Geschäft mit Druckern: Der Fachhandel muss Mehrwert bieten

Angesichts knapper Margen sieht der Handel den wachsenden Absatz von Multifunktionsdruckern der 150-Euro-Klasse mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Zumindest mit Services für professionelle Anwender lässt sich die Pein rund ums Drucken lindern.

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Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

Mit MFPs wie dem Envy 100 e-All-in-One will HP neue Zielgruppen ansprechen, die für "Lifestyle" auch höhere Preise zahlen. Der Fachhandel könnte von höheren Margen profitieren.

(Bild: HP)

Über mangelnde Nachfrage nach Druckern und Multifunktionssystemen können sich die Hersteller und Reseller in Deutschland nicht beklagen. Nach Angaben der Marktforschungsgesellschaft GfK in Nürnberg wurden 2010 in Deutschland rund 4,6 Millionen Tintenstrahldrucker verkauft. Rund 85 Prozent davon waren Multifunktionsgeräte. Für 2011 erwartet die GfK, dass im Drucker-Segment etwa 2 Prozent mehr Geräte einen Abnehmer finden. Deutlich stärker legen jedoch Multifunktionssysteme zu – um 4 bis 5 Prozent.

Speziell in der Klasse der kostengünstigen "All-in-One"-Systeme im Preisbereich um die 100 Euro dominiert nach wie vor die Tintenstrahltechnik. Gravierende Unterschiede gibt es jedoch zwischen den einzelnen Herstellern, was die Einschätzung zur Entwicklung dieses Marktsegments betrifft. "Tinten-Multifunktionsgeräte im Bereich bis 100 Euro machen bei Canon etwa 70 Prozent der verkauften Geräte aus und sind damit ein sehr interessanter Geschäft", sagt beispielsweise Adnan Fakhuri, Produktmanager Tintenstrahlgeräte bei dem japanischen Hersteller.

In Deutschland werden nach Schätzung der Marktforschungsgesellschaft GfK 2011 rund 4,2 Millionen Tintenstrahldrucker verkauft. Der Löwenanteil davon entfällt auf All-in-One-Systeme.

(Bild: GfK/HP)

Auch für Epson spielen preisgünstige All-in-One-Systeme eine zentrale Rolle, wie Schahin Elahinija, Marketingleiter von Epson Deutschland, bestätigt: "Epson hat in diesem Segment einen Anteil von 25 Prozent." Einen völlig anderen Ansatz verfolgt dagegen Lexmark: "Wir sind seit zwei Jahren nicht mehr in der 100-Euro-Klasse vertreten", erläutert Michael Lang, Direktor Channel & Retail Deutschland, Österreich, Schweiz (DACH). "In diesem Preissegment reduziert sich das Geschäft auf 'Box Moving'. Wir, und unsere Reseller, setzen dagegen verstärkt auf das Service-Geschäft."

Dass der klassische Fachhändler längst aus der 100-Euro-Klasse bei Druckern und Multifunktionsgeräten ausgestiegen ist, sieht auch Hewlett-Packard so: "Solche Systeme werden überwiegend über Elektronikmärkte und den Online-Handel verkauft", so Christine Zech, Business Manager Zubehör bei der deutschen Niederlassung von HP. "Tintenstrahl-All-in-Ones bis zu 100 Euro werden vor allem von Konsumenten nachgefragt, die wenig drucken oder kopieren, aber dennoch den Funktionsumfang eines Multifunktionsgeräts zu schätzen wissen."

Doch nicht nur in der unteren Preisregion droht dem Fachhandel Gefahr durch Online-Shops und große Retailer wie Media Markt, Saturn und Expert Technomarkt. "Über diese Kanäle bieten wir auch höherwertige Multifunktionsgeräte im Preisbereich zwischen 100 und 300 Euro", so Christine Zech weiter. Die Begründung: Auch Selbstständige und kleinere Unternehmen würden sich häufig über diese Kanäle mit MFPs eindecken. Deshalb hat HP inzwischen sogar spezielle Stores für Geschäftskunden bei solchen Retailern eingerichtet.

