c't 12/2024
S. 118
Wissen
Europawahl: Gesetzgebungsprozess
Bild: KI Midjourney | Collage c’t

Alle zusammen, jeder für sich

Warum EU-(Digital-)Gesetzgebung so schwierig ist

Die Debatten in Brüssel um Uploadfilter, eIDAS und Chatkontrolle haben IT-Profis und Bürgerrechtlern einige Kopfschmerzen bereitet, weil technische Fakten ignoriert wurden. Das liegt auch am besonderen Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union und einer inoffiziellen Abkürzung.

Von Jan Mahn

Gesetzgebung in einem demokratischen Nationalstaat könnte so einfach sein: Der Vorschlag für ein neues Gesetz wird formuliert, kommt auf die Tagesordnung des Parlaments, wird dort verhandelt, abgestimmt und schließlich vom Staatsoberhaupt unterschrieben und in einem Amtsblatt veröffentlicht. In einem Bundesstaat wie Deutschland ist das schon eine Stufe komplizierter, weil bei manchen Gesetzen der Bundesrat mitreden darf, denn einige Gesetze sind zustimmungsbedürftig (wenn sie Länderinteressen berühren). Bei den meisten Gesetzen (Einspruchsgesetzen) kann der Bundesrat nur Einspruch einlegen und einen Vermittlungsausschuss anrufen, der Bundestag kann den Einspruch aber überstimmen. In Österreich gibt es den Nationalrat und den Bundesrat mit ähnlicher Aufgabenteilung.

Schon in solchen Konstrukten gibt es einige Interessenkonflikte, beispielsweise wenn eine Partei sowohl an der Bundesregierung als auch an Landesregierungen beteiligt ist und ein geplantes Bundesgesetz Landesinteressen zuwiderläuft. Verglichen mit der Gesetzgebung, die in Brüssel und Straßburg auf Ebene der Europäischen Union stattfindet, ist ein zustimmungspflichtiges Bundesgesetz mit Vermittlungsausschuss überschaubar.

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