CRM: Im Wandel liegt die Chance – besonders für den Handel

Der Markt für Customer Relationship Management (CRM) steht vor einem grundsätzlichen Wandel. Web 2.0, mobile Clients und eine enge Verzahnung mit den Unternehmensprozessen sind gefragt. Dazu interessieren sich neuerdings frische Kundenzielgruppen für CRM [--] ein Grund für Händler, sich dieses Produktsegment genauer anzusehen.

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Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

Der CRM-Markt ist ausgereift. Zahlreiche Angebote werden von Forrester als Leader eingestuft, selbst das Open-Source-Angebot SugarCRM

(Bild: Forrester)

Den Kunden gezielt anzusprechen und zum Verkauf zu führen, ist die wichtigste Aufgabe von Kundenmanagement. "Eine CRM-Lösung ist nur sinnvoll, wenn sie konkrete Verkaufssteigerungen bringt", urteilt Christian von Stengel, Senior Director Application Sales bei Oracle Deutschland. Je besser man seine Kunden und ihr Kaufverhalten kennt, desto besser erreicht man sie. Für Konzerne, aber auch große Mittelständler, die Endkunden adressieren, ist CRM-Software deshalb seit langem ein unverzichtbares Tool. Doch verändern sich derzeit sowohl die Lösungen als auch die Zielgruppen. Dies ist ein Anlass für den Fachhandelskanal, sich dieses Produktsegment genauer anzusehen, ob sich darin für den einen oder anderen nicht zusätzliche Umsätze erzielen lassen.

Im Krisenjahr 2009 wurden den Analysten von Forrester zufolge zahlreiche CRM-Projekte gestrichen oder verschoben. Jetzt gibt es also Nachholbedarf. Interessant dabei ist allerdings, dass sich vermehrt Unternehmen, für die CRM bisher weniger ein Thema war, damit befassen. "Wir erleben derzeit, dass sich gerade mittelständische Firmen etwa aus dem Maschinenbau, die ausschließlich B2B-Geschäft betreiben, damit beschäftigen. Sie prüfen, was ihnen CRM bringen kann, speziell in den After-Sales-Prozessen", berichtet von Stengel. Es lohnt also für Händler, die Unternehmen im produzierenden B2B-Gewerbe bedienen, ihre Kunden darauf anzusprechen und ihnen bei der Entscheidungsfindung behilflich zu sein. Von Stengel berichtet, dass sich diese Situation bereits im Oracle-Channel wiederspiegelt: So habe sich die Zahl der deutschen Oracle-Reseller, die CRM-Lösungen verkaufen, in den letzten zwölf Monaten verdoppelt.

Christian Zöhrlauf, Produkt Marketing Manager CRM (SalesLogix) bei Sage

(Bild: Sage)

Bei der neuen Generation von CRM-Lösungen steht nicht mehr das CRM-Einzelprodukt mit seiner Vielzahl an Funktionalitäten im Mittelpunkt, sondern die Einbindung in das komplette "Ökosystem Kunde". Sie wird also zum "Unternehmensprozess" und ist mit allen anderen Geschäftsprozessen und auch der Finanzinfrastruktur eng verwoben. Immer mehr rückt dementsprechend auch der eigentliche, messbare Verkaufserfolg in den Vordergrund. "Reines CRM ist nicht mehr zeitgemäß, die Integration mit dem Enterprise Resource Planning (ERP) ist unabdingbar, um eine 360-Grad-Sicht zu ermöglichen", erklärt Christian Zöhrlauf, Produkt Marketing Manager CRM (SalesLogix) bei Sage. Zöhrlauf identifiziert allerdings noch starken Nachholbedarf bei der Integration von CRM und ERP und er sieht hier seine Systemhauspartner gefordert, dem Kunden den Mehrwert aufzuzeigen. "CRM ist nicht nur mehr ein Software-Projekt, sondern eine Philosophie. Zuerst wird über Prozesse nachgedacht, erst dann über das Tool", schildert Christa Kruse, CRM-Spezialistin beim Systemhaus Movento, die veränderte Situation.

