Firmengründer William Geens: "Es hätte nicht schief gehen dürfen."

Wenn jemand inmitten der großen Krise ein Unternehmen gründet, dann zeugt das von Mut. Wenn jemand inmitten der großen Krise einen Distributor gründet, dann zeugt das von - Über-Mut?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Prianto-Gründer William Geens (rechts) und Oliver Roth

(Bild: Prianto)

Lieber William Geens, geschäftsführender Gesellschafter des Distributors Prianto in München,

nachdem man Ihnen Ende 2008 beim Distributor DNS (heute Arrow ECS) den Stuhl vor die Tür setzte, stand für Sie fest, was Sie in Zukunft nicht mehr wollten: Dass irgendein Wichtigmensch aus einem europäischen, weltweiten oder intergalaktischen Headquarter, der nicht den Hauch eines Schimmers vom deutschen Markt und seinen Kunden hat, aber alles besser weiß, einfliegt und Ihnen sagt, was Sie zu tun haben. Sie hatten es satt, Dinge umsetzen zu müssen, von denen Sie nicht überzeugt waren, und für Fehlentscheidungen zur Rechenschaft gezogen zu werden, die Sie hatten umsetzen müssen, die Sie aber nicht getroffen hatten. Mit anderen Worten: Sie hatten genug von dem, was man Fremdbestimmung nennt, sie wollten endlich selbst bestimmen, was zu tun und was zu lassen ist. Kurz: Sie wollten Ihr eigener Chef sein, Sie wollten Ihre eigene Firma gründen und unter die Unternehmer gehen. Mit allem, was dazu gehört. Der in der IT-Branche sicher unsterbliche Vobis-Gründer Theo Lieven hat über diese Beweggründe ein ganzes Buch geschrieben. Titel: "Unternehmer sein heißt frei sein".

So kam es, dass Sie zusammen mit Ihrem ehemaligen DNS-Kollegen Oliver Roth vor einem Jahr den Distributor Prianto in München gründeten. Sich selbstständig zu machen und ein Unternehmen zu gründen mitten in der großen Krise, das zeugt von Mut. In der großen Krise ausgerechnet einen Distributor zu gründen, wovon zeugt das? Von Über-Mut? Wer braucht schon einen weiteren Distributor, so dachten viele im vergangenen Jahr, auch ich, wie ich zugeben muss, und deshalb bezeichnete ich Sie und Roth im vergangenen Jahr auch als "Todesmutige".

Doch heute sind Sie und Ihr Unternehmen Prianto lebendendiger denn je. Davon konnte ich mich in der vergangenen Woche bei einem Besuch in Ihrem Firmengebäude im Münchener Stadtteil Laim überzeugen. "Ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung unseres Unternehmens. Wir sind richtig gut unterwegs und beschäftigen bereits 15 Mitarbeiter. Aus heutiger Sicht war die Firmengründung im vergangenen Jahr die goldrichtige Entscheidung", sagten Sie mir. Klar, einen weiteren Feld-Wald-und Wiesen-Distributor brauchte in Deutschland niemand mehr. Sie aber hatten sich angeschaut, was die Distributoren in Deutschland nicht oder nicht besonders gut machen. Und das Ergebnis war Software-Distribution. Wir reden natürlich nicht von der bekannten Volumen-Software, sondern von anspruchsvoller Enterprise-Infrastruktur- oder Management-Software. Daneben betätigt sich Prianto auch als Dienstleister für VARs und Systemhäuser im Bereich Einkaufsmanagement. Recht neu ist der Geschäftsbereich "SaaS Incubation". Dahinter verbirgt sich, kurz gesagt, eine Dienstleistung für Software-Hersteller, die ihre Produkte "SaaS-ready" machen und auf eine entsprechende Plattform stellen wollen.

Die Produkte, die Priato im Angebot hat, sind grundsätzlich für jeden IT-Händler interessant, der gewerbliche Kunden adressiert. Zum Beispiel "Webroot", eine SaaS-Lösung zur revisionssicheren E-Mail-Archivierung. Oder "Gotomaxx" für die Erstellung und Verarbeitung von elektronischen Rechnungen. Oder "Microdasys" zum Schutz vor sogenannten "Web-2.0-Viren" (Facebook etc.). Besonders pfiffig auch: "Psylock", ein Authentifizierungsprogramm, welches auf dem einzigartigen und nicht kopierbaren Tippverhalten des jeweiligen Benutzers basiert. Raffiniert!

Lieber Herr Geens, Sie haben mit der Prianto-Gründung im vergangenen Jahr alles auf eine Karte gesetzt. "Es hätte nicht schief gehen dürfen", sagen Sie heute. Dass es nicht schief ging, dafür sorgten Marktkenntnis (Sie sind seit vielen Jahren in der IT-Distribution tätig, unter anderem bei Raab Karcher, Tarox, Actebis und Tech Data), Kontakte, Fleiß und natürlich auch das Glück, welches ja bekanntlich mit den Tüchtigen ist. Heute sind Sie das, was Sie, wie Sie mir sagten, eigentlich schon immer haben werden wollen: ein Unternehmer und Ihr eigener Chef. Und was auch nicht gering zu schätzen ist: Sie schlafen heute besser als zu Ihrer Zeit als angestellter Geschäftsführer, der immer wieder irgendwelche Entscheidungen von irgendwelchen Wichtigmenschen aus irgendwelchen europäischen, weltweiten oder intergalaktischen Headquartern umsetzen und verantworten musste.

Beste Grüße

Damian Sicking

Weitere Beiträge von Damian Sicking finden Sie im Speakers Corner auf heise resale ()