"The Next Cisco" wirbt um Unterstützung durch Channel-Partner

Nach einer Phase der Neuorientierung geht Cisco nun wieder in die Offensive und gibt dabei mehr regionale Verantwortung an Partner ab. Fokus auf das Kerngeschäft, Kampagnen-orientiertes Vorgehen und der Ausbau der Cloud-Aktivitäten stehen auf der Agenda.

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Von
  • Matthias Parbel

Wie das Briefing Center in Frankfurt zählt auch der Cisco Innovations Bus zu den Partner-Marketingangeboten für die gezielte Kundenansprache

(Bild: Cisco)

Als Anbieter von Rechenzentrumsinfrastruktur hat sich Cisco nach Angaben der Marktforscher von Canalys im dritten Quartal 2011 weltweit an die Spitze der Branche geschoben, vor Hewlett-Packard. Im Zuge der von CEO John Chambers Anfang des Jahres angekündigten "harten Entscheidungen" hat sich die Trennung von Randbereichen und die Refokussierung des Netzwerkausrüsters auf das Kerngeschäft mit Routern und Switches (Geschäftsbereich Borderless Networks) damit offensichtlich schon ausgezahlt. Denn dass Cisco dieses angestammte Geschäft zuletzt vernachlässigt hatte und sogar Marktanteile an einen "Druckerhersteller" abgeben musste, räumte auch Christian Korff, Director Borderless Networks Europe, gegenüber deutschen Top-Partnern ein, die der Hersteller Mitte November zu einem exklusiven Treffen nach Hamburg geladen hatte. Man wolle sich nicht länger "die Butter vom Brot nehmen lassen", betonte Korff.

Der Cisco-Manager kündigte zudem an, die eigenen Mitarbeiter wieder gezielter auf die Kerntechnologien des Unternehmens zu trainieren. Damit reagiert der Konzern auch konkret auf Kritik aus den Reihen der Channel-Partner, die zuletzt entsprechendes Know-how seitens der Cisco Account Manager vermissten. Europaweit sollen bis zu 2500 Cisco-Mitarbeiter geschult werden – mit den gleichen Trainingseinheiten, die auch Partnern offenstehen. Denn das hiesige Cisco-Management rund um Deutschlandchef Carlo Wolf hat sich zum Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit mit dem Channel insgesamt deutlich zu intensivieren. Die Umsetzung dieser Aufgabe fällt Carsten Heidbrink zu, der zur Jahresmitte als Direktor die Leitung des Partnergeschäftes hierzulande übernommen hatte.

Heidbrink definiert dazu eine Reihe von Bereichen, in denen konkrete Verbesserungen im Verhältnis von Hersteller zu seinen Vertriebspartnern erreicht werden sollen. Unter dem Stichwort "Partner Led" will Cisco beispielsweise mehr regionale Verantwortung an seine Partner übertragen, wenn es an die Gewinnung und Umsetzung neuer Projekte geht. Das Geschäft soll künftig stärker Kampagnen-getrieben ausgelegt sein. Dabei baut Heidbrink auch auf die gezielte Unterstützung der Distribution. Die gibt sich vorläufig allerdings noch abwartend. Hat der Hersteller den Grossisten zuletzt doch erst einmal einige "Zuschüsse" gekappt, wie Dirk Obendorf, Business Unit Manager Cisco bei Tech Datas VAD-Sparte Azlan, gegenüber heise resale durchblicken lässt.

Die Profitabilität und die Qualität des gemeinsamen Geschäftes sind unterdessen ein weiteres wichtiges Anliegen von Channel-Chef Heidbrink. So habe Cisco in Sachen Kickbacks und Co-Marketing-Funds die finanzielle Unterstützung der Partner bereits erfolgreich angehoben. Mit "TIP" soll nun die Marge der Top-Partner noch zusätzlich aufgebessert werden. Speziell im Segment von Projekten jenseits der 250.000-Euro-Marke, bei denen Cisco typischerweise selbst direkt aktiv wird – beziehungsweise dem Kunden die Wahl überlässt (Customer Led) – sollen Partner künftig im Zuge einer gemeinsamen Planung vermehrt frühzeitig eingebunden werden. TIP-Partner erhalten dann für ihr Pre-Sales-Investment einen zusätzlichen Discount.