Eine zunehmend größere Rolle als "Social CRM" spielt die Einbindung sozialer Netzwerke und Web 2.0-Technologien in die CRM-Strategie. Tatsächliche Projekte in diesem Umfeld sind allerdings noch selten, die meisten befinden sich in der Pilotphase. Zu einem Muss wird aber die mobile CRM-Lösung, über die Verkäufer im Außendienst mit Blackberry, iPhone oder iPad & Co. Zugriff auf aktuelle Kundendaten erhalten. "Die Nachfrage nach mobilen Lösungen steigt: Bei Sage Saleslogix ist der Client für den Blackberry schon fertig und für andere Smartphones in Kürze verfügbar", versichert Fritz Naumann, CRM-Spezialist beim Systemhaus Schwarz auf Weiß. "Mobiles CRM bietet echte Vorteile für Außendienstler und wird sich im nächsten Jahr auf breiter Front durchsetzen", urteilt auch Jasmin Allmendinger, Partnermanagerin der TDS IT Consulting GmbH .

Fritz Naumann, CRM-Spezialist vom Systemhaus Schwarz auf Weiß

(Bild: Schwarz auf Weiß)

In kaum einem anderen Software-Segment ist die Spannbreite so groß wie beim Customer Relationship Management. Das macht diese Produktkategorie für viele Händler spannend, da auch kleine Unternehmen die Paketlösungen, die kaum Beratung erfordern, einsetzen können. Die Bandbreite reicht vom fast kostenlosen Paket bis hin zu den Konzernlösungen von Oracle und SAP. Eine Einstiegslösung, stellt beispielsweise der Microsoft Business Contact Manager (BCM) dar. Er ist als Erweiterung von Outlook in Microsoft Office 2010 (Editionen Office Professional Plus 2010 und Office Standard 2010) integriert. Kunden, die Microsoft-Volumenlizenzen nutzen, erhalten den BCM ohnehin und können das CRM-Tool also einfach mal ausprobieren, ohne es zusätzlich kaufen zu müssen. Systemhäusern eröffnet BCM somit auch die Chance ihren Kunden den Mehrwert einer CRM-Lösung aufzeigen – wodurch sich Möglichkeiten für ein Upselling ergeben können.

In die Kategorie kostengünstig fällt auch ACT! 2010 von Sage, das in der aktuellen Version soziale Netzwerke unterstützt und "Quick Wins" anzeigt. Es ist für derzeit 249 Euro erhältlich. Auch aus dem Hause Lexware gibt es mit dem Kundenmanager ein Paket, das Grundfunktionen wie Kundenanalyse mit Zielgruppenrecherche abdeckt und knapp 110 Euro kostet.

Jasmin Allmendinger, Partnermanagerin der TDS IT Consulting GmbH

(Bild: TDS)

Mittlere Firmen ab etwa 20 Mitarbeitern stoßen erfahrungsgemäß mit den Einstiegslösungen schnell an Grenzen und sind mit einer etwas umfassenderen und leistungsfähigeren Software besser beraten. Hier stellt sich die Frage, ob eine On-Demand-Lösung wie Salesforce.com und Right Now dem Kunden lieber ist, eine Lösung auf Lizenzbasis oder eine Mischung von beidem wie etwa von Microsoft Dynamics, Sage, Oracle, SAP oder auch die Open Source-Lösung Sugar CRM, die es beim Analystenhaus Forrester sogar unter die Marktführer geschafft hat. "Wenn ein Kunde viele standardisierte Prozesse hat, bietet sich eine On-Demand-Lösung an. Gibt es dagegen im Unternehmen viele hauseigene Prozesse, kommt eher eine On-Premise-Lösung in Frage. Im deutschen Mittelstand sind allerdings individuelle Prozesse eher die Regel", weiß Oracle-Vertriebsmann von Stengel. Für Systemhäuser kommt es also darauf an, noch vor der Produktauswahl intensive Gespräche mit den Kunden zu führen und auszuloten, welche Prozesse der Kunde nach außen geben kann – und im Angesicht der deutschen Datenschutzgesetze geben will. Typischerweise dauert ein CRM-Projekt drei bis sechs Monate, wobei der ständige Dialog mit dem Kunden einen großen Teil der Zeit in Anspruch nimmt.

