Auch Respekt ist eine Arbeitspflicht

Wer seinen Vorgesetzten nicht leiden kann, sollte das nicht zu deutlich zeigen. Denn dann droht eine Abmahnung, auch wenn die Arbeitsleistung ansonsten in Ordnung ist.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Da war wohl einer richtig sauer: Ein Arbeitnehmer hat innerhalb von wenigen Minuten gleich zwei Vorgesetzte ziemlich böse angegiftet. Dem einen wünschte er ein "Scheisswochenende", dem anderen ein "beschissenes Wochenende". Eine strafrelevante Beleidigung ist das jeweils zwar nicht, dennoch hatte das Verhalten Folgen. Nachdem sich die Vorgesetzten bei der Firmenleitung über den Mann beschwert hatten, erhielt er für jeden Ausfall je eine Abmahnung.

In der Begründung hieß es unter anderem, dass zu den Pflichten, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergeben, auch der "respektvolle und wertschätzende Umgang" mit den Arbeitskollegen, insbesondere den Vorgesetzten, gehöre. Mit seinen "Wünschen" habe der Mitarbeiter somit gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen und erhalte deshalb die jeweilige Abmahnung. Für den Fall, dass sich eine derartige oder ähnliche Pflichtverletzung wiederhole, drohte man dem Mann die Kündigung an.

Der Arbeitnehmer, der auch Vorsitzender des Betriebsrats ist, verlangte daraufhin die Entfernung der Abmahnungen aus seiner Personalakte und klagte deshalb gegen die Disziplinarmaßnahme. Die Richter sahen jedoch keinen Grund, die Abmahnung zurückzunehmen.

Vielmehr stellte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz fest, dass ein Arbeitnehmer, der seinem Vorgesetzten ein "beschissenes Wochenende" oder "Scheisswochenende" wünscht, vom Arbeitgeber hierfür zurecht abgemahnt wird. Dabei sei es unerheblich, ob die Äußerungen auch strafrechtlich als Beleidigung zu gelten haben. Der Arbeitnehmer könne nur die Entfernung der Abmahnungen verlangen, wenn diese zu Unrecht erfolgt wären. Dies sei hier aber nicht der Fall.

Die Abmahnungen hätten die Funktion, den Arbeitnehmer zu warnen und ihn auf die Pflichtverletzungen hinzuweisen. Auch sei es die Aufgabe einer Abmahnung, den Arbeitnehmer auf die möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen hinzuweisen, die im Wiederholungsfall eintreten würden. Formell seien die Abmahnungen also in Ordnung.

Auch würden die Abmahnungen keine falschen Behauptungen aufstellen, denn das jeweils vorgeworfene Fehlverhalten sei korrekt wiedergegeben und unstrittig. Auch sei die Einschätzung des Arbeitgebers, dass es sich dabei jeweils um eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten handle, richtig. Unangemessene und respektlose Äußerungen müssten vom Arbeitgeber nicht akzeptiert werden und verstoßen gegen die dem Arbeitnehmer nach § 241 Abs. 2 BGB auferlegten Rücksichtnahmepflichten. Die verlangen von Mitarbeitern und Vorgesetzten ein Mindestmaß an Respekt im Umgang miteinander. Den habe der Kläger hier vermissen lassen. Ob die Beleidigungen als solche auch strafrechtlich relevant seien, sei für den Ausspruch der Abmahnungen unerheblich (Urteil vom 23.08.2011, Az.: 3 Sa 150/11). (Marzena Sicking) / (map)
(masi)