reifegrad haben und nicht alle gleichermaßen erfolgreich sind. Wir haben durchaus Verständnis für Fehler, denn eine wirkliche Innovation wird zu einer ebensolchen, wenn auch Fehler gemacht werden. Manche Projekte werden gestartet, weil das Entwickelte für einen Entwickler oder eine Organisation gerade relevant ist, aber nach einer Weile stellt sich aus unterschiedlichen Gründen heraus, dass die Arbeit nicht von Erfolg gekrönt ist. Das ist durchaus akzeptabel, und wir haben einen geeigneten Prozess, Projekte zu archivieren und zu beenden. Das ist eine Sache, von der wir glauben, dass sie sehr wichtig für eine große Community wie Eclipse ist.

Unsere jährlichen Releasezyklen haben sich darüber hinaus bewährt, reifere Projekte zu identifizieren. Um daran teilzunehmen, muss jedes Projekt einem bewährten Katalog aus Anforderungen zustimmen, der vorgibt, wie die Reife für ein Projekt auszusehen hat. Wir sehen nicht selten neuere Projekte im Schlepptau des Sammel-Release, die sich im nächsten Jahr für eben dieses bewerben und dann daran teilnehmen.

Schließlich ist die Community selbst ein wichtiges Kriterium für die Akzeptanz eines Projekts. Das Gute an Open Source ist, dass es wirklich schwer ist, schlechte Qualität zu verbergen, seitdem es öffentliche Fehlerdatenbanken und Mailing-Listen gibt beziehungsweise selbst der Code frei verfügbar ist. Das macht es deutlich einfacher für jeden Einzelnen, die Qualität eines Projekts auf der Basis der Community-Erfahrungen zu überprüfen.