Tarox: A-Brands können Kundenwünsche nur bedingt erfüllen

B-Brand klingt nach zweiter Wahl. Tarox – Hersteller und Distributor zugleich – mit einem Fokus auf B2B und individuelle Lösungen agiert jenseits der A-Brands dennoch erfolgreich. Angepeilte Umsatzmarke in diesem Jahr: 120 Millionen Euro.

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Von
  • Matthias Parbel
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"Anders als im PC-Geschäft werden Spezialanforderungen künftig verstärkt nachgefragt", Jörg Hasselbach, Einkaufsleiter Tarox

(Bild: Tarox)

"So ein B-Brand ist nicht schlecht, steht aber immer in der zweiten Reihe im Regal." Für den Verkäufer eines Münchner PC-Shops führt daran kein Weg vorbei: "Wir müssen die A-Brands verkaufen, haben Druck von den Lieferanten." Damit das Geschäft läuft, wird vor allem im Consumer-Markt über den Preis verkauft. Und damit schwinden auch die preislichen Unterschiede zwischen A-Brand und B-Brand. Trotzdem läuft der Abverkauf im Privatkundengeschäft unrund.

Anders der Markt im Business-to-Business. Besonders beim Vertrieb über Systemhäuser. Exakt dort sehen viele der sogenannten B-Brand-Hersteller ihre Chance – speziell etablierte Anbieter wie beispielsweise Bluechip, Lynx, Wortmann oder auch Tarox. Denn sie profitieren davon, dass sie flexibel und schnell auf die sich ändernden Anforderungen im Markt reagieren können. Zudem sind B2B-orientierte Unternehmen weniger vom Consumer-Geschäft abhängig. Bei ihnen dominiert die SMB-Kundschaft, die ganz individuelle Anforderungen an Rechnersysteme stellt.

"Der Kunde braucht heute immer detailliertere Lösungen. Diese Anforderung kann ein A-Brand nur bedingt erfüllen, auch wenn gewisse Konfigurationen möglich sind", behauptet Jörg Hasselbach und ergänzt: "Wir hingegen konzentrieren uns ganz auf die Belange der Kunden und bauen individuell zugeschnittene Server, Workstations oder auch Desktop-PCs". Der Einkaufsleiter bei Tarox in Lünen ist "heilfroh, dass wir nicht im Consumer-Geschäft sind". Denn da werde nur über den Preis Ware bewegt.

Mit etwa 5.000 ständig kaufenden Kunden bedient das Unternehmen überwiegend Systemhäuser und deren mittelständische Kunden. Aus diesem Grund liege der Geschäftsschwerpunkt bei Tarox klar im B2B. Die Eigenmarkenfertigung macht etwa 40 Prozent des Gesamtumsatzes aus, bei einer deutlich besseren Umsatzrendite als beim umsatzstärkeren Distributionsgeschäft. Im laufenden Jahr peilt Tarox einen Gesamterlös von schätzungsweise 120 Millionen Euro an. Allerdings würden die Kunden auch hohe Ansprüche an die Dienstleistungen und Services stellen, räumt Hasselbach ein. "So verfügen wir unter anderem über eine eigene Consultingabteilung, die kundenspezifische Lösungen erarbeitet. Uns geht es nicht darum ein Stück Hardware zu vermarkten, sondern um ausgefeilte Server- und Storage-Lösungen."

Die Existenzberechtigung für B-Brands sieht der Einkaufsleiter vor allem dann erfüllt, wenn Leistungen wie Consulting, Technikerunterstützung bei Projekten der Systemhauskunden, Evaluierung und nicht zuletzt Produktfertigung im eigenen Haus gewährleistet seien. "Das unterscheidet uns ganz wesentlich von den A-Brands, die meistens nur gewisse Konfigurationen ermöglichen." Dabei ist es Hasselbach nicht bange davor, dass das Geschäft weniger werden könnte. "Die Kundenanfragen nach individuellen Lösungen steigen, es wird immer gezielter danach gefragt. Und im Gegensatz zum normalen PC-Geschäft, werden Spezialanforderungen in den kommenden Jahren zulegen."

