Immer mehr Unternehmen verklagen ihr Führungspersonal

Manager können für Schäden zur Rechenschaft gezogen werden, die sie durch Fehlentscheidungen verursacht haben. Viele federn das finanzielle Risiko über eine D&O-Versicherung ab. Zum Einsatz kommt diese aber selten.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

An der Spitze eines Unternehmens zu stehen, ist kein reines Vergnügen. Vor allem nicht, seit die Führungskräfte auch mit Schadensersatzklagen ihres Unternehmens oder der Aktionäre rechnen müssen. Denn eine schwere Fehlentscheidung kann sie heutzutage nicht nur den Job kosten, sondern auch einen Teil ihres Privatvermögens. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommt, ist aber noch immer vergleichsweise gering.

So meldet der Versicherungsmakler Aon zwar, dass man in den letzten Jahren einen "deutlichen Anstieg" der Fälle in der Managerhaftpflicht (D&O – Directors and Officers) verzeichnen musste. Wenn man sich allerdings ansieht, wieviele Firmen, Führungskräfte und Fehlentscheidungen es gibt, dann wirken die genannten Zahlen doch eher mickrig. So hatte Aon 2007 weltweit gerade einmal 134 D&O-Haftpflichtfälle zu verzeichnen. Davon ausgehend, sind die Zahlen bis 2010 tatsächlich massiv gestiegen, nämlich auf 445 Fälle. Und die verteilten sich auf insgesamt 60 Länder.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es einen Manager "erwischt", ist also relativ gering. Wenn es aber zu einer Klage kommt, dann geht es meist um sehr viel Geld. Die Summen der D&O-Schäden können sich laut Statistik des Versicherers schon mal auf bis zu dreistellige Millionen-Euro-Beträge belaufen.

Der Versicherer glaubt, dass die Zahl der Klagen in den nächsten Jahren weiter steigen wird. Dabei handle es sich oft um Nachwehen der Wirtschaftskrise. Fehlentscheidungen, die in dieser Zeit getroffen wurden, werden erst nach Jahren beklagt, weil es oft sehr lange Zeit brauche, bis die internen Prüfungen der Firmen abgeschlossen sind und die Ansprüche angemeldet werden, so die Vermutung.

Manager in großen Unternehmen müssen sich in der Regel aber trotzdem keine Sorgen machen, denn in den meisten Konzernen hat man sich darauf eingestellt und schließt flächendeckend entsprechende Versicherungen für seine Mitarbeiter ab. Anders sieht es bei den kleinen und mittelständischen Betrieben aus. Hier besteht nur selten ein entsprechender Versicherungsschutz.

Sinnvoll ist eine solche Versicherung eigentlich auch nur für Vorstände, Aufsichtsräte, Prokuristen und GmbH-Geschäftsführer, die gewisse Sorgfaltspflichten haben und für entsprechende Verletzungen zur Rechenschaft gezogen werden können. Für die Anbieter sind die Versicherungen auf jeden Fall ein durchaus gutes Geschäft. Die gute Nachricht für die Versicherungsnehmer: weil immer mehr Assekuranzen so eine Versicherung anbieten und um Kunden buhlen, sind die Prämien inzwischen deutlich gesunken.

Was die Versicherung wirklich wert ist, zeigt sich allerdings erst, wenn sie tatsächlich gebraucht wird. Hier gilt es vor Vertragsunterzeichnung das Kleingedruckte genau zu lesen. Da wird beispielsweise die Haftung für fehlerhafte Produkte oder eine "wissentliche Schädigung" ausgeschlossen oder es werden enge zeitliche Grenzen für die Meldung des Schadensfalles gesetzt oder gleich die Deckung im Innenverhältnis komplett ausgeschlossen. Bei schwammigen Formulierungen, Trennungs- oder Gerichtsklauseln oder einer längeren Passage mit Leistungsausschlüssen, sollte man vorsichtig sein. Wer Pech hat, muss sonst vor Gericht auch noch darum kämpfen, dass die Versicherung wirklich bezahlt. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)