Robert Vetter, Senior Vice President Business Development und Go-to-market SAP Business All-in-One

(Bild: SAP)

Einfacher und schneller geht es mit einer vorkonfigurierten Lösung, wie sie Fujitsu TDS und das Systemhaus Movento gemeinsam auf der Basis von SAP CRM 7.0 auf einem Fujitsu Primergy Server realisiert haben. Dabei kümmert sich TDS um die Lizenzierung und Movento um die fachliche Komponente. Das Komplettpaket ist sofort einsatzfähig und zum Festpreis von 64.900 Euro zu haben. "Wir registrieren großes Interesse für unser Angebot und gehen damit direkt auf die Vertriebsleiter zu", berichtet Jasmin Allmendinger, Partnermanagerin bei TDS IT Consulting. Das Angebot hat das Zeug als Vorbild für andere Hersteller zu fungieren. Oracle hat allerdings trotz des Erfolges mit der Hardware/Software-Kombination Exadata von Stengel zufolge noch keine Konterlösung parat und will stattdessen gegen die preisgünstigere Konkurrenz mit der größeren Funktionsvielfalt punkten.

SAP ist mit solchen Angeboten preislich durchaus konkurrenzfähig, was auch der Wettbewerb bemerkt. "Was auffällt ist, dass SAP CRM heftig auch über den Preis, sagen wir mal ´beworben´ wird. Damit schafft es das Produkt wieder zurück auf Ausschreibungslisten", berichtet Christoph Steinhauer, Marketingleiter des Systemhauses IT-Novum, das sich auf die Implementierung von SugarCRM fokussiert. Das Systemhaus ist seit Juni diesen Jahres Gold Partner von SugarCRM. "Wir haben vor 18 Monaten – damals selber noch als Endkunde – mit SugarCRM Microsoft-CRM abgelöst. Das Projekt hat inklusive Datenübernahme und SAP-Anbindung drei Monate gedauert", berichtet Steinhauer. IT-Novum steht über die Integrationsthemen und die Projekte immer wieder mit den Entwicklern bei SugarCRM in Kontakt. Seiner Auffassung nach spricht für das Open Source-Angebot SugarCRM die "einfache Pflege von (gewissen) Anpassungen in SugarCRM (Masken, Felder, Listen), die Kunden sogar selber vornehmen können und die Ihnen so auch ein hohes Maß an Reaktionsfähigkeit auf die Dynamik ihres Geschäftes geben."

Verwendet Business by Design als CRM-Tool: Martin Dolling, Geschäftsführer der Uwe Braun GmbH

(Bild: Uwe Braun GmbH)

Robert Vetter, Senior Vice President Business Development und Go-to-market SAP Business All-in-One, sieht dagegen als spezifischen Vorteil der Walldorfer die Anpassungsfähigkeit, die es erlaubt, dass SAP CRM auch dann noch den Anforderungen genügt, wenn der Kunde expandiert: "Der Einstieg ist bereits ab zehn Arbeitsplätzen sinnvoll und nach oben sind keine Grenzen gesetzt." Tatsächlich wird die für kleinere Unternehmen ausgelegte gehostete Software aus dem Hause SAP, Business by Design, bei vielen Kunden nicht als ERP, sondern als CRM-Lösung eingesetzt, wie Martin Dolling, Geschäftsführer der Uwe Braun GmbH, berichtet: "Wir verwenden Business by Design als CRM-Tool und zur Dokumentation der Arbeit des Außendienstes." SAP Business by Design ist für 133 Euro pro Anwender und Monat erhältlich (ab mindestens zehn Anwender). In ähnlichen Preisregionen bewegt sich auch Salesforce.com, das seinen CRM-Lösungen seit einigen Monaten das Kollaborations-Tool Chatter beilegt. Der "Marktführer bei CRM aus der Cloud" verlangt 70 Euro pro Anwender und Monat für seine Professional Version und 135 Euro pro Anwender und Monat für die Enterprise Edition, die unter anderem Workflow und Genehmigungen sowie Vertriebsregionsmanagement erlaubt. Noch preisgünstiger ist die auch mit deutschem Sprachpaket verfügbare Open-Source-Software SugarCRM, die in der Professional Version 30 Dollar und in der Enterprise Version 50 Dollar, jeweils pro Anwender und Monat, kostet. (map)
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