Betreuung vom Disti bräuchten sie alle...

Am Außendienst scheiden sich die Geister – zumindest die der Distributoren. Die einen halten ihn für unverzichtbar, andere für Unsinn. Fakt ist, dass ihn die Händler brauchen und wünschen – egal ob groß oder klein. Aber kleine und mittlere Fachhändler sehen die umher reisenden Repräsentanten selten. Was ist mit ihrem Bedarf an Betreuung?

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Von
  • Matthias Parbel
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"Ein Außendienstmitarbeiter ist nicht teuer, wenn er das macht, wozu er engagiert worden ist", Torsten Seiferth, Vertriebsleiter, MediaCom

(Bild: MediaCom)

Außendienst oder Innendienst, wer sind die besseren Mitarbeiter? Nicht einmal innerhalb der Unternehmen sind die Rollen geklärt. "Die Innendienstler haben ständig gegen die vier Außendienstmitarbeiter gestänkert", erinnert sich ein IT-Großhändler (aber bitte nicht meinen Namen nennen, sonst kocht alles wieder hoch). Dabei war alles gut organisiert. "Wir haben uns nach längerer Zeit dafür entschieden, für unsere Key-Kunden einen Vertriebsaußendienst aufzubauen, um mit ihnen das Geschäft zu festigen und zu verbessern." Aber offensichtlich kamen die Vertriebler im Innendienst damit nicht zurecht. Sie fürchteten um ihre Kunden und Umsätze, sahen sich ins zweite Glied zurückversetzt.

Diese Befürchtung ist nachvollziehbar, wenn man sich die Jobbeschreibung anhört, die Torsten Seiferth abgibt, Vertriebs-Chef bei Mediacom IT-Distribution in Karlsruhe und mit gut eineinhalb Jahrzehnten Vertriebserfahrung auf dem Buckel – davon die meiste Zeit als Vertriebsleiter bei Actebis Peacock: "Ein guter Außendienstler ist ein erfahrener und mit dem Handelsgeschäft absolut vertrauter Mitarbeiter. Er muss in der Lage sein, auf Augenhöhe mit Geschäftsführern und Vorständen zu diskutieren und sie verlässlich beraten können." Wichtig sei zudem der Aufbau persönlicher Beziehungen, um so die Kundenbindung zu stärken. "Sie müssen ihre Kunden ganzheitlich analysieren und in der Lage sein, alle relevanten Informationen an den Innendienst weiter zu leiten. Erst dann tritt der Mehrwert für Distributor und Kunden ein." Wenn er das alles erledigt und aus seinen Dienstreisen keinen Kaffeeklatsch macht, dann sei ein Außendienstmitarbeiter auch nicht teuer.

Handelspartner können sich also freuen, wenn ein so kompetenter und erfahrener Vertriebler zu ihnen ins Haus kommt. Aber hier wiederum fühlt sich André Glanz, Geschäftsführer eines kleineren Systemhauses, ins zweite Glied versetzt. Er kann von solch einer intensiven Vor-Ort-Kundenpflege nur träumen. "Bei mir ist noch nie ein Außendienstmitarbeiter vom Distributor aufgetaucht", konstatiert er. Obwohl es sicherlich sinnvoll wäre, denn immerhin betreut er eine ganze Reihe erfolgreicher Handwerker und Kleinbetriebe. Nicht einmal zum Firmenjubiläum war "sein" Distributor bereit, jemanden vorbei zuschicken, "das machen wir nur bei Key-Kunden", hieß es. Aber er könne ja zur Hausmesse des Distributors kommen...

Systemhäuser wünschen sich mehrheitlich Außendienstbetreuung durch die Distribution. Der Service bleibt häufig Key-Kunden vorbehalten, die Qualität beurteilen Reseller aber überwiegend mit gut.

(Bild: Compris)

So wie Glanz geht es vielen Fachhändlern. Sie sind zwar bei den Disti-Hausmessen gern gesehen als "lebender Beweis des Unternehmenserfolgs", ansonsten bleiben sie jedoch auf die anonymen Bestellplattformen ihrer Lieferanten angewiesen. Als Glücksfall bezeichnet es Glanz schon, wenn er einen Vertriebsmitarbeiter wenigstens telefonisch zu Rate ziehen kann. Ein Ersatz für den Außendienst sei dies aber nicht. So wird die Zusammenarbeit mit der Distribution wird immer anonymer – und weniger produktiv.

Dass Glanz nicht allein steht, bestätigt eine Umfrage des Beratungsunternehmens Compris aus Ludwigsburg: Mehr als 60 Prozent der befragten Systemhäuser befinden den Distributionsaußendienst für wichtig. Und jene Systemhäuser, die durch einen Außendienst betreut werden, sind in der Mehrzahl zufrieden bis sehr zufrieden mit der Qualität der Beratung.

