Make Magazin 6/2018
S. 90
Community-Projekte

Calliope-Christbaumanhänger

Ein – oder besser mehrere – Calliope mini sorgen mit Aluminiumrohren und einer ausgefeilten Programmierung für weihnachtliche Musik im Wohnzimmer.

Die Calliope-Christbaumanhänger machen Musik, indem sie Klöppel gegen Aluminiumrohre schlagen. Jeder Anhänger hat dabei zwei unterschiedlich lange Rohre und kann somit zwei unterschiedliche Töne erzeugen. Durch Variation der Rohrlängen der Anhänger kann die ganze Tonleiter abgedeckt werden. Ein beliebiger Calliope versendet die Tonfolge im Takt der Musik per Bluetooth, die alle anderen empfangen. Nur die Calliopes, die den aktuellen Ton als ihren eigenen erkennen, spielen diesen dann über den Klöppelschlag ab. Je mehr Calliopes beteiligt sind, desto schöner kann die Melodie über den ganzen Weihnachtsbaum verteilt werden.

Wer nicht löten möchte, sollte sich auf die Suche nach einem Servo mit Grove-Stecker begeben.
Als Klöppel nehmen wir eine lange M5-Schraube mit flachem Kopf und verbinden sie mit Schrumpfschlauch am Ruderhorn des Servos.
Die Weihnachtsmusik wird in einem Array gespeichert.

Dieses Projekt richtet sich an Lehrkräfte oder Eltern, die einer Gruppe von Kindern das Programmieren etwas näher bringen möchten. Neben dem Programmieren von Mikrocontroller und Servo gilt es, mit der Laubsäge zu arbeiten und etwas über Musik zu lernen. Beginnend mit einem einfachen Programm werden zunehmend komplexere Funktionen verwendet, von Schleifen bis hin zu Funktionen, was etwas Erfahrung mit der PXT-Blocksprache bedarf. Die Anhänger werden aus 3 mm dickem Sperrholz geschnitten. Wer Zugang zu einem Lasercutter hat, kann die Sterne mit ausschneiden, bei der Arbeit mit einer Laubsäge sollten sie aufgemalt werden. Für Rohre mit 14,8 mm Durchmesser und 1 mm Wandstärke habe ich die Längen für Grundtöne vorberechnet. Mit Hilfe von Apps lassen sich heute aber die richtigen Längen für beliebige Metallrohre leicht ermitteln.

Zuerst wird der Calliope so programmiert, dass beim Drücken eines Knopfes der Klöppel kurz nach vorne und direkt wieder in die Mittelposition schwingt. So kann man probieren, ob der Klöppel die Rohre sauber anschlägt. Damit niemand am Weihnachtsbaum stehen und die Knöpfe im richtigen Takt drücken muss, werden danach die Noten über die Bluetooth-Schnittstelle kabellos übertragen und die Melodie in einem Array gespeichert. Anschließend bauen wir Schritt für Schritt das Programm aus, bis die Calliopes auch die Tonhöhen speichern und damit Halb-, Viertel- und Achtelnoten spielen können sowie die gesendete Melodie mithören und mitspielen, sobald „ihre“ Töne gefragt sind. Etwas Bling-Bling der RGB-LED und der LED-Matrix lassen den Anhänger schließlich schön leuchten. Die ausführliche Anleitung mit allen Programmierbeispielen und Lasercuttervorlagen gibt es online. Dazu gehört auch eine Version für den britischen Calliope-Konkurrenten BBC micro:bit. hch

Low-Tech-Website

Energieeffizienz ist bei Webdesign bisher kein Thema. Das Low Tech Magazine will das ändern und macht die Uptime seines Servers von der Sonne abhängig.

Bei Kühlschränken und Waschmaschinen übertrifft sich die Kennzeichnung der Energieeffizienz mit A, A+ oder A+++ derzeit immer weiter – doch wer weiß schon, wie viel eine Website verbraucht? Das Low-Tech Magazine will mit seinem Relaunch darauf aufmerksam machen. Die neue Version des Internetauftritts ist nur online, wenn die Solarstromversorgung des Servers ausreicht.

Bereits seit 2007 ist das Magazin von Kris De Decker im Netz und soll alte Technik mit aktuellem Wissen verbinden. Die entstehenden Synergieeffekte könnten helfen, die Welt effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Bisher ist die Magazinseite selbst allerdings „konventionell“ gehostet. Die neue, solarbetriebene Version läuft auf dem Einplatinenrechner Olimex Olinuxino mit Armbian Stretch, einem Solarpanel mit 50 Watt und einem Akku. Dessen 24 Wattstunden reichen für 12 bis 24 Stunden Betrieb, wenn die Sonne nicht scheint. Danach geht der Server offline. Aktuelle Zahlen zum Stromverbrauch und dem Akkuladestand gibt es auf einer eigenen Seite.

Prototyp des solarbetriebenen Servers mit Bleibatterie (links) und LiPo-Batterie (rechts im Deckel) Bilder: Kris De Decker
Der Server mit Solarpanel steht in Barcelona.
Kein Logo, keine spezielle Schrift – dafür zeigt die Low-Tech-Webseite unten rechts den Batteriestatus und das aktuelle Wetter an.

