Anfechtung von Lohnzahlungen

Kein Gläubiger darf bevorzugt werden, so ein Grundgedanke des Insolvenzrechts. Das bedeutet, dass der Insolvenzverwalter unter bestimmten Umständen auch Lohnzahlungen zurückfordern darf.

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Von
  • Marzena Sicking

Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, prüft der Insolvenzverwalter die vorherigen Zahlungen des Unternehmens ganz genau. Denn kein Gläubiger soll bei der Verteilung des Geldes benachteiligt werden. Um das sicherzustellen, hat der Insolvenzverwalter ein ziemlich scharfes Schwert in der Hand: er kann gegebenenfalls Zahlungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchgeführt wurden, anfechten. Unter Umständen kann das bedeuten, dass auch Mitarbeiter ihr Gehalt zurückzahlen müssen.

Das allerdings nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Und genau das war in einem vor dem Bundesarbeitsgericht verhandelten Fall nicht gegeben. Geklagt hatte der Angestellte einer Firma gegen die ein Insolvenzverfahren läuft. Er wehrte sich vor Gericht erfolgreich gegen die Anfechtung seiner Gehaltszahlungen durch den Insolvenzverwalter.

Der Kläger war seit 2003 bei der Firma als Betriebsleiter beschäftigt, irgendwann geriet der Arbeitgeber mit den Lohn- und Gehaltszahlungen in Rückstand. So erhielt der Mann seine Gehälter für Januar, Februar und März 2007 erst im Mai und zwar bar.

Der Insolvenzverwalter focht im Oktober die Zahlungen an und forderte von dem Mitarbeiter, er solle insgesamt 5.863,20 Euro netto zur Insolvenzmasse zurückzuerstatten. Dagegen klagte der Mann und alle Vorinstanzen gaben der Klage statt. Genauso auch der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts, vor dem der Insolvenzverwalter in Revision ging.

Begründung des Gerichts: Soweit die Gehaltszahlungen der Schuldnerin im Mai 2007 der Vergütung der vom Kläger in den vorausgehenden drei Monaten erbrachten Arbeitsleistungen dienten, unterlagen sie als Bargeschäft iSv. § 142 InsO nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO, weil noch der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang mit der Gegenleistung bestand.

Für eine erfolgreiche Anfechtung der Zahlungen hätte der Insolvenzverwalter belegen müssen, dass der Arbeitnehmer schon von der Zahlungsunfähigkeit der Firma wusste, als er noch Geld bekam. Denn das ist eine Voraussetzung dafür, dass eine Zahlung erfolgreich angefochten werden kann.

Dass ihm der Zahlungsrückstand für sein Gehalt und das anderer Kollegen bekannt gewesen sei, reiche als Beweis aber nicht aus. Diese Informationen würden nämlich kein eindeutiges Urteil über die Liquiditäts- und Zahlungslage des Arbeitgebers zulassen. Es hätte sich auch um vorübergehende finanzielle Turbulenzen handeln können. Ein Mitarbeiter, der keinen Einblick in die Finanzbuchhaltung der Firma hat und auch noch mitbekommt, dass der Firma noch Ware auf Rechnung geliefert wird, hat keinen Grund eine akute Zahlungsunfähigkeit anzunehmen (Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10). (Marzena Sicking) / (map)
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