Handel und Systemhäuser sind mit der Auftragslage zufrieden

Die ITK-Branche spürt wieder Aufwind. Zu diesem Ergebnis kommt der Branchenverband Bitkom für 2010 und 2011. Der Handel bestätigt die Verbandsprognosen. Vor allem die Systemintegratoren verbuchen mehr Aufträge. Aber über das laufende Jahr hinaus äußern sich die Reseller nur vorsichtig.

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Von
  • Matthias Parbel
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Aufwind: Zur IT & Business in Stuttgart machte der Bitkom der ITK-Branche Hoffnung auf wachsende Umsätze

(Bild: Bitkom)

In der ITK-Wirtschaft steht das Stimmungsbarometer auf Hoch. Zu diesem Ergebnis kommt der Bitkom. Denn der Branchenverband hat seine Konjunkturprognosen für das laufende Jahr und für 2011, präsentiert am Dienstag dieser Woche in Stuttgart im Rahmen der Messe IT & Business, nach oben korrigiert: Für 2010 auf ein Plus von 1,4 Prozent auf 141,6 Milliarden Euro und fürs kommende Jahr auf 2 Prozent (144,5 Milliarden). Den Anlass für diese positive Mitteilung gab der Bitkom-Index, der auf den Umsatzerwartungen der Unternehmen basiert. Demnach rechnen in diesem Jahr vier von fünf Unternehmen wieder mit einem Umsatzplus. Für Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer durchaus ein Grund zur Freude, denn "die Stimmung in der ITK-Branche ist so gut wie seit Jahren nicht mehr".

Besonders die Informationstechnik treibe die positive Grundstimmung unter den vom Bitkom befragten Unternehmen an. Mit einem Plus von 2,7 Prozent auf 65,4 Milliarden Euro in diesem Jahr und mit einer weiteren Steigerung um 4,3 Prozent (68,2 Milliarden Euro) im nächsten Jahr, dürfte die Branche nach Ansicht von Scheer "das Vorkrisenniveau von 2008" erreichen. "Bemerkenswert ist, dass IT-Hardware beim Wachstum mit fünf Prozent an der Spitze liegt. Das war seit Jahren nicht mehr der Fall".

"Unsere Händler befinden sich in einer guten stabilen Seitenlage", Andreas Wenninger, Vorstand Synaxon

Am sogenannten Point of Sales, also am Verkaufstresen des Handels stellt sich die Entwicklung des laufenden Jahres durchaus differenzierter dar. So registriert Andreas Wenninger, Vorstand der Kooperations-Holding Synaxon in Bielefeld, bei den etwa 100 Händlern der Marke PC Spezialist eine "gute stabile Seitenlage", könne aber deshalb nicht unbedingt "in Jubeltiraden" ausbrechen. Immerhin: Der IT-Fachhandel setzt wieder mehr um und erwirtschaftet auch bessere Ergebnisse. Besonders spürbar sei dies bei Resellern mit Projektgeschäft. "Nach einer Flaute, als viele Projekte auf Eis gelegt worden sind, können die Händler jetzt wieder richtig Vollgas geben", so Wenninger. Im Übrigen verspüre auch die Zentrale der Synaxon AG den Aufwind: "Unsere eigenen Provisionen, die wir von den Distributoren erhalten, steigen." Und für die restlichen Wochen im laufenden Jahr postuliert Wenninger ganz klar: "Das Jahresendgeschäft findet auf jeden Fall statt."

