Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft

Bestechung ist zwar verboten, bei vielen europäischen Unternehmen aber dennoch an der Tagesordnung. Davon gehen jedenfalls die Mitarbeiter aus.

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Von
  • Marzena Sicking

Schmiergelder, Geschenke und "Unterhaltungsprogramme": Europaweit glauben zwei Drittel der Beschäftigten in großen Unternehmen, dass Korruption in ihrem Land nach wie vor gängige Praxis ist. In Deutschland sind immerhin noch 45 Prozent der Beschäftigten dieser Meinung.

Wie die aktuelle Studie von Ernst & Young zeigt, hat ein überraschend großer Teil diesbezüglich auch gar keine moralischen Bedenken. So ist Bestechung für 17 Prozent der Befragten ein "akzeptables Mittel“, den Umsatz zu steigern. In Deutschland bezeichnen immerhin noch 12 Prozent der befragten Arbeitnehmer solche Maßnahmen als durchaus gerechtfertigt.

Dabei nehmen die Mitarbeiter das eigene Unternehmen nicht aus: Ganze 60 Prozent gehen davon aus, dass auch ihre Führungskräfte in schwierigen Zeiten zu solchen Mitteln greifen würden. 78 Prozent der befragten Vorstände und Geschäftsführer stimmen der Aussage ebenfalls zu - ein Ergebnis, das tief blicken lässt. Offenbar schrecken immer schärfe Gesetze - wie beispielsweise in Großbritannien - nicht nachhaltig von Bestechungsversuchen ab.

Wie die Studie weiterhin zeigt, gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen der Korruptions-Toleranz der Mitarbeiter und der Befürchtung, die eigene Firma könnte in finanzielle Nöte geraten. So glauben nur vier Prozent der in Deutschland befragten Mitarbeiter, dass ihr Unternehmen in absehbarer Zeit in eine Krise geraten könnte. Das hat höhere Moralvorstellungen zur Folge: Nur 3 Prozent der Topmanager und 12 Prozent des übrigen Personals halten Schmiergelder für ein legitime Mittel der Geschäftsausweitung. Wobei es durchaus auch interessant ist, zu erfahren, dass die Bereitschaft zur Bestechung bei "kleinen“ Angestellten höher ist, als im Management. Im restlichen Europa ist man in Bezug auf "kleine Aufmerksamkeiten“ deutlich offener: Durchschnittlich 18 Prozent der Topmanager und 17 Prozent der übrigen Mitarbeiter bejahen Korruption als Rettungsanker für das Unternehmen.

Das die Arbeitnehmer hierzulande Bestechung und Korruption nicht ganz so auf die leichte Schulter nehmen, wie das in vielen anderen Ländern der Fall ist, ist auch ihren Arbeitgebern zu verdanken. So gaben 15 Prozent der Arbeitnehmer an, dass sie an Anti-Korruptions-Trainings teilgenommen haben. Außerdem sind 90 Prozent der deutschen Mitarbeiter überzeugt, dass die Staatsanwaltschaften hierzulande ernsthaft gewillt sind, entsprechendes Fehlverhalten zu verfolgen. 16 Prozent der Befragten sprechen sich für eine generell noch stärkere Überwachung aus. 13 Prozent würden sie sich auch im eigenen Unternehmen wünschen. Zwar gibt es in den meisten großen Unternehmen bereits entsprechende Richtlinien, doch nur ein Fünftel der Befragten berichtet davon, dass Kollegen im Unternehmen für Korruptionsdelikte tatsächlich bestraft würden. (masi)