Eine Firma schafft die Dienstwagen ab. Wenn das Schule macht...

In den Tiefgaragen der Unternehmen verstauben immer mehr Dienstwagen entlassener Manager. Weil trotzdem Leasingraten und Versicherungsprämien fällig werden, denkt mancher Firmenchef über die Abschaffung des Fuhrparks nach.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Mercedes E-Klasse – beliebt bei Managern

(Bild: Daimler AG)

Lieber Daimler-Chef Dr. Dieter Zetsche, lieber BMW-Chef Dr. Norbert Reithofer, lieber Audi-Chef Rupert Stadler, liebe Mercedes-, BMW- und Audi-Händler,

dass die Krise Auswirkungen auf das Geschäft mit Firmenwagen hat, braucht Ihnen niemand zu sagen. Das wissen Sie selbst am besten. Sei es, dass die Firmen momentan keine neuen und weiteren Führungskräfte mit Dienstwagenberechtigung einstellen, sei es, dass die Unternehmen bei der Bestellung von Firmenwagen sozusagen downgraden, also eine Nummer kleiner bestellen (statt E-Klasse die C-Klasse, statt 5er einen 3er, statt A6 einen A4). So weit, so schlecht. Doch wenn das Schule macht, was ein mir gut bekanntes Unternehmen jetzt beschlossen hat, dann kommt auf Sie und Ihre Unternehmen eine sehr schwarze Wolke zu. Dieses mir gut bekannte Unternehmen hat nämlich gerade beschlossen, die Firmenwagen komplett abzuschaffen. In einem sehr freiwilligen Akt sollen sich die Führungskräfte bereit erklären, bei Auslaufen des Leasingvertrages ihres Firmenwagens kein neues Auto mehr zu bestellen. Dafür erhalten sie eine finanzielle Kompensation inklusive 100 Euro Spritgeld direkt auf ihr Gehaltskonto überwiesen.

Zuerst dachte ich, der Grund für diese Maßnahme bestehe darin, die Dienstwagenkosten teilweise auf die Führungskräfte abzuwälzen. Aber das ist es gar nicht. Der Grund für diese Entscheidung liegt vielmehr darin, dass inzwischen ein Großteil der Tiefgarage von Autos verstopft wird, die niemand mehr fährt, für die aber trotzdem jeden Monat Leasingraten und Versicherungsprämien gezahlt werden müssen. Warum fährt diese Autos niemand mehr? Ganz klar: Die Führungskräfte sind nicht mehr an Bord – entweder weil sie selbst gekündigt haben oder weil sie gefeuert worden sind. Und angesichts dieses toten Kapitals auf vier Rädern kam dem Firmenchef die bereits beschriebene glorreiche Idee. Und um mit gutem Beispiel voranzugehen, verkündete er seinen Managern sogleich, dass der Leasingvertrag seines 7er-BMWs nun ablaufe, er sich aber keinen neuen bestellen werde, sondern das Fahrzeug eines Managers "auffahren" werde, den er vor ein paar Wochen gefeuert hat.

Wie waren die Reaktionen seiner Manager auf diese Entscheidung, die Firmenwagen abzuschaffen? Nun, sagen wir mal so: Motivation ist anders. Da half auch der Hinweis nicht weiter, bei der Auswahl der zukünftigen Privatfahrzeuge sei man nun nicht mehr markengebunden. "Wer einen Porsche fahren will, braucht sich keinen Zwang mehr anzutun", hieß es. Haha, da haben die Manager aber gelacht! Im Ernst, meine Herren, für E-Klasse, 5er und A6 sieht es verdammt schlecht aus, wenn dieser Fall Schule macht. Denn wie viele von diesen Führungskräften – allesamt natürlich nicht mehrwertsteuerabzugsberechtigt – sind dann willens und in der Lage, 40.000 Euro und mehr für ihr Privatauto auszugeben? Ich habe bereits gehört, dass der eine oder andere darüber nachdenkt, auf einen Japaner, Franzosen oder Tschechen (Skoda) umzusteigen.

Im Jahr 2007 lag der Anteil der Firmenwagen an den Neuzulassungen in Deutschland nach Angaben des Kraftfahrtbundesamts in Flensburg bei rund 62 Prozent. Dieses Geschäft ist für Sie also enorm wichtig. Wenn Ihnen das noch weiter wegbricht, dann können Sie nur beten, dass der Export bald wieder anspringt. Na gut, jeder hat sein Päckchen zu tragen.

Wenn Sie mich fragen, halte ich die Idee, den Führungskräften die Firmenwagen zu streichen, für ziemlich bescheuert. Es ist eine erbärmliche Aktion, die totale Kapitulation der Unternehmensführung vor der eigenen Hilflosigkeit und Inkompetenz. Der nächste Schritt besteht wahrscheinlich darin, dass die Mitarbeiter und die Führungskräfte ihre Büroräume selber staubsaugen und die Papierkörbe leeren müssen, um die Kosten für die Reinigungsfirma zu sparen. Noch mehr Kosten spart man freilich, wenn man den Laden sofort komplett zusperrt.

Beste Grüße

Damian Sicking

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