Damit will De Decker auf den Energieverbrauch des Internets aufmerksam machen. Der übersteige derzeit das Angebot nachhaltiger Energie aus Sonne und Wind um das Dreifache. Da die durchschnittliche Größe von Websites weiter wächst, sei keine Verbesserung der Situation abzusehen. Zusammen mit dem Künstler Roel Roscam Abbing und der Designerin Marie Otsuka hat er daher die stromsparende Website entwickelt. Dabei sollte das Magazin weiterhin gut lesbar und mobil-optimiert sein. Am auffälligsten sind nun die einfarbigen Bilder, die mittels eines Verfahrens namens Dithering auf einige Kilobytes komprimiert werden. Auch ein Logo und spezielle Schriftarten, die erst nachgeladen werden müssen, sind weggefallen. Statt wie heute üblich dynamisch geladen zu werden, wird eine statische Seite vorgeneriert.

In Zukunft sollen möglichst alle Inhalte der alten Website umziehen, wobei noch ein paar Probleme gelöst werden müssen. Da das aktuelle Setup nur eine Uptime von 90 Prozent hat, ist das Magazin voraussichtlich 35 Tage im Jahr offline – und das, obwohl das Solarpanel im sonnigen Spanien steht. Als Offline-Lese-Option ist zunächst der RSS-Feed vorgesehen, weitere Ideen sind aber in Arbeit. Außerdem freut De Decker sich über Interessierte, die eigene, solarbetriebene Seiten aufbauen und damit den Nachhaltigkeitsgedanken vorantreiben wollen. Das Team hat dafür eine detaillierte Dokumentation der eingesetzten Hard- und Software von der Serverkonfiguration bis zum Plugin für die Bilderkompression online gestellt. hch

Sonic Robots

Gefüllte Biergläser, eine Festplatten-Snare und eine elektronische Kalimba – für sein erstes Album hat Moritz Simon Geist neue Musikroboter erfunden.

Synthesizer sind langweilig, meint Moritz Simon Geist und macht stattdessen Musik mit Robotern. Selbst Techno wird damit zum anfassbaren Erlebnis, wie er mit seinem Album „Robotic Electronic Music“ und den dazugehörigen Videos beweist. Mit einem Keyboard steuert er verschiedene Instrumente wie eine klickende Snare aus alten Festplatten oder eine „Drohnengitarre“.

Ein weiteres Ziel von Geist: möglichst viele Leute zu inspirieren, eigene Instrumentroboter zu bauen. Auf seiner Webseite erklärt er daher, wie er seine Projekte aufbaut und wie die gezeigten Geräte funktionieren. Vier Komponenten gehören zu jedem Projekt: Elektronik, Bewegung, Akustik und Verstärkung. Beginnend mit der Elektronik hat der Ingenieur und Musiker ein Board mit dem Mikrocontroller ATmega328 entwickelt, das sein MIDI-Keyboard und die Instrumente verbindet. Um Bewegung zu erzeugen, setzt er auf Motoren, Servos, Elektromagnete und elektrische Felder – sie stupsen Dinge an, die möglichst gar nicht als Instrumente gedacht waren, wie Gläser oder eben Festplatten. Schließlich nehmen Piezo-Mikros die Schwingungen auf und geben sie über einen Vorverstärker an den Verstärker weiter.

Plastikkügelchen machen pneumatische Musik sichtbar. Bilder: Moritz Simon Geist
Die Halterung der Futuristic Kalimba wurde mit dem 3D-Drucker hergestellt.
Die Länge der Metalllamellen bestimmt die Tonhöhe, wie bei diesem Prototyp.

Star der aktuellen Bandbesetzung ist seine selbstentwickelte „Futuristic Kalimba“. Elektromagnete bewegen dabei Metalllamellen, deren Tonhöhe von der jeweiligen Lamellenlänge abhängt. Eine Kalimba, auch Mbira genannt, ist ein altes afrikanisches Instrument, bei dem mehrere Lamellen aus Metall oder Bambus auf einem Brett befestigt sind. Bei den Sonic Robots stammt das Gehäuse aus dem 3D-Drucker. Ein Ventilsystem steckt dagegen hinter dem Pneumatic Hi-Hat. Die Snare aus Festplatten, eine Gitarre mit motorgetriebenem Plektrum und Biergläser für „abgefahrene Effekte“ vervollständigen das Line-up. Im Vergleich zu bekannten Instrumenten haben einige von Geists Kreationen aber einen Nachteil: Das Publikum erkennt oft nicht, wenn sie gespielt werden. Daher hat er visuelle Effekte nachgerüstet, die mit minimaler Latenz laufen. Am Pneumatic Hi-Hat fliegen Plastikkügelchen als Deko durch die Luft und an den Kalimbalamellen leuchten bei jedem Schlag LEDs auf.

Maker-Faire-Fans dürfte Geist bereits ein Begriff sein: Vor einigen Jahren hat Geist zusammen mit dem Programmierer Karsten Gebbert den Kult-Drumsynthesizer TR-808 als Roboter nachgebaut. In der schrankgroßen Installation stehen