c't 8/2021
S. 54
Titel
Low Code: Martkübersicht
Bild: Rudolf A. Blaha

Klick, klick – Programm

Low Code und No Code: Möglichkeiten und Grenzen

Die Fachabteilung wird von der IT unabhängiger und Entwickler kommen schneller und komfortabler zum Ziel: Das sind die Versprechen von Low Code und No Code. Aber unter welchen Umständen werden sie eingelöst, welche Vor- und Nachteile hat der Ansatz und wie finden Sie einen Anbieter, der Ihre Anforderungen am besten erfüllt? Eine Einordnung.

Von Jo Bager

Die Begriffe „Low Code“ und „No Code“ haben Konjunktur. Es ist sicher kein Zufall, dass alle großen Softwarekonzerne einschlägige Lösungen im Sortiment führen: Googles Low-Code-­Plattform heißt AppSheet, Microsoft vermarktet Power Platform, eine ganze Suite an einschlägigen Diensten. Amazon hat erst kürzlich seinen Dienst Honeycode.aws vorgestellt und auch die mit Version 12 vorgestellten Widgets für Apples Mobilsystem iOS lassen sich dem Begriff Low Code zuordnen.

Neben den Diensten der IT-Riesen gibt es buchstäblich hunderte Produkte, die alle unter der Flagge Low Code segeln – oder sogar unter der Bezeichnung No Code. Die beiden plakativen Begriffe lassen sich kaum mehr auseinanderhalten. Sie sollen „Einfachheit“ und „Autonomie“ signalisieren, wenn sie an einem Produkt kleben: „Hier ist eine Lösung, mit der Du etwas schnell und einfach erledigen kannst, wofür Du früher einen Programmierer engagieren musstest.“ Wobei oft unter den Teppich fällt, dass die Grenzen dieser Autonomie eng abgesteckt sind: No/Low Code steht in den meisten Fällen eben nicht nur für „Programmieren mit weniger (oder gar keinem) Code“, sondern auch für „Einfaches Automatisieren ganz bestimmter Aufgaben, nicht mehr“.

Dieser Artikel benutzt im Folgenden der Einfachheit halber nur den Begriff Low Code, ordnet ihn ein, gibt einen groben Überblick über den Markt der Plattformbetreiber und beschreibt Vor- und Nachteile, die mit der Nutzung von Low Code verbunden sind. In den Artikeln auf den Seiten 58 und 62 stellen wir zwei Plattformen und Anwendungsszenarien beispielhaft vor: Microsoft Power Automate und Airtable.

Gar nicht so neu

Der Begriff „Low Code Development“ wurde 2014 vom Beratungsunternehmen Forrester Research eingeführt. Sein zugrunde liegendes Prinzip ist fast so alt wie die Softwareentwicklung selbst. So gab es schon in den 80er-Jahren Tools für das „Rapid Application Development“ oder „4GL Tools“ – jeweils mit dem Zweck, Programmierern viele Routineaufgaben bei der Softwareentwicklung abzunehmen.

Low-Code-Lösungen treiben dieses Prinzip auf die Spitze. Forrester Research hat vier sehr allgemeine Kriterien definiert, die für Low-Code-Plattformen typisch sind.

  1. Sie enthalten grafische Werkzeuge, mit denen sich Datenmodelle, Geschäftslogiken und Bedienoberflächen entwerfen lassen.
  2. Sie stellen dem Nutzer sofort einsatzbereite Vorlagen, Widgets, Plug-ins und Komponenten zur Verfügung – etwa, um interne oder externe Webdienste zu integrieren.
  3. Low-Code-Plattformen sind so konzipiert, dass sie den gesamten Lebenszyklus einer Anwendung von der Gestaltung über die Bereitstellung bis zur Wartung unterstützen.
  4. Sie stellen ihre Anwendungen in der Cloud bereit.
Übersichten wie die No Code List informieren über einschlägige Dienste.

Diffuser Oberbegriff

Low-Code-Plattformen lassen sich quer durch alle Branchen und von Unternehmen aller Größen nutzen – vom Maker und Einzelentwickler über kleine und mittlere Unternehmen bis hin zu großen Konzernen. In Bezug auf den Einsatzzweck lassen sich bei Low Code allenfalls Schwerpunkte ausmachen. So gibt es viele Dienste, die Abläufe bei Web-Publishing, App-Entwicklung, Kommunikation, Social Media, Produktivität, Office und Customer Relationship Management vereinfachen sollen.

Eine Abgrenzung kann man aber auch thematisch nicht vornehmen. Low Code lässt sich universell für die Optimierung interner Prozesse nutzen, für die Anbindung von Legacy-Systemen, für die Entwicklung von Prototypen, aber auch für sofort einsetzbare Programme.

Wenn-dann-Automatisierungsdienste wie IFTTT (If This Then That), Zapier und Microsoft Power Automate sind die einfachsten Beispiele für Low-Code-Plattformen. Damit lassen sich schnell und einfach Dienste verknüpfen, um wiederkehrende Aufgaben zu automatisieren: „Wenn ein neuer WordPress-Beitrag verfasst wurde, dann poste dazu einen Link auf Facebook“, „Wenn in diesem Share­point-Verzeichnis eine neue Datei angelegt wird, dann informiere den Empfänger XY per Mail“.

Automatisierungsdienste verfügen über dutzende oder hunderte Konnektoren zu anderen Systemen. Bei Zapier zum Beispiel gibt es Verknüpfungen zu Diensten aus den Bereichen Office (zum Beispiel Excel), Kommunikation (Slack), Entwicklung (GitHub), Produktivität (Asana), Internet of Things (Philips Hue) und viele weitere Kategorien.

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