Aussichtsreiche Geschäftschancen sieht Heidbrink unterdessen im Bereich der klassischen Netzwerkinfrastruktur-Architekturen – vor allem im Hinblick auf Themen wie Virtual Desktop Infrastructure (VDI) oder auch "Workplace of the Future". Hier könne Cisco nicht nur mit den Blade-Servern der UCS-Serie punkten, sondern auch mit den Nexus-Switches, die umfassende Virtualisierungsfunktionen mitbringen und per "Universal Port" flexibel für Ethernet sowie Fibre Channel genutzt werden können. Da Cisco im Unterschied zu anderen Blade-Server-Anbietern bei UCS auf die komplette Integration der Switch-Plattform verzichte, erziele der Hersteller das beste Verhältnis von Leistung zu Kosten, wie Patrick Schmidt, Director Sales DACH für Datacenter & Virtualization bei Cisco, unterstreicht.

Rund 1,6 Milliarden Euro sollen 2012 hierzulande mit Cloud-Services wie SaaS, PaaS oder IaaS umgesetzt werden.

(Bild: Bitkom/Experton)

Einen noch weitgehend unerschlossenen insgesamt rund 3,1 Milliarden Euro (Bitkom/Experton-Prognose für 2012) schweren Markt wittert Cisco aber bei Cloud-Lösungen für das B2B-Umfeld – denn keine Cloud komme ohne ein Netzwerk aus. Für Partner sieht Heidbrink hier grundsätzlich 3 Varianten des Engagements: als sogenannter Cloud Builder, Cloud Provider oder aber als Reseller von Cloud-Services. Prinzipiell ist mit dem Einstieg ins Cloud-Business für Channel-Partner ein Wandel des Geschäftsmodells verbunden: weg vom Projektgeschäft hin zu wiederkehrenden Umsätzen. Ausgefeilte Vergütungsmodelle für Partner fehlen unterdessen noch, wie auch Channel-Chef Heidbrink einräumen muss. Cisco habe dahingehend aber bereits einen entscheidenden Schritt unternommen und Provisionen für die von Partnern vertriebenen Services eingeführt.

Befürchtungen, die "Cloud" könne ihr angestammtes Geschäft gefährden, sind zumindest unter den Top-Partnern von Cisco nicht auszumachen. Im Gegenteil: Systemintegratoren wie beispielsweise Computacenter sehen sich sogar als Vorreiter in Sachen Cloud Computing. So verdankt Cisco diesem Top-Partner auch einen der ersten Cloud-Referenzkunden hierzulande – die koelnmesse nutzt eine Flexpod-Infrastruktur von NetApp und Cisco. Aber auch in Kooperation mit VCE – einem Joint-Venture-Unternehmen von VMware, Cisco und EMC – konnte Computacenter bereits erfolgreich andere Projekte umsetzen, ließ Henning Rahe, Director Business Line Management bei Computacenter, im Gespräch mit heise resale durchblicken.

Thomas Mierschke, Ciscos Vertriebsdirektor für den Mittelstand ("Commercial"), hat sich zum Ziel gesetzt, praktikable Verkaufskonzepte für Cloud-Lösungen und Managed Services gemeinsam mit Partnern weiterzuentwickeln. Dabei hofft der Cisco-Manager auch auf die Unterstützung und das Know-how von Partnern wie beispielsweise Computacenter, die Mierschke gerne auch für das Geschäft mit "kleineren" Kunden gewinnen möchte. Der Systemintegrator konzentriert sich hierzulande indessen auf die gut 800 Kunden mit den größten IT-Budgets, wie Rahe betont. Überschneidungen in der Kundenzielgruppe sieht er daher eher mit den rund 400 Accounts, deren Betreuung Cisco-Vertriebsdirektor Martin Wiegmann im Geschäftsbereich "Major Enterprise" übernommen neu hat.

Für die Partner im SMB-Umfeld hat der Hersteller derweil eine neue Kampagne aufgelegt unter dem Motto "Mit Cisco in die 1. Liga". Trainings und Unterstützung durch Support sowie geeignetes Marketingmaterial sollen die Partner an höhere Aufgaben heranführen. Mittelstandschef Mierschke zielt mit diesen Maßnahmen darauf ab, "gerade jenen Partnern, die sich bisher in der Welt von Cisco Small Business zu Hause fühlen, dabei zu helfen, auch Kunden mit höheren Anforderungen an die Netzwerkinfrastruktur zu bedienen." (map)
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