Hewlett-Packard steht vor grundlegender Umstrukturierung

Über eine von Branchenkennern erwartete neuerliche Zusammenlegung der PC- und Druckersparten hinaus, organisiert HP derzeit auch die Vertriebs- und Partnerorganisationen nach Geschäftsbereichen neu.

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Mark Hurd, CEO, Hewlett-Packard

(Bild: HP)

Die amtierende Nummer eins unter den PC-Herstellern steht unter Druck: Die schwache Konjunktur und sinkende Nachfrage von Seiten der Kunden bescheren Hewlett-Packard nicht nur rückläufige Umsätze, sondern auch bröckelnde Gewinne. Das abgelaufene dritte Quartal des laufenden Geschäftsjahres war von einem deutlichen Gewinneinbruch gekennzeichnet – um knapp 20 Prozent sackte der Profit gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres ab. Schwäche zeigten dabei vor allem zwei der Kerngeschäftsfelder von HP: die PC- und die Druckersparte.

Während Konzernchef Mark Hurd gegenüber Analysten wieder ein optimistischeres Bild zeichnet und im kommenden Jahr mit neuem Wachstum in der IT-Branche rechnet – von dem HP überdurchschnittlich profitieren werde –, spekuliert das Wall Street Journal offen über eine grundlegende Umstrukturierung bei dem Hersteller: Pläne für eine Fusion der PC- und Druckersparten stünden kurz vor der Verabschiedung, berichten Insider. Damit würde Mark Hurd eine Entscheidung seiner Vorgängerin Carly Fiorina aufgreifen, die er nach seinem Amtsantritt vor vier Jahren zunächst revidiert hatte.

Damals hegte Fiorina die Hoffnung, dem kränkelnden PC-Geschäft innerhalb der profitablen Druckersparte (Imaging and Printing Group, IPG) zu neuer Stärke verhelfen zu können. Hurd und dem für die Personal Systems Group (PSG) verantwortlichen Todd Bradley gelang die Trendwende jedoch ohne eine Fusion der beiden Geschäftsbereiche. 2004 trugen die Rechnerverkäufe weniger als fünf Prozent zum Konzerngewinn von HP bei, die Drucker und das zugehörige Verbrauchsmaterial hingegen über 70 Prozent. Inzwischen hat sich das Kräfteverhältnis der beiden Sparten angeglichen. HP konnte sich an Dell vorbei auf den Spitzenplatz der weltweit größten PC-Hersteller schieben.

Im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2009 erzielte die PSG einen Nettoumsatz von rund 8,4 Milliarden US-Dollar – fast 18 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der operative Gewinn ging ebenfalls zurück, um 34 Prozent auf knapp 390 Millionen US-Dollar. Trotz des allgemeinen Preisverfalls bei PCs und Notebooks – der zuletzt vor allem von den bei Verbrauchern beliebten Netbooks angeheizt wurde – gelang es Bradley, die Sparte profitabel zu halten. Die PSG steuert aktuell 12 Prozent zum Konzerngewinn bei und kommt auf eine operative Marge von 4,6 Prozent – Konkurrent Dell erzielt Analysten zufolge nur 4,3 Prozent.

Der Druckersparte, in der 2008 eine Neugliederung angestoßen wurde, verdankt HP inzwischen nur noch knapp ein Drittel des Profits. Bei einem Umsatz von 5,66 Milliarden US-Dollar im 3. Quartal erwirtschaftete die IPG rund 960 Millionen US-Dollar operativen Gewinn. Die schleppende Nachfrage macht unterdessen vor allem den größten Drucker-Herstellern zu schaffen – allein in Europa, dem Nahen Osten und Afrika brachen die Verkaufszahlen in der ersten Jahreshälfte um ein Viertel ein. HP-Chef Hurd zeigte sich aber schon Anfang 2009 unzufrieden mit der Stagnation des IPG-Geschäftes. Insbesondere der interne Umgang mit Lagerbeständen sei verbesserungsbedürftig. Hier könnte die Sparte von den optimierten Logistik- und Supply-Chain-Prozessen innerhalb der PSG profitieren.

Eine Neugestaltung verordnet HP derweil auch seinen Vertriebs- und Marketingstrukturen. Während der Konzern nach Produkt- und Dienstleistungssegmenten in verschiedene Geschäftsbereiche untergliedert ist, wurde die Koordination der Vertriebskanäle in weiten Teilen übergreifend durch die Solutions Partner Organisation (SPO) abgewickelt. Vertriebspartner wie Fachhändler, Systemhäuser, Distributoren und Value Added Reseller hatten bisher über dedizierte Ansprechpartner bei HP Zugriff auf die einzelnen Sparten PSG, IPG und Technology Solutions Group (TSG).

Zur Jahresmitte hat HP nun begonnen, die Verantwortlichkeiten aus der SPO in die einzelnen Geschäftsbereiche zu verlagern – wie es hieß, um Entscheidungswege zu verkürzen und einen engeren Kontakt zwischen Handel und den HP-Mitarbeitern zu ermöglichen. Im ersten Schritt übernahmen im August die zur TSG gehörigen Bereiche Enterprise Servers & Storage (ESS) sowie Technology Services (TS) wieder die Betreuung der Vertriebspartner. Nun zeichnet sich ab, dass auch PSG und IPG die Aufgaben der SPO in Eigenriege abwickeln – wodurch die SPO praktisch überflüssig würde. Eine offizielle Stellungnahme zur Umstrukturierung liegt von HP bisher nicht vor, die wesentlichen Änderungen dürften jedoch zum Beginn des nächsten Geschäftsjahres am 1. November 2009 in Kraft treten. (map)