Tatsächlich spürt die Distribution den konjunkturellen Aufwind. Beispielsweise Gerhard Schulz vom Broadline-Distributor Ingram Micro Ingram Micro in München. "Die Einschätzung des Bitkom deckt sich mit unserem Bild. Wir sehen die Entwicklung für das nächste Jahr genauso und planen entsprechend", antwortet der Senior Vice President Central- and Eastern European Region auf Anfrage von heise resale. Da passt auch der Kommentar von Joachim Dünkelmann gut ins Bild. Der stellvertretende Geschäftsführer beim Bundesverband Technik des Einzelhandels (BVT) in Köln, gibt schon mal Entwarnung: "Die Krise liegt hinter uns." Und so erwartet er für den Bereich der Consumer Electronic auch im kommenden Jahr eine anhaltende Nachfrage. Vor allem innovative und energiesparende Geräte stünden besonders hoch in der Gunst der Konsumenten. Ebenso seien Services, Bürosysteme und Flachbildschirme nachgefragt.

"Die Key Player kaufen große Rechenzentren, wollen aber über uns ihre Rechner verkaufen", Volker Stratmann, Geschäftsführer Stratmann IT

(Bild: Stratmann IT)

Skeptisch betrachten die von heise resale befragten Fachhändler die Absatzentwicklung bei IT-Hardware. Zwar bemerkt beispielsweise Volker Stratmann aus Overath, dass "die IT-Hardware in diesem Jahr leicht anzogen hat", will sich aber für 2011 noch nicht festlegen. Der Geschäftsführer des Systemhauses Stratmann IT richtet sein Hauptaugenmerk ohnehin mehr auf Systemintegration und Beratung als auf puren Hardwareverkauf. "Das Systemhausgeschäft läuft gut, es kommen nicht nur Anfragen, sondern auch Aufträge. Diese Erfahrung mache nicht nur ich, sondern auch die Kollegen anderer Systemhäuser, mit denen ich regelmäßig zusammen komme".

Einen zusätzlichen Schub erhofft sich Stratmann durch Cloud Computing. Damit bewegt sich der Systemhausbetreiber voll auf Bitkom-Kurs. Denn für August-Wilhelm Scheer ist Cloud Computing schlichtweg der Umsatztreiber für die nächsten Jahre. So schätzt der Bitkom, dass dieser Markt von 1,1 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 8,2 Milliarden Euro im Jahr 2015 anwachsen werde. "Etwa zehn Prozent der gesamten IT-Ausgaben in Deutschland werden dann auf Cloud-Lösungen liegen", prognostiziert der Bitkom-Präsident. Und Stratmann – wohlgemerkt der Cloud-Vermarktung durchaus zugeneigt – kommentiert kritisch: "Die Key Player bauen große Rechenzentren auf, wollen aber trotzdem, dass wir ihre Rechner verkaufen."

So wie Stratmann zieht auch Heiko Lendeckel bereits jetzt für das laufende Jahr eine positive Bilanz. "Die Post geht ab, bei uns und bei den Händlerkollegen. Die Kunden geben wieder mehr Geld aus", stellt der Geschäftsführer von Computer und Kopierer in Heilbad-Heiligenstadt fest. Ob dies auch im kommenden Jahr so sein wird, könne er noch nicht abschließend beurteilen, rechne aber "zumindest mit einer ähnlichen Entwicklung wie in diesem Jahr." Hardwareseitig registriert Lendeckel einen leichten Zuwachs. "Besonders im Serverbereich haben wir durch weitere Projekte und Aufträge im Virtualisierungsumfeld zulegen können." Als stabil bezeichnet er das Geschäft mit Kopiertechnik.

"Gewerbliche Kunden geben wieder mehr Geld aus", Heiko Lendeckel, Geschäftsführer Computer und Kopierer

(Bild: Computer und Kopierer)