"Der direkte Kontakt unserer Mitglieder zum Außendienst eines Herstellers ist meist intensiver als der zu einem Distributor", Dirk Henniges, Geschäftsführer, Compass-Gruppe

(Bild: Compass)

Glaubt man Dirk Henniges, Geschäftsführer der Compass-Gruppe, haben hier sogar die Hersteller die Nase vorn. "Der direkte Kontakt unserer Mitglieder zum Außendienst eines Herstellers ist meist intensiver als der zu einem Distributor", berichtet er. Als Grund führt er an, dass die Rahmenkonditionen bereits durch die Gruppe verhandelt sind und die Mitglieder diese Konditionen automatisch erhalten. "Der Kontakt zum Distributor hingegen läuft bei unseren Mitgliedern mehr über dessen Innen- als über den Außendienst."

Systemhausbetreiber Glanz verlangt mehr Servicebereitschaft der Hauptdistributoren, also jenen Grossisten, bei denen kleine und mittlere Systemhäuser schließlich eine ganze Menge Waren ordern. "Aber wir sind wohl nicht wichtig genug", bemängelt Glanz. Diesen Schuh zieht sich sich aber die IT-Distribution nicht ohne weiteres an. "Ein gut aufgestellter Außendienst ist und war immer wichtig – gerade für den Fachhandel und Systemhäuser", erklärt Christian Weinelt, Director SMB & Specialised Sales bei Tech Data verständig. Schließlich sei der Außendienst-Mitarbeiter für den Fachhandel das Gesicht zum Unternehmen!

"Ein gut aufgestellter Außendienst ist und war immer wichtig – gerade für den Fachhandel und Systemhäuser", Christian Weinelt, Director SMB & Specialised Sales, Tech Data

(Bild: Tech Data)

Schön und gut, aber wo bleibt dieses Gesicht für die kleinen und mittleren Fachhändler? Vertriebsexperte Seiferth gibt unumwunden zu, dass ein großer Volumendistributor oder ein Broadliner bei der Menge seiner Kunden schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage ist, nahezu jeden Händler über den Außendienst zu betreuen. "Für die kleineren Reseller muss ein guter Innendienst als Ansprechpartner zur Verfügung stehen."

Zumindest der Trend zu mehr Außendienstmitarbeitern ist bei den Grossisten unübersehbar. Wenngleich umsatzstarke Händler bevorzugt werden, stellt Thomas Lantermann von api Computerhandel schon mal fest, dass sein Außendienst auch den Kunden am PoS betreut und auf die Bedürfnisse eingeht. Ob beim Distributor api in Aachen aber wirklich mit einer Verstärkung des Außendienst-Teams zu rechnen ist, lässt der Vertriebsleiter Retail allerdings offen.

Wie sieht nun die Lösung des Dilemmas aus? Fakt ist, der Handel braucht, der Handel wünscht eine Betreuung durch den Außendienst seines Distributors. Api-Vertriebsleiter Lantermann legt auch von Distributorenseite die Latte weit nach oben und stellt fest, "dass wir für alle Resellergruppen die Notwendigkeit sehen, sie vor Ort zu besuchen. Es gibt immer Themen die man im Tagesgeschäft nicht in der nötigen Tiefe besprechen kann."

"Sobald die Dienstleistung für unseren Fachhandelspartner einen echten Mehrwert darstellt, muss sie bezahlt werden", Stephan Kober, Vertriebsleiter Key Account, Actebis Peacock

(Bild: Actebis)

Also liegt es auf der Hand, dass zumindest eine umfangreiche Außendienstbetreuung, die Projektunterstützung beim Kunden und fachlich tiefgehenden Support beinhaltet, auf Dauer kostenlos nicht geht. Und halten die Grossisten in der Praxis ihre Versprechungen bei der Außendienstbetreuung ein, dann profitieren Distributor und Händler gleichermaßen davon. "Sobald die Dienstleistung für unseren Fachhandelspartner einen echten Mehrwert darstellt, so dass er sich besser beim Endkunden positionieren kann, sei es durch Kosten-, Know-how- oder Geschwindigkeitsvorteile wie durch Einlagerung oder Versand im Namen Dritter, dann müssen diese Dienstleistungen auch bezahlt werden", erklärt Stephan Kober, Vertriebsleiter Key Account bei Actebis Peacock, und unterstreicht damit, die von Geschäftsführer Uwe Neumeier zuletzt mehrfach wiederholte Forderung.

Systemhausinhaber André Glanz könnte sich damit sogar auch anfreunden, wenn die Beratung fundiert und ihr Geld wert ist. "Wenn ich dadurch Vorteile habe, also mehr Umsatz machen kann, warum nicht." Aber es fällt ihm schwer, den Versprechungen der Grossisten Glauben zu schenken. "Vielleicht ändert sich etwas, wenn der Umsatzdruck auf die Distribution noch stärker wird. Aber, ob die dann ihren Außendienst weiter ausbauen, bezweifle ich – zumindest so lange, bis sich ein Außendienstler bei mir zeigt".

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