TP-Link tritt im Netzwerkmarkt gegen Cisco und HP an

Mit guten Margen und zuverlässigen Produkten für kleine und mittelständische Firmen will der Netzwerkhersteller TP-Link deutsche Fachhändler locken. Doch gerade der IT-Markt für KMU ist hart umkämpft – auch von Branchenriesen wie Cisco und HP.

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Von
  • Matthias Parbel
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Andy Chen, Vertriebsleiter von TP-Link: "Wir wollen Partner durch die Qualität unserer Produkte und unserer Services überzeugen. Zudem bieten wir sehr gute Margen."

(Bild: TP-Link)

Befragt man Hersteller von IT- und Netzwerkprodukten und den Fachhandel, welche Bedeutung kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) als Zielgruppe für sie haben, bekommt man unisono dasselbe zu hören: "wichtig" bis "sehr wichtig" sei dieser Markt. Und die Gründe dafür liegen auf der Hand: KMU sind die mit Abstand größte Gruppe unter den professionellen Kunden. Einer Studie des Marktforschungsunternehmens IDC zufolge zählten 2010 an die 99,8 Prozent aller Firmen in Westeuropa zu dieser Kategorie. Allein in Deutschland gibt es etwa 3,4 Millionen Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern. Daten darüber, wie viel Geld diese Unternehmen für IT-Ausrüstung ausgeben, sind allerdings rar gesät. Microsoft taxierte das weltweite Umsatzvolumen im KMU-Bereich für das zurückliegende Jahr auf etwa 800 Milliarden US-Dollar. Das entspricht etwa 44 Prozent des gesamten Umsatzes mit IT-Systemen und -Services.

Laut Bitkom werden 2011 in Deutschland IT-Ausrüstung und entsprechende Services im Wert von 68,8 Milliarden Euro einen Abnehmer finden. Etwa 44 Prozent dürften auf kleine und mittelständische Unternehmen entfallen.

(Bild: Bitkom)

Legt man diesen Prozentsatz zugrunde, ergibt sich für Deutschland ein Volumen von etwa 30 Milliarden Euro. Denn nach Angaben des High-Tech-Verbandes Bitkom wird der Umsatz mit IT-Produkten 2011 hier zu Lande bei etwa 68,8 Milliarden Euro liegen. Von diesem Kuchen will sich nun der chinesische Netzwerkspezialist TP-Link ein großes Stück sichern. "Wir sind in Asien bereits seit einigen Jahren Marktführer bei Produkten für den Small-Office-/Home-Office-Bereich", verkündet Andy Chen, Vertriebsleiter von TP-Link im Gespräch mit heise resale. "Der KMU-Bereich ist aber in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, und mit Produkten wie LAN-Switches, Wireless-LAN-Geräten und Routern sprechen wir exakt dieses Marktsegment an".

Das Problem dabei: Firmen wie D-Link, Netgear und SMC sind im deutschen KMU-Markt seit Jahren eine feste Größe. Und auch Anbieter wie Buffalo Technology, der taiwanesische Hersteller Edimax sowie die US-Firma Trendnet sind dabei, ihr Partnernetz in Deutschland auszubauen, um genau diese Klientel zu bedienen. Konkurrenz aus dem Enterprise-Umfeld droht zudem von den großen Netzwerk-Anbietern wie Cisco Systems und Hewlett-Packard, die ebenfalls zum Sturm auf kleine und mittelständische Kunden angesetzt haben.

Um den Wettbewerbern Paroli bieten zu können, setzt TP-Link auf eine Doppelstrategie: niedrige Preise bei gleichzeitig guter Produktqualität. Das Image des "Billigheimers", das TP-Link bei Anwendern und Händlern bislang hatte, will Andy Chen jedenfalls loswerden: "Der Preis ist vielleicht der entscheidende Faktor für einen Neukunden. Letztlich zählen jedoch die Zuverlässigkeit der Produkte und die Qualität des Service." Und speziell mit qualitativ hochwertigem Service will TP-Link potenzielle Fachhändler in Deutschland überzeugen. Den First- und Second-Level-Support der Produkte übernehmen deutschsprachige Techniker, ein "simples und effizientes Modell" (Chen) soll den Umtausch defekter Komponenten erleichtern und damit den Reseller entlasten. "Allerdings liegt die RMA-Quote derzeit bei unter einem Prozent. Das spricht für die Qualität unserer Produkte", gibt sich Chen zuversichtlich.

Mit Blick auf die Wettbewerber will sich TP-Link auch in Sachen Garantie deutlich abgrenzen: auf sämtliche Komponenten gewährt der Hersteller grundsätzlich drei Jahre Garantie – bei Business-Produkten wie managebaren LAN-Switches sind es sogar fünf Jahren. Und für seine Channel-Partner hält TP-Link obendrein noch eine attraktive Marge parat, wie Chen betont. "Aus Gesprächen mit unseren Partnern wissen wir, dass unsere Margen im Vergleich zu denen von Mitbewerbern sehr gut sind", ergänzt der Vertriebsleiter. In welcher Höhe sie konkret liegt, wollte er jedoch nicht verraten.

TP-Link konzentriert sich derzeit auf Netzwerkprodukte wie Wireless-LAN-Komponenten, Router und Switches. Storage-Systeme und Media-Player sollen im Lauf des Jahres hinzukommen.

