HP: Veränderung ohne Veränderungen

Bislang war bei HP die Solution Partner Organisation (SPO) produktübergreifend für alle Vertriebsaktivitäten der Partner zuständig. Sie wurde aufgelöst und jeder einzelne Geschäftsbereich erhält sein eigenes HP-Vertriebsteam. HP erhofft sich von diesen Maßnahmen mehr Schwung im Vertrieb, den Handelspartnern verspricht der Hersteller gleichzeitig das Kunststück, trotz Umstrukturierung Ansprechpartner und Prozesse beizubehalten.

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Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

Erwartet stärkeren Jagdtrieb von den Partnern: Klaus Rumsauer, HPs Director Enterprise Server Storage Network

(Bild: HP)

Änderungen bestehender und funktionierender Beziehungen zu ihren Lieferanten sind von Handelspartnern erfahrungsgemäß nicht gern gesehen. So stellte Hewlett-Packard bei der Präsentation seiner angekündigten Umstrukturierung vorab gleich klar, dass es "bei den Geschäftsabläufen zwischen dem Hersteller und seinen Partnern keine Veränderungen geben soll". Im Klartext: Alle Ansprechpartner für die Händler sollen in den jeweiligen Geschäftsbereichen die gleichen sein wie bisher. Auch an der gemeinsamen Geschäftsplanung soll sich nichts ändern. Eine akrobatische Übung, auf die man gespannt sein darf, denn die Umstellungen sind durchaus nicht marginal.

Schneller, besser, stärker: das sind die Ziele, die HP mit der Neuorganisation der Channel-Vertriebsstrukturen erreichen will. Betroffen sind die Geschäftsbereiche Imaging und Printing (IPG), Personal Systems Group (PSG) sowie das Enterprise Business innerhalb der Technology Solutions Group (TSG) im Bereich EMEA sowie in den jeweiligen Länderorganisationen. Die Solution Partner Organisation (SPO), die bislang bereichsübergreifend alle Fachhandelsaktivitäten koordinierte, wurde mit Wirkung zum 1. November aufgelöst. Ihre Aufgaben übernehmen Salesteams, die den drei oben genannten Business Units zugeordnet sind.

Ganz deutlich wird HP zu folge das Enterprise Business durch die direkte Zuordnung des Vertriebs zu den Geschäftsbereichen profitieren. "Projektentscheidungen fallen dadurch weit schneller", prognostiziert Klaus Rumsauer, Director Enterprise Server & Storage und Network. "Der Zeitaufwand kann um bis zu 50 Prozent verringert werden."

Dorit Bode, Channel Sales Director PSG, will die Wettbewerbsfähigkeit der Partner erhöhen.

(Bild: HP)

Ein Ende hat es mit der Sonderbehandlung der Retailer durch die SPO in den Bereichen Drucker und Computer. Sie wird abgelöst durch ein eigenes Salesteam für den gesamten Channel, also für die Distributoren, Reseller, Telekommunikation ebenso wie für die Retailer. Dorit Bode, im April 2008 zum Director Solution Partner ernannt und nun Channel Sales Director PSG, erklärte gegenüber heise resale, "dass die Retailer jedoch Optionen für Sonderaktionen und Exklusivangebote haben und bereits interessante Projekte im Gespräch seien".

Die Imaging und Printer-Gruppe will im Mittelstandsgeschäft mehr Gas geben: Dafür werden sogenannte "Channel Sales Consultants" ernannt, die regional aufgestellt und geografisch den Handelspartnern sowie attraktiven Kunden zugeordnet sind. Das zumindest sehen HPs Pläne vor – allerdings konnte der Hersteller momentan weder einen genauen Zeitplan noch Angaben zur Zahl dieser Channel Sales Consultants nennen. Die Beratungstätigkeit dieser Consultants sei unterdessen explizit für SMB-Projekte mit Partnern vorgesehen, die bisherige Partnerbetreuung bleibe jedoch unabhängig davon weiter bestehen, verspricht HP.

