c't Fotografie extra 8/2020
S. 18
Hamburger Kontorhäuser
Aufmacherbild

HAMBURGER ARCHITEKTUR ZWISCHEN KONTORHAUSVIERTEL UND SPEICHERSTADT

In unmittelbarer Nähe der Hamburger Touristen-Magnete Elbphilharmonie, Hafen und Hafencity befinden sich die seit 2015 zum UNESCO Weltkulturerbe ernannte Speicherstadt und das Kontorhausviertel, in denen Hamburgs Tradition als Handels- und Kaufmannsstadt viele Geschichten erzählen kann. Diese Fototour zeigt Ihnen imposante Speicher und klassische Hamburger Architektur des Backsteinexpressionismus und gibt Tipps für interessante Perspektiven und das richtige Licht.

Wir starten unsere Tour direkt im Kontorhausviertel am Messberghof. Wenn Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, fahren Sie einfach bis zur U-Bahn-Station Messberg. Der Ausgang führt Sie direkt an die Südseite des wohl bekanntesten und markantesten Gebäudes unserer Tour: zum Chilehaus.

DAS KONTORHAUSVIERTEL

Auf der Fläche des heutigen Kontorhausviertels befand sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Hamburger Altstadt mit dem dicht bevölkerten Gängeviertel. Was sich nach romantischem Wohnquartier anhört, war früher ein Elendsviertel, in dem Arbeiter und einfache Leute eng zusammengepfercht unter schlechtesten hygienischen Verhältnissen ohne Kanalisation und Filteranlagen für Trinkwasser lebten. Unter solchen Voraussetzungen konnte hier 1892 die Cholera-Epidemie ausbrechen, die tausende Hamburger das Leben kostete.

Als Folge wurden für Hamburg nicht nur Trinkwasserfilteranlagen geplant, sondern auch eine komplette Umgestaltung der Hamburger Altstadt in ein Kontorhausviertel realisiert, das für Handelsfirmen insbesondere wegen der direkten Nachbarschaft zur Speicherstadt interessant war.

Obwohl anfangs eine gemischte Bebauung von Wohn- und Büroflächen vorgesehen war, entwickelten sich die Planungen, die von Hamburgs Oberbaudirektor Fritz Schumann in den 1920er-Jahren maßgeblich vorangetrieben wurden, zu einem reinen Kontorhausviertel.

Wandern Sie zunächst zwischen Chilehaus, Messberghof und Sprinkenhof umher und lassen Sie den Blick nach oben schweifen. Neben der imposanten Architektur und der geraden Linienführung werden Ihnen schnell viele Details der Fassade ins Auge fallen.

BACKSTEINARCHITEKTURDie Hamburger Backsteinarchitektur besteht mitnichten nur aus schlichten Fassaden. Richten Sie Ihre Kamera auf die Details und Sie finden aufwändige Klinkermuster, schmucke Gewölbedecken, Terrakotta- und Keramik-Elemente sowie viele andere fotogene Ecken.

Zunächst wirken die Gebäude sehr gradlinig und schlicht, erst auf den zweiten Blick erkennt man verspielte Details aus Klinkersteinen und Keramik, die typisch für den Backsteinexpressionismus sind und die großflächige Symmetrie sogar noch unterstreichen. Als Klinkermaterial ist von den Planern durchweg Backstein mit stark reflektierender Oberfläche gewählt worden. Gerade morgens oder nachmittags bei tief stehender Sonne erkennt man den beabsichtigten Effekt am besten: Die Lichtreflexe auf den Steinen durchbrechen die lange Gebäudefront und lassen die geschwungenen Gebäudeformen sehr plastisch wirken.

GEBÄUDENAMEN Repräsentativ, aber nicht protzig – mit typischer hanseatischer Zurückhaltung geben die Messing-Lettern den Gebäuden Namen und Orientierung.

Trotzdem sollte Ihr erster Besuch des Kontorhausviertels in der bei Architekturaufnahmen bevorzugten Mittagszeit liegen. Einerseits arbeitet das harte Licht der senkrecht stehenden Sonne sowohl große Gebäudekontraste als auch Details bestens heraus, andererseits liegen die hohen Gebäude sehr eng zusammen und beschatten insbesondere das Chilehaus gegen Nachmittag immer stärker.