"Unser Streben ist es, das Geschäftsmodell unserer Fachhandelspartner permanent lukrativ anzureichern"

Die Nähe zum Kunden ist ein ganz wesentliches Asset des stationären Fachhandels. Aber nur auf Anfragen und den Bedarf des Kunden zu reagieren, reicht nicht. Ganzheitliche Betreuung ist gefragt, wie sie Fujitsu durch Delegation des Service ermöglicht.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Matthias Parbel

Jörg Brünig, Senior Director Channel Germany, Fujitsu Technology Solutions

(Bild: Fujitsu)

Lieber Herr Sicking,

ich warte jeden Montag mit Spannung auf Ihre Kolumne – es macht einfach Spaß sie zu lesen und auch, wie anlässlich der Cebit 2012 – mit Ihnen zu diskutieren. Ich weiß, dass Sie, wie auch ich, das offene, sehr klare Wort schätzen. Auf keinen Fall, um zu verletzten, sondern um die Themen auf den Punkt zu bringen. Vor diesem Hintergrund ist es mir eine Freude Ihnen zu antworten!

Der stationäre Fachhandel lebt, wie jedes Geschäftsmodell, von den Menschen, die das Geschäft gestalten – sowohl auf der Fachhändlerseite, als auch bei seinen Kunden. Der ganz große Vorteil des stationären Fachhandels ist die regionale Nähe zu seinen Kunden – seien es private oder Unternehmenskunden. Alle Kunden freuen sich neben der selbstverständlichen fachkompetenten Beratung über einen freundlichen Service und eine ansprechende Ladengestaltung – ein Geschäft also, dass man sehr gerne betritt, weil man sich einfach wohlfühlt. Die ehemaligen Inhaber des stationären Fachhandels, dessen "Aussterben" Sie beklagen, sind größtenteils eher technikverliebt von ihrem Naturell, die eher Bedarfe und Anfragen ihrer Kunden bedient haben, aber nicht in der Lage waren, ein Geschäftsmodell und einen entsprechenden Auftritt für sich mit der entsprechenden Nachhaltigkeit aufzubauen und dies dann auch permanent weiter zu entwickeln.

Wenn wir ehrlich miteinander umgehen – diesen Läden haftete beim Betreten gelegentlich eher der Charme eines Computer-Flohmarkes – vielleicht sogar gelegentlich der eines Elektronik-Messis an. In solche Läden geht man nur rein – wenn man muss! Das wollten viele Fachhändler über Jahre nicht verstehen. Die Tante-Emma-Läden haben sich in Genossenschaften und Kooperationen, wie Edeka und Rewe, wieder gefunden. Wie man einen Laden gestaltet, dafür geben Kooperationen und Franchise-Unternehmen Beispiele. Das ist sicherlich auch ein Weg, der für den regionalen Fachhandel gangbar wäre. Aber auch wir von Fujitsu haben hier einige attraktive Modelle, z.B. helfen wir unseren Fachhändlern durch entsprechende POS-Ausstattungen und Demo-Center vor Ort – und dies seit vielen Jahren.

Andererseits ist es leider auch so, dass sich der regionale Fachhandel natürlich mit permanent schrumpfenden Margen konfrontiert sieht. Mir hat gestern erst ein E-Tailer!!! bei meinem Besuch drastisch dargestellt, warum er derzeit in andere Produktsegmente investiert. O-Ton: "Ich verdiene an dem Gardena-Spaten wesentlich mehr absolute €-Marge als an einem Notebook – egal welcher Marke – bei einem Zehntel des UVP!" Vor diesem Hintergrund fehlt natürlich das Geld zur Umgestaltung des Geschäftsmodells bzw. des Ladens.

Der von Ihnen angesprochene Fachhändler sah und sieht sich aufgrund seiner Regionalität, insbesondere aber auch aufgrund seiner hohen technischen Affinität, aber seiner eher gering ausgeprägten vertrieblichen Kompetenz dazu gezwungen, den Bedarf seiner (permanent schrumpfenden) Stammkunden gesamtheitlich zu bedienen. Da ist Fokussierung im Geschäftsmodel schwierig. Ohne Fokus steigt die Komplexität einhergehend mit überproportional wachsenden Kosten. Jeder Hersteller (Lieferant) verlangt entsprechende Zertifizierungen. Zu jedem Lieferanten müssen Netzwerke ggf. sogar überregional aufgebaut werden – das überfordert den kleinen Fachhändler um die Ecke und er kann das realistisch auch gar nicht leisten.