Michael Meinert, BU Manager Printing & Scanning, Also-Actebis: "Bei UVPs von 8 bis 14 Euro pro Tintenpatrone sind die Händler-Margen bei MFPs eng begrenzt, rechnet man auch noch die Lagerhaltung mit ein."

(Bild: Also-Actebis)

"Die Großflächenmärkte wie Media Markt und Saturn forcieren diese Entwicklung durch ihre Werbemaßnahmen", ergänzt Michael Meinert, Business Unit Manager Printing & Scanning beim Distributor Also-Actebis: "Beim traditionellen Fachhandel stehen MFPs für unter 100 Euro nicht mehr im Fokus. Der Preisdruck durch große Ketten und E-Tailer ist einfach zu hoch."

Auch der von vielen Herstellern propagierte Handel mit "Supplies", also vor allem Druckerpatronen und Papier, bietet bei All-in-Ones der Billigklasse keinen Ausweg. Bei UVPs von 8 bis 14 Euro pro Patrone hielten sich die Margen für den Händler in engen Grenzen, so Meinert. "Der Händler muss ein Lager vorhalten und kann nicht auf ein großes Folgegeschäft rechnen, weil viele Anwender nur relativ wenig mit solchen Geräten drucken." Hinzu kommt, dass viele Anwender bei Tintenpatronen und Papier nicht zu den teuren Original-Produkten des Systemherstellers greifen, sondern zu Nachfüllpatronen oder preisgünstigeren Alternativen anderer Hersteller – darunter beispielsweise Compedo, InkTec, Peach oder Pelikan.

Das dürften die Hersteller von Druckern und MFPs nicht gerne hören, zumal in einem derart hart umkämpften Markt jedes verkaufte System zählt, gleich, über welchen Kanal es an den Kunden gebracht wird. Epson-Marketingmanager Schahin Elahinija weist denn auch darauf hin, dass Fachhändler dem Käufer eines preisgünstigen Multifunktionsgeräts weitere Produkten andienen könnten: "Durch die Möglichkeit des Cross-Sellings wird das Hardware-Geschäft lukrativer. Wer eine Drucklösung beim Fachhändler kauft, ist beispielsweise immer auch ein potenzieller Kunde für einen Projektor", ist Elahinija überzeugt.

Um dem Dilemma mit den niedrigen Margen im unteren Preissegment zu entkommen, sieht Also-Actebis-Manager Meinert zwei Optionen: zum einen den Einstieg in das Geschäft mit Managed Print Services (MPS), zum anderen gewissermaßen die Flucht in Segmente, die höhere Margen versprechen. Dazu zählen Multifunktionsgeräte in der Preisklasse über 150 Euro, die auch für den Druck von Fotos verwendet werden. Diese Systeme sind mit hochwertigeren Druckwerken ausgestattet. Zudem bieten die Hersteller für den Fotodruck spezielle, sprich teurere, Tintenpatronen an.

"Wer beim Fachhändler eine Drucklösung kauft, ist immer auch ein potenzieller Kunde für andere Produkte wie einen Projektor", meint Epson-Marketingleiter Schahin Elahinija.

(Bild: Epson)

Dagegen sind Managed Print Services nur für Fachhändler interessant, die über eine erkleckliche Zahl von Unternehmenskunden verfügen. Und auch diese müssen über eine Druckerlandschaft mit mindestens 50 Systemen verfügen, damit sich eine Konsolidierung mithilfe von MPS überhaupt erst lohnt. Selbst MPS-Anbieter von wie HP, Xerox, Samsung, Konica Minolta oder Kyocera Mita, räumen unter der Hand ein, dass Services rund um die Verwaltung von Druckern, Scannern und Kopierern derzeit eher noch ein Thema für Anwender aus dem gehobenen Mittelstand sind. Für einen Fachhändler, der einen Handwerksbetrieb, Architekturbüros oder vergleichbare Kleinunternehmen mit Drucksystemen und Verbrauchsmaterial beliefert, sind Managed Print Services – zumindest vorläufig – mit Sicherheit noch keine attraktive zusätzliche Einnahmequelle.

Ein Beispiel für den Trend hin zu hochwertigeren Systemen, die auch Fachhändlern mehr "Luft zum Leben" geben sollen, ist HPs Envy 100 e-All-in-One. Der Hersteller testete die Akzeptanz des Systems erst auf anderen Märkten, etwa Großbritannien, bevor das Edel-Multifunktionssystem auch hierzulande an den Start ging. Mit einem Endverkaufspreis von etwa 250 Euro zählt es zur gehobenen Kategorie. Dies unterstreichen auch das Design und die üppige Ausstattung, mit Touchscreen, Wireless-LAN, E-Print-Funktion, Internet-Zugriff direkt vom System aus und die – laut HP – hochwertige Druckqualität, auch bei der Ausgabe von Fotos.

"Der Envy 100 ist ein Beispiel dafür, wie es den Herstellern gelingen kann, mithilfe von Funktionen wie WLAN, Apps und E-Print in Verbindung mit einer hochwertigen Druckqualität das Druckergeschäft zu revitalisieren", konstatiert Christine Zech von HP. "Das Thema Foto ist gerade bei hochwertigeren MFPs ein Thema", bestätigt Also-Actebis-Manager Meinert. "Allerdings setzen ambitionierte Hobbyfotografen eher auf reinrassige Fotodrucker. Solche Anwender scheuen auch nicht Preiskategorien von über 500 Euro und greifen teilweise auch schon zu A3-Druckern."

"Viele setzen immer noch darauf, einfach ein Stück Hardware zu verkaufen." Michael Lang, Direktor Channel & Retail DACH, Lexmark

(Bild: Lexmark)

Gleich, ob Multifunktionsgeräte der gehobenen Kategorie oder Spezialsysteme wie DIN-A3-Fotodrucker: Beide bieten dem Fachhändler die Option, Stärken auszuspielen wie eine fundierte Beratungsleistung und ein umfangreiches Angebot an passendem Zubehör. "Das ist aber bei vielen Fachhändlern noch nicht angekommen", moniert Lexmarks Channel-Chef Michael Frank. "Viele setzen immer noch darauf, einfach ein Stück Hardware zu verkaufen."

Eine erfreuliche Nachricht haben die Hersteller von Multifunktionsgeräten der 100-Euro-Klasse für den Fachhandel: Viel Luft für weitere Preissenkungen sei nicht mehr vorhanden. Vielmehr werde die Schlacht um Marktanteile über die Ausstattung geschlagen. "Der Anwender bekommt immer mehr Leistung für sein Geld: hochwertigere Farben, schnelleren Ausdruck, einen höheren Bedienkomfort und Funktionen wie Wireless-LAN oder ein hoch auflösendes Display", erläutert Printing-Spezialist Meinert vom Soester Broadline Distributor.

Vor allem das Drucken über Funknetze (WLANs) zählt selbst bei Geräten der unteren Preiskategorie mittlerweile zur Standardausstattung. Auch die "App"-Welle ist in den Druckerbereich herübergeschwappt. Anwendungen für Smartphones oder Tablet-Rechner machen es einfach, von diesen mobilen Geräten aus Bilder oder Dokumente auf einem MFP auszugeben – natürlich drahtlos. Ein weiterer Trend: Per E-Print von einem (mobilen) Rechner oder Mobiltelefon aus auf räumlich entfernte Drucker oder Multifunktionssystem zugreifen und dort drucken. E-Print steht mittlerweile auch auf MFPs der 100-Euro-Kategorie zur Verfügung.

Für den Fachhändler bedeutet dies unter dem Strich: Bessere Margen versprechen in jedem Fall Multifunktionsgeräte der gehobenen Leistungsklasse, speziell solche, die auch für Firmen interessant sind. Hier kann der Fachhandel zudem Vorteile einbringen wie Beratung und technischen Support. Anders sieht es bei Systemen für weniger als 100 Euro aus. Sie werden zwar mit immer mehr Funktionen ausgestattet, gehen aber vorwiegend bei großen Retailern und dem Online-Handel über die Ladentheke. (map)
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