Mit Eigenmarkenfertigung, BtO und als Spezialdistributor erwirtschaftet Tarox in diesem Jahr etwa 120 Millionen Euro

(Bild: Tarox)

Damit sieht sich das Unternehmen schon mal auf dem richtigen Kurs. Der macht dem Tarox-Management Mut zu der Prognose, den Vorjahresumsatz in Höhe von 97,5 Millionen Euro in diesem Jahr auf etwa 120 Millionen steigern zu können. Und fürs kommende Geschäftsjahr wird ein weiteres Plus erwartet. "Es gibt noch genügend Themen zu besetzen, mit denen wir unsere Absatzchancen verbessern können." Dazu gehört zweifellos auch der Ausbau des Kundenstammes. "Nicht jeder potenzielle Kunde kennt uns und weiß, dass wir neben der Fertigung als Spezialdistributor tätig sind. Außerdem bieten wir jährlich 80 bis 100 Schulungen an." So zählt Tarox hierzulande beispielsweise zu den Vertriebs- und Trainingspartnern von Stratus, für die Hochverfügbarkeits-Software Stratus Avance.

Ein Teil der etwa 150 Mitarbeiter bei Tarox sind in der Distribution beschäftigt. Dabei versteht sich das Unternehmen als Spezialdistributor, der "überhaupt nicht mit den Broadlinern konkurriert, denn das ist nicht unsere Welt". Ebenso sei Hasselbach froh darüber, dass "wir nicht im Komponentengeschäft so aktiv sind, wie einige andere Distributoren". Denn bei denen werde "um jeden Cent gefeilscht". Stattdessen fokussiert sich bei Tarox auch der Großhandelsbereich auf Mehrwertthemen. Damit ziele der Grossist auf jene B2B-Kunden im SMB-Bereich, die Broadliner "nur bedingt erreichen können". Zudem werde der Distributor für Hersteller interessant, die beispielsweise Security-Lösungen anbieten. Aber auch andere Produzenten wie beispielsweise Asus im Display-Bereich oder Brother bei Druckern bauen ebenso auf Tarox wie Western Digital und TP-Link. Für die Zukunft erwartet der Einkaufsleiter noch einige neue Verträge, denn die Value Added Distribution soll weiter ausgebaut werden.

Ebenso das Dienstleistungs- und Services-Angebot: "Mit uns können die Kunden alle Fulfillment-Themen abwickeln." Dazu würden auch Ausschreibungen gehören. Zusammen mit Projektunterstützung bis hin zu Installationen vor Ort mit dem jeweiligen Systemhaus, "sind wir in der Lage, allen Anforderungen nachzukommen". Das könne kein klassischer Distributor, setzt Hasselbach nach.

Vor Ort ist Tarox seit Oktober auch in Braunschweig präsent. Dort hat der Anbieter für IT-Infrastruktur eine Niederlassung eröffnet – und damit die zweite nach Dresden. Niederlassungsleiter Gerald Stingl soll vor allem den weiteren Ausbau in Richtung der großen Einkaufsverbände vorantreiben. Aus diesem Grund liege der Schwerpunkt der Braunschweiger Außenstelle in der Distribution. Vertriebsleiter Christos Golias sieht in der "langjährigen Branchenerfahrung, das Engagement unseres neuen Teams sowie das mehrfach prämierte Tarox Know-how eine erfolgversprechende Kombination, von dem alle Partner profitieren werden".

Bei der Entscheidung für Braunschweig bewegt sich Tarox auf einer Linie, die bei vielen Distributoren mittelweile zu beobachten ist: Nicht der Mitarbeiter geht in die Zentrale, sondern das Unternehmen kommt zu den neuen Mitarbeitern. Mithin eine pragmatische Entscheidung, wie Hasselbach bestätigt. "Im Fall Braunschweig haben wir es mit einem Standort zu tun, der bereits von einigen Wettbewerbern mit Niederlassungen und Logistikzentren besetzt ist. Außerdem ist dort der Firmensitz von Devil. Und früher der Standort von Frank + Walter. Da gibt es genügend gute Spezialisten für die Distribution." Die gibt es natürlich auch an anderen Standorten in Deutschland. Doch Hasselbach winkt bei der Frage nach weiteren Niederlassungen ab. Jetzt gelte es erst einmal die vorhandenen Außenstellen auszubauen. (map)
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