CAD-Anbieter Mensch und Maschine: Das Leben ist kein Ponyhof

Ausgerechnet im Weltkrisenjahr 2009 fing der CAD-Spezialist Mensch und Maschine (MuM) damit an, sein Unternehmen umzubauen. Heute steht fest: Es hätte schlimmer kommen können.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

MuM-Chef Adi Drotleff

(Bild: Mensch und Maschine Software SE)

Lieber Adi Drotleff, CEO der Mensch und Maschine Software SE (MuM),

vor einem Jahr haben Sie nichts Geringeres als den Umbau Ihres Unternehmens eingeleitet. Sie hätten sich dafür sicher ein besseres Jahr als ausgerechnet das Weltwirtschaftkrisenjahr 2009 gewünscht, aber man kann sich die Dinge nicht immer aussuchen. Das Leben ist halt kein Ponyhof, auch nicht bei Ihnen in Wessling am schönen Ammersee. Natürlich waren wir gespannt, wie Mensch und Maschine (Claim: "CAD as CAD can") das Jahr meistert. Gerade haben Sie die vorläufigen Zahlen für 2009 vorgelegt. Was soll man sagen: Es hätte schlimmer kommen können. Mensch und Maschine hat das Jahr 2009 überstanden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

In einer Adhoc-Mitteilung von Anfang dieser Woche hört man sie über das "sehr schwierige Geschäftsjahr" förmlich leise stöhnen. Fast alle relevanten Kennzahlen haben sich verschlechtert. Der Umsatz ging um 27 Prozent auf 164 Millionen Euro zurück, der Gewinn auf EBITA-Basis brach auf nur noch eine Millionen Euro ein (VJ: 10,9 Millionen). Das Nettoergebnis steht noch nicht fest, es wird aber in jedem Fall ein Verlust sein. Der Hauptgrund für den Rückgang ist natürlich der teilweise Ausstieg aus dem Distributionsgeschäft; in diesem Bereich gingen die Erlöse um fast die Hälfte auf 107 Millionen Euro zurück. Aber auch das Geschäft mit eigener Software fiel schlechter aus als im Vorjahr. Interessant natürlich vor allem die Frage, wie sich das Systemhausgeschäft entwickelte, in dem Sie die Zukunft von MuM sehen und das Sie im vergangenen Jahr durch die Übernahme von gleich fünf Unternehmen aufgebaut haben. Am Ende erzielten Sie in diesem Segment 35 Millionen Euro Umsatz und mussten einen Verlust von rund 1,1 Millionen Euro hinnehmen. Geplant hatten Sie in diesem Geschäftsbereich ursprünglich einen Umsatz von 40 bis 50 Millionen Euro.

Aber es gibt auch Lichtblicke: So stieg die Rohertragsmarge eben aufgrund der Neuorientierung zu Lasten des margenschwachen Distributionsgeschäftes auf 31 Prozent (VJ: 25 Prozent). Gleichwohl ist auch eines klar: MuM ist weit von den Zielen entfernt, die man sich bereits für das vergangene Jahr gesetzt hatte. Denn vor zwei Jahren – also ein Jahr vor der Neuausrichtung – hatten Sie sich vorgenommen, im Jahr 2009 rund 275 Millionen Euro umzusetzen und einen Überschuss von 11,6 Millionen Euro zu erwirtschaften. Das hat sich natürlich jetzt erst mal erledigt. Dennoch sind Sie für die weitere Entwicklung optimistisch, vor allem aufgrund einer positiven Tendenz im vierten Quartal 2009. "Der Start ins neue Geschäftsjahr ist bisher gut verlaufen, so dass wir aus heutiger Sicht von etwa 10 bis 13 Prozent Umsatzplus auf circa 180 bis 185 Millionen Euro und einer EBITA-Rendite zwischen 2 und 3 Prozent ausgehen. Bis wir die Rekordmarken von 223 Millionen Euro Umsatz und 10,9 Millionen Euro EBITA aus 2008 knacken können, wird es nach dem tiefen 2009er-Tal wohl noch ein bis zwei Jahre dauern, aber spätestens 2012 möchten wir soweit sein. Das bessere Margenpotential des Systemhaus-Segments gegenüber der bisher dominierenden Distribution sollte uns dann auch helfen, die EBITA-Rendite im Konzern (2008: 4,9 Prozent) in Richtung 6 bis 7 Prozent zu steigern", sagen Sie in der Adhoc-Mitteilung.

Das klingt ja ganz zuversichtlich, dennoch vermissen wir ein paar Aussagen. Zum einen: Auf welchem Fundament ruht Ihr Optimismus – außer auf der anziehenden Geschäftsentwicklung in Q4/09? Mit welchen Mitteln und Angeboten werden Sie die Unternehmensleistung verbessern? Wie steht es mit dem Ausbau des Systemhausgeschäfts und dem angekündigten Ankauf weiterer Systemhäuser? Gibt es hier so etwas wie eine Akquisitionsstrategie aus? Und weiter: Was ist mit der Aufgabe des Distributionsgeschäfts im Bereich Architektursoftware, die Sie im vergangenen Jahr für 2010 angekündigt hatten (nachdem Sie im vergangenen Jahr die Autodesk-Distribution an Tech Data übergeben hatten). Kurz und gut: Was wollen Sie tun, um Ihre Ziele zu erreichen? Und damit meine ich auch das Ziel, dass sich der Gesamtumsatz von MuM im eingeschwungenen Zustand aus drei annähernd gleichen Teilen zusammensetzt, nämlich Systemhausgeschäft, Distribution und Vertrieb eigener Software.

Lieber Herr Drotleff, das Formulieren von Zielen ist wichtig und für den Außenstehenden auch interessant, aber mindestens ebenso wichtig und interessant ist die Frage, was man plant, um diese Ziele zu erreichen, also die Strategie. Ich vermute, solange das nicht klar ist, wird auch der Aktienkurs nicht nennenswert steigen. Aber dazu werden wir ja sicher spätestens am 15. März 2010, bei der Vorlage des Geschäftsberichts sowie im Zusammenhang mit der am selben Tag stattfindenden Analystenkonferenz, allerhand Erhellendes erfahren. Wir bleiben also auch weiterhin gespannt.

Beste Grüße

Damian Sicking

Und hier die Antwort von Adi Drotleff.

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