Tatsächlich scheint der Aufschwung im ITK-Handel angekommen zu sein. Dies bestätigt auch Uwe Bauer, Vorstand der Kooperation Aetka, die zur Komsa AG in Hartmannsdorf gehört. "Wir können die Anhebung der Prognose des Branchenverbandes Bitkom gut nachvollziehen. Wir merken auch, dass Schwung ins Geschäft kommt: Zum einen gewinnen wir neue Fachhändler, zum anderen zieht auch der Verkauf an die Endkunden durch die Fachhändler an. Neben neueren Geschäftsfeldern für unsere Aetka-Kooperationsmitglieder wie IT und UE entwickelt sich der Tablet-Smartphone-Bereich überdurchschnittlich gut." Gerade da stehe die eigene Organisation besonders gut da. "Laut Bitkom sind über alle Vertriebsformen 25 Prozent der verkauften Mobiltelefone Smartphones. Wir vermarkten im Fachhandel 35 Prozent Smartphones vom Mobiltelefonabsatz. Das hängt damit zusammen, dass der Fachhandel prädestiniert für die hochwertigen und erklärungsbedürftigen Geräte ist", fügt Bauer hinzu.

Spätestens im kommenden Jahr werde es beim Kampf der Betriebssysteme spannend werden. "Denn sehr ambitioniert launcht Microsoft mit dem Windows Phone 7 ein starkes Konzept, sowohl produkt- als auch marketingseitig." Ebenso ist der Komsa-Vorstand gespannt, wie die LTE-Vermarktung greife und wer am meisten an der Wertschöpfung partizipiere. Sein Resümee für weiteren Zuwachs in der ITK-Wirtschaft: "Es gibt also eine Menge Wachstumsfelder, die für den Fachhandel geeignet sind, so es die Netzbetreiber und Hersteller zulassen." (map)

Wolfgang Kühn, freier Journalist und Kenner der ITK-Distributionsszene kommentiert

Von wegen Zweckoptimismus. Dieses Mal trifft der Bitkom mit seinen Prognosen ins Schwarze. Nicht nur die Mitgliedsfirmen im Bitkom sind weitestgehend mit dem laufenden Jahr zufrieden und rechnen für 2011 mit weiterem Zuwachs, auch der Handel spürt den Aufwind. Besonders in den Systemhäusern, aber auch an der Ladenfront sieht man Licht am Ende des Tunnels.

Die Trefferquote lag in der Vergangenheit nicht immer so hoch. Häufig war der Wunsch Vater des Gedankens. Die ITK-Distributoren und der Handel verstanden die zu positiven Schätzungen nicht. Die Realität an der Verkaufsfront sah anders aus. Das betraf nicht nur die Prognosen des Bitkom. Da waren und sind auch andere Marktbeobachter und Analysten keinesfalls zielsicherer.

Deshalb, und nicht nur deshalb, betrachtet der Handel die Zahlenwerke zu künftigen Umsätzen mit Skepsis. Zu recht. Zumal in Prognosen zwar gern über Umsatzvolumina gesprochen, aber über Handelsspannen mit ebensolcher Intensität geschwiegen wird. Allenfalls auf Nachfrage gibt es zu dem einen oder anderen Segment vage Auskünfte.

So gesehen relativiert sich beispielsweise das "starke Wachstum im PC-Markt". Denn der Umsatz legt weniger stark zu, als der Absatz verkaufter PCs. In diesem Jahr werden 13,3 Millionen PCs verkauft (plus 9,5 Prozent) und im kommenden Jahr sollen es 14,5 Millionen (plus 9,3 Prozent) sein. Der Umsatz dagegen steigt 2010 um 4,4 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro, nächstes Jahr um 3,1 Prozent auf 6,8 Milliarden. Das heißt, der Stückpreis sinkt von etwa 496 Euro in diesem Jahr auf rund 468 Euro 2011. Und wenn 71 Prozent aller verkauften Geräte Mobile PC und Netbooks sind, dann führt die Handelsspanne ohnehin zu keiner überschäumenden Freude am Point of Sales.

Bleibt also die Marge auf gewohnt niedrigem Niveau, lautet auch fürs kommende Jahr: Händler, ihr müsst fürs gleiche Geld mehr verkaufen! Oder: Mehr Beratung, mehr Service, mehr Systemintegration. Da steckt – wenn die Gesamtkonjunktur wie erwartet mitspielt – in der Tat viel Potenzial. (map)