Wir sehen aber in der Nähe zum Kunden ein ganz wesentliches Asset des kleinen Fachhandels. Der Fachhändler kann durch seine starke regionale Einbindung auf der starken Vertrauensbasis bei seinen Kunden aufbauen. Vor diesem Hintergrund ist es unser Streben, das Geschäftsmodell unserer Fachhandelspartner permanent mit für ihn lukrativen Geschäftsmodellen anzureichern, die seine Kundenbindung zusätzlich erhöhen. Ein herauszuhebendes Beispiele aus den letzten Jahren ist die Möglichkeit für unsere Partner, den Garantie-Service ihrer Kunden selbst zu erbringen. Sich dadurch optimal bei ihren Kunden zu positionieren und zeitgleich noch Geld damit zu verdienen. Wir haben aktuell über 1.500 Servicepoints in Deutschland – mehr als jeder Automobilhersteller in Deutschland. Kein anderer A-Brand-Hersteller verfolgt diese Strategie!

Ein weiteres Beispiel ist das Vermarktungskonzept für Cloud-Services von Fujitsu, das komplett und durchgängig auf die Vermarktung über Partner ausgerichtet ist. Der Partner ist der Vertragspartner gegenüber dem Endkunden. Wir sichern lediglich den Partner vertraglich ab und bieten die Architektur dafür. Das Rechenzentrum steht dabei in Deutschland. Wir unterliegen nicht dem Patriot Act. Durch die Anreicherung der Geschäftsmodelle für unsere Partner konnten wir in der letzten Dekade eine nennenswerte Anzahl von Channel-Playern von einem sehr niedrigen 1-stelligen bis zu einem 3-stelligen Millionen Euro Umsatz entwickeln – z.T. verkaufen diese Partner nur Produkte von Fujitsu. Um diesen Weg gemeinsam zu gehen, bedarf es eines hohen Vertrauens, das sich nur über eine sehr langfristig angelegte kontinuierliche Zusammenarbeit erreichen lässt.

Ach ja …. Vertrauen, Kontinuität … das führt uns zum aktuell zentralen Problem des Fachhandels. Als ich 1985 meine erste HDD mit 210 MByte verkauft habe zu einem Preis von 104.000 DM entsprach die Marge meinem Jahresgehalt, das glücklicherweise nicht zu niedrig war. Heute steht der Fachhandel vor dem Problem, dass nicht nur die klassischen Hardware-Margen immer niedriger werden, sondern vor allem auch die Gehälter, die der Fachhandel zahlen kann. Hinzu kommt der aktuelle Ingenieur- und Informatikermangel, so dass Wachstum für den Fachhändler schwer zu realisieren ist. Also … wer arbeitet schon gerne unter schlechten Arbeitsbedingungen bei geringem Gehalt, wenn zusätzlich beim Fachhändler die interessanten Projekte und Weiterbildungsmöglichkeiten fehlen. Daran scheitern übrigens auch die Planungen für die ggf. notwendigen Unternehmensübergaben! Aber das ist ein anderes Thema.

Kunden- und Lieferantennähe sichern den Unternehmenserfolg sehr langfristig. Technologie kann kurzfristig erhöhte Deckungsbeiträge liefern, aber Technologie trägt immer den Service und liefert den notwendigen Beitrag zur Gesamtlösung für den Kunden.

Sie sehen Herr Sicking, das Thema Fachhandelssterben ist sehr vielschichtig und nicht in einem Blog zu beantworten!

Zukunft gemeinsam gestalten, ist unser Kredo seit vielen Jahren bei der Zusammenarbeit mit unseren Fachhändler. Unter diesem Motto laufen auch wieder die Partnertage 2012 von April bis Mai. Ich würde mich sehr freuen Sie an einem der 5 Veranstaltungsorte begrüßen zu dürfen.

Bis dahin verbleibe ich mit freundlichen GrĂĽĂźen,
Ihr
Jörg Brünig (map)