(Bild: TP-Link)

Als Manko beim Versuch den indirekten Vertrieb hierzulande nachhaltig auszubauen, könnte sich zudem erweisen, dass TP-Link noch kein dediziertes Fachhandelsprogramm aufgesetzt hat. Das will Hersteller jedoch spätestens in der zweiten Jahreshälfte nachholen, unterstreicht Chen. Die Produkte sind dennoch bereits breit gestreut über den Großhandel zu beziehen. Unter den insgesamt zehn TP-Link-Distributoren finden sich beispielsweise api, Devil, Ecom, Ingram Micro, Siewert & Kau sowie Wave. Daneben unterhält die chinesische Firma nahe Frankfurt am Main ein eigens Zentrallager für Europa. Der Standort wurde bewusst gewählt, um die Fehler anderer IT-Firmen aus Fernost vermeiden, die häufig Lager in zwar preisgünstigen, aber sehr abgelegen Regionen eingerichtet haben. Kurze Lieferzeiten sind TP-Link wichtiger, erläutert Vertriebsleiter Chen.

Auch wenn die TP-Link-Produkte für Endkunden bereits über zahlreiche Retailer wie Atelco, Euronics, K&M Computer oder Microtrend-Partner sowie eine ganze Reihe von Online-Händlern – darunter Avitos, Alternate, Computeruniverse, Misco und Notebooksbilliger.de – zu haben sind, dürften sich für den qualifizierten Fachhandel dennoch gute Chance im B2B-Umfeld ergeben. Denn der angestrebte Ausbau des Firmenkunden-Geschäfts lässt sich für TP-Link nur über Fachhändler bewerkstelligen, die sich nicht nur als "Kistenschieber" verstehen, sondern ihren Kunden auch ergänzende Beratungsleistungen anbieten können.

Trotz der niedrigen Preise und des nach Chens Aussagen "besten Preis-Leistungsverhältnisses" wird es TP-Link nicht leicht haben, das erklärte Ziel zu erreichen: sich in Deutschland unter den drei führenden Anbietern von Netzwerkausrüstung in den Segmenten Small Office/Home Office (SOHO) sowie KMU zu etablieren. Denn mit HP und Cisco treten zwei Schwergewichte aus dem High-end der Branche auch in diesem Marktsegment als Konkurrenz auf. Cisco hat nach der recht ruppig verlaufenen Integration des KMU-Netzwerkspezialisten Linksys wieder Tritt gefasst. Ende vergangenen Jahres erweiterte der Marktführer seine Palette von Netzwerkprodukten und Services für kleinere Unternehmen, unter anderem um Managed-Switches mit 8 Ports (Cisco 300), IP-Telefone und Videoüberwachungssysteme. Und die Garantieleistungen für die Small-Business-Produktlinie wurden erweitert – beispielsweise um einen 24-Stunden-Austausch-Service.

Mit "My Cisco" hat der Hersteller zudem ein neues Tool für Partner aufgesetzt, das Cisco-Resellern den Zugriff auf Business-Anwendungen und Informationen verschafft. Jeder Partner kann dabei seinen "My Cisco"-Bereich weitgehend nach eigenen Wünschen gestalten. In Sachen Preis kann Cisco jedoch mit TP-Link nicht mithalten: Ein 24-Port-Gigabit-Switch beispielsweise kostet bei Cisco immer noch etwa um die Hälfte mehr als bei dem chinesischen Anbieter.

Die Netzwerksparte von HP baut ebenso wie Cisco ihr Engagement im KMU-Markt weiter aus. Eine eher kosmetische Maßnahme ist in diesem Zusammenhang der Aufbau eines neuen Internet-Portals, des "SMB Central Portal". Es ist mit Konfigurations- und Such-Tools ausgestattet, die Value Added Resellern und Systemhäusern das Suchen und Finden von KMU-Produkten erleichtern soll. HP will darüber Partner auch animieren, nicht nur eine Komponente aus dem Portfolio zu wählen, sondern für ihre Kunden eine komplette Lösung auf Basis von HP-Produkten zusammenzustellen. Das SMB Central Portal liefert aber auch Daten über die Investitionskosten und den ROI (Return on Investment) von HP-Komponenten. Mit diesem Zahlenwerk im Gepäck sollen Reseller ihren Kunden die HP-Lösung leichter schmackhaft machen können. Immerhin 16.000 der weltweit 25.000 Partner von HP decken nach Angaben des Herstellers den KMU-Bereich ab und werden von den neuen Tools profitieren.

Für TP-Link und seine Reseller bedeutet dies, dass zumindest mittelfristig wohl doch eher die Argumentation über das Preis-Leistungs-Verhältnis im Vordergrund stehen dürfte. Ein aktueller Preischeck bei nicht managebaren 24-Port-LAN-Switches mit 10/100/1000 MBit/s weist TP-Link als einen der derzeit günstigsten Anbieter in Deutschland aus – nicht nur im Vergleich zu Cisco, sondern auch zu HP, Netgear und D-Link. Ähnlich ist die Situation bei WLAN-Produkten. Bei Speichersystemen wie Network-Attached-Storage (NAS) hingegen kann TP-Link noch nichts vorweisen. Das soll sich jedoch im Jahresverlauf ändern: "Wir werden zwei NAS-Geräte vorstellen", kündigt Vertriebsleiter Chen an. Dann könnte TP-Link auch für Fachhändler interessant werden, die ihren Kunden komplette Lösungen von der Netzwerkkarte über Switches und WLAN-Systeme bis hin zum Storage aus einer Hand anbieten wollen. (map)
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