Lenovos neue Consumer-Marke: Medion

Mit dem Kauf von Medion verschaffe sich Lenovo einen Zugang zum deutschen Consumer-Markt, kommentierten die Medien vergangene Woche. Aber was heißt das? Das Problem von Lenovo ist ja nicht der fehlende Zugang, sondern die fehlende Consumer-Marke.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lenovo-Geschäftsführer Bernhard Fauser

(Bild: Lenovo)

Lieber Lenovo-Geschäftsführer Bernhard Fauser,

auch interessant: Während der eine PC-Hersteller (Acer) wegen schlechter Geschäfte allein in seiner EMEA-Organisation 300 Mitarbeiter entlassen will, gibt der andere PC-Hersteller, bei dem die Geschäfte prima laufen (Lenovo), richtig viel Geld aus und will den deutschen IT-Vermarkter Medion übernehmen. Kostenbremse hier, Investition dort. So unterschiedlich kann der PC-Markt sein.

Der Grund für die unterschiedlichen Befindlichkeiten liegt auf der Hand: Acer ist traditionell stark im Consumer-Geschäft – der Anteil liegt nach aktuellen Aussagen von Deutschland-Chef Stefan Engel bei rund zwei Drittel vom Umsatz – und tut sich schwer im B2B-Geschäft. Bei Lenovo ist es genau andersherum. Pech für Acer, dass im Consumer-Business gerade tote Hose ist. Und der Hersteller aus Taiwan scheint sich auf eine längere Durststrecke einzurichten, sonst hätte es sicher andere Kostensenkungsmaßnahmen gegeben als Personalabbau, der ja im Übrigen nicht zum Nulltarif zu haben ist (Stichwort: Abfindungen).

Nun zu Lenovo: Die geplante Übernahme von Medion zeigt vor allem zwei Dinge. Erstens das Eingeständnis des Lenovo-Managements, dass man sozusagen aus eigener Kraft im deutschen Consumer-Markt nichts reißen kann. Aber gut, ein strategischer Zukauf ist ja keine Tat, für die man sich schämen muss (das muss man nur, wenn man gar nichts tut). Und zweitens zeigt die Übernahme, wie hoch der Druck aus der Konzernzentrale ist, in diesem Segment endlich mal vorwärts zu kommen. Immerhin 629 Millionen Euro lässt sich Lenovo das deutsche Unternehmen kosten. Viel Geld, das man auch anders hätte investieren können. Aber aus Sicht des Lenovo-Managements anscheinend nicht so gut und zielführend.

Seit ein paar Jahren versucht das Unternehmen aus China, seine PCs den deutschen Konsumenten schmackhaft zu machen. Mit mehr als mäßigem Erfolg. Sagen wir doch wie es ist: Lenovo kriegt in den deutschen Privathaushalten kein Bein auf den Boden. Einer der Gründe: Lenovo ist trotz aller Bemühungen beim Consumer noch immer viel zu unbekannt. Ein Noname halt. Und die chinesische Abstammung macht die Sache auch nicht besser; viele Verbraucher sind hier einfach skeptisch, ob die Qualität auch stimmt. Wir erinnern uns, dass es aus diesem Grund schon vor Jahren Meldungen gab, Lenovo wolle den Consumer-Bereich der damaligen Fujitsu Siemens Computers übernehmen.

Vor diesem Hintergrund war schon allein die Bekanntgabe der Übernahme von Medion ein Erfolg. Denn sogar die Hauptnachrichtensendungen von ARD und ZDF berichteten über den Deal. Viele Zuschauer dürften bei der Headline "Lenovo kauft Medion" im ersten Moment gedacht haben: "Nanu, was will denn ein Waschmittelhersteller mit dem Aldi-Lieferanten?" Doch dann wurde ihnen klar, dass sie die Marke "Lenor" mit Lenovo verwechselt haben.

Aus diesem Grunde ist es auch nicht besonders schwierig, den Sinn der Übernahme aus Lenovo-Sicht zu erkennen. Weil die Chinesen erkannt haben, dass sie noch viel Geduld – und also Geld – investieren müssten, um den Brand "Lenovo" für den deutschen Verbraucher aufzubauen, werden sie in Zukunft für den Consumer-Markt in Deutschland einfach eine zweite Marke haben. Diese ist bekannt, gut eingeführt, steht für ein bestimmtes Image, ist im Vertriebskanal gut vertreten, und Lenovo selbst kriegt keinen Stress mit seinen anderen Vertriebspartnern aus dem Fachhandel. Wie die Marke heißt? Ach so, ganz einfach: Die neue Lenovo-Consumer-Marke in Deutschland wird "Medion" heißen. Stimmt´s oder hab ich Recht?

Beste Grüße!

Damian Sicking

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