c't 9/2018
S. 36
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Bild: Festo

Transformer in echt

Bionischer Spinnenroboter kann krabbeln und rollen

Ein Spinnenroboter von Festo krabbelt umher, kann aber ähnlich der Radlerspinne in der Sahara auch rollen. Zu sehen auf der Hannover Messe: In der Bionik kopieren Konstrukteure besondere Eigenschaften aus der Natur.

Mit einer Roboterspinne macht Festo 2018 auf der Hannover Messe auf sich aufmerksam. Der Automatisierer entwickelt zumeist Industrieprojekte, baut Einzelkomponenten oder ganze Produktionsstraßen und überwacht deren Wartungszustand. Und immer wieder zeigen die Tüftler bionische Roboterkonzepte, wie zum Beispiel den achtbeinigen Krabbler, der sich zu einem Roller mit zwei Rädern transformieren kann.

Auf den Sandebenen und an Abhängen der Sahara bewegt sich die Radlerspinne in einer Art Flugrolle fort, um auf der Flucht schneller davonzukommen. Bilder: Festo

Der sogenannte Bionic Wheelbot krabbelt, hat aber auch die schnelle Flickflacktechnik der Radlerspinne perfektioniert. Diese Spinnenart ist erst 2008 von Bionik-Professor Dr.-Ing. Ingo Rechenberg, TU Berlin, in der Sahara entdeckt worden. Ihr besonderes Merkmal: Auf der Flucht hastet sie mit einer kombinierten Flug- und Bodenrolle besonders schnell davon, etwa doppelt so schnell wie im normalen Krabbellauf.

Gemeinsam mit dem Bionik-Team von Festo hat Prof. Rechenberg schließlich Kinematik und Antriebskonzept für eine Roboterspinne entwickelt. Um ins Rollen zu kommen, formt der Wheelbot links und rechts jeweils drei Beine zu einem Rad. Ein viertes Beinpaar fährt dann aus, um den zusammengekugelten Bot am Boden abzustoßen.

Der Vorteil des Rollens liegt in der besseren Nutzung ebenen Geländes. Während der Wheelbot in unwegsamem Terrain besser krabbeln kann, ist ihm im Rollmodus auf ebener Strecke eine wesentlich höhere Geschwindigkeit möglich, ganz wie beim biologischen Vorbild. Und ähnlich wie dieses ist der Roboter sogar in der Lage, bis zu einer Steigung von fünf Grad aufwärts zu rollen.

Der Begriff Bionik ist ein Kunstwort aus „Biologie“ und „Technik“; er umfasst Erfindungen und Innovationen, die von Vorbildern aus der Natur inspiriert sind. Marktreife Bionik-Entwicklungen werden zur Hannover Messe im Bereich Research & Technology präsentiert.

In diese Kategorie zählt auch der Bionic Workplace von Festo, ein Arbeitsplatzkonzept mit zuarbeitendem Roboterarm und weiteren Assistenzsystemen. Der Mensch kann den sogenannten Cobot direkt über Bewegungen und Berührungen steuern oder per Sprache. Mit künstlicher Intelligenz soll der Bionic Workplace die geforderten Prozesse lernen, sich beständig optimieren und vorausschauend an seinen menschlichen Kollegen anpassen.

Flughund-Robot in der Luft

Ein weiterer Prototyp von Festo ist der Bionic Flying Fox. Dieser Roboter ahmt Bewegungen der Flughunde nach und kann trotz einer Spannweite von 2,28 Metern enge Kurven fliegen. Möglich macht das eine Kinematik nach dem Scherenprinzip: Die Handschwinge klappt beim Aufschwung ein und breitet sich zum kraftvollen Abschwung wieder aus. Damit sich der leichte Flieger überhaupt teilautonom bewegen kann, beschränkt er sich auf einen definierten Luftraum, in dem ein Motion-Tracking-System mit Kameras permanent seine Position erfasst. Ein Rechner am Boden berechnet die Flugbahn und funkt dem Roboter die nötigen Steuerbefehle.

Die Roboterspinne bewegt sich dagegen räumlich autonom und behält den Überblick. Selbst wenn der Bionic Wheelbot mit seinem gesamten Körper Überschläge macht, weiß er dank eines integrierten Inertialsensors immer, in welcher Lage er sich befindet und wann er sich erneut am Boden abstoßen kann.

Der Raddurchmesser, den der Wheelbot mit den Beinen bildet, beträgt 267 Millimeter. Die acht Beine werden von 15 Motoren angetrieben, die in den Kniegelenken und im Körper sitzen. Mit 14 selbsthemmenden Schneckenantrieben muss die Spinne nur für das Bewegen ihrer Beine Energie aufwenden  nicht aber, um wartend den Körper aufrecht zu halten. (agr@ct.de)