Zweimal fahren, nur einmal abrechnen

Dieses Urteil sorgt für Kopfschütteln bei Betroffenen: Wer aus beruflichen Gründen zweimal täglich ins Büro muss, darf die Entfernungspauschale trotzdem nur einmal abrechnen.

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Von
  • Marzena Sicking

Fair ist dieses Urteil aus Sicht der Arbeitnehmer sicher nicht: Wer aus beruflichen Gründen mehr als einmal am Tag zwischen Wohnung und Büro pendelt, hat Pech gehabt. Denn er darf die Entfernungspauschale trotzdem nur einmal abrechnen. Weil diese Fälle so selten vorkommen, darf das Finanzamt sie einfach ignorieren – auch wenn es sich unterm Strich um eine Ungleichbehandlung handelt.

Wie das Hessische Finanzgericht entschieden hat (Urteil vom 06.2.2012, Az. 4 K 3301/09) ist ein weiterer Werbungskostenabzug für die zweite Fahrt nicht möglich. Die Entfernungspauschale kann in der Steuererklärung nur einmal angegeben werden.

Geklagt hatte ein Musiker, der über mehrere Jahre hinweg, zweimal täglich zur Arbeit und wieder nach Hause fuhr. Erst musste er zur Probe, dann zur Aufführung, dazwischen langen jeweils mindestens vier Stunden. Also fuhr er zwischendurch nach Hause und gab die Entfernungspauschale für die Fahrten auch zweimal an. Doch das Finanzamt weigerte sich, dies anzuerkennen und berücksichtigte bei seiner Steuerfestsetzung die Entfernungspauschale nur einmal pro Tag.

Zu Recht, wie das Hessische Finanzgericht jetzt befand. Es bestätigte in seinem Urteil allerdings auch, dass hier eine Ungleichbehandlung des Klägers zu anderen Arbeitnehmern vorliege, die trotz geringer Aufwendungen ebenfalls die volle Entfernungspauschale erhalten würden. Auch sei durch die Ungleichbehandlung das sogenannte objektive Nettoprinzip durchbrochen, da der Kläger die nun tatsächlich zweimal pro Tag zurückgelegte Fahrt und die dazugehörigen Kosten nicht zweimal angeben könne. Trotzdem sei dies keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, weil es sich „im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern um einen atypischen Fall handele“. Mit anderen Worten: Das Finanzamt muss die individuelle Situation eines Arbeitnehmers bei der Entfernungspauschale nicht berücksichtigen.

Der Steuerzahler muss also das Interesse der Behörden an einem möglichst einfachen Steuerverfahren mittragen. Die Richter beriefen sich bei ihrem Urteil auch auf die einschlägigen gesetzlichen Regelung in § 9 Einkommensteuergesetz, nach der die Entfernungspauschale nur einmal pro Arbeitstag berücksichtigt wird, innerhalb des ihm zustehenden Typisierungsspielraums. Individuelle Abweichungen und Ausnahmeregelungen sind hier nicht vorgesehen.

Ob der Steuerzahler diese Ungleichbehandlung hinnehmen wird, bleibt abzuwarten: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (masi)