Ebenfalls noch in Planung ist die Einführung eines IPG-Telemarketings. Diese Abteilung soll den Handelspartnern bei hochwertigen Vertragsgeschäften helfen und gleichzeitig bei der Neueinschätzung bestehender Kunden: Der Handelspartner übergibt der Telemarketing-Abteilung seine Kundendaten, die deren Potenzial abcheckt. Das ist an und für sich eine sinnvolle Maßnahme, da der Akquise-Aufwand minimiert wird. Sie setzt jedoch ein gerüttelt Maß an Vertrauen der Händler zu ihrem Hersteller voraus.

Seit Anfang November ist der Vertrieb den jeweiligen Business Units disziplinarisch zugeordnet.

(Bild: HP)

Den Umstrukturierungsbemühungen des Channel-Sales bei HP liegt vor allem der Wunsch nach mehr "Hunting", sprich Neukundengeschäft, zugrunde. Dabei ist dem Fachhandel schwerpunktmäßig der Part zugedacht, vor allem die klassischen Mittelstandskunden rundum zu betreuen – das sind immerhin per Definition von HP rund 8000 bis 9000 Unternehmen. Dafür stellt HP den Partnern insgesamt 48 Mitarbeiter als Unterstützung zur Seite. Die Art der Hilfestellung reicht von Informationen zu Einkaufspreisen bis hin zur aktiven Verkaufsunterstützung vor Ort.

Großkunden, die nur teilweise international aufgestellt sind, gehören zu den "Strategic Accounts", die HP ebenso wie seine Corporate Accounts direkt betreut. Erst im unteren Segment der Großkunden und bei den Mittelstandskunden (Enterprise & Medium Customer) kommen auch die Handelspartner ins Spiel. Laut Rumsauer gibt es in Deutschland knapp 700 Kunden in dieser Kategorie – versorgt und betreut von derzeit etwa 200 aktiven Handelspartnern. Sollte einer dieser Reseller mit einem optimalen Kundenkontakt glänzen, wird ihm auch schon mal die Rolle des Account-Teamleiters überantwortet. Rumsauer will in diesem Segment "weg vom Projekt-Commitment hin zum Account-Commitment". Das bedeutet im Klartext: Wenn ein Handelspartner in dieser Kundenklasse vorne mit dabei sein will, muss er das gesamte HP-Enterprise-Portfolio im Griff haben, sonst muss er wieder zurück ins zweite Glied.

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Einschätzung

Jeder neuer Manager und jede neue Geschäftsidee oder -strategie bekommt in der Regel 100 Tage Zeit, sich zu bewähren – so auch die aktuellen Pläne von HP.
Sie können aber schon heute gerne Ihre Meinung und Erfahrung im heise resale Forum kundtun. Wir freuen uns darauf!

Die internationalen Großkonzernen (Corporate Accounts) sind und bleiben die Top-Kunden an der Spitze der berühmten Kunden-Pyramide. HP hat rund 80 internationale Großkunden ausgemacht, die rund 30 Prozent des Umsatzes beisteuern und die der Hersteller höchst persönlich umsorgt: Zu diesem Zweck erhielten interne Salesteams ein "Tuning, bei dem Verkaufsgeneralisten zu Spezialisten transformiert" wurden. Das Vertriebsteam besteht aus Account Managern, Salesspezialisten etwa für Server, Storage, Software und Dienstleistungen und wird von einem Account General Manager geführt, der das gesamte HP-Portfolio inklusive Outsourcing "beherrscht". Den Handelspartnern bietet HP dabei immerhin noch die Rolle des Erfüllungsgehilfen an – vor Ort und als Mitverkäufer.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist es schwer, die Auswirkungen der Umstrukturierung auf die Channel-Partner zu beurteilen. Klares Ziel von HP ist sicherlich, die eigene Stellung mit oder ohne die Partner im harten Wettbewerb zu stärken. Gerade im Enterprise Business wird sich einiges tun, nicht zuletzt durch den geplanten Erwerb von 3Com wird das Unternehmen seine Marktmacht ausbauen. Jetzt kommt es auf die Partner an, ob sie mitziehen, um daran zu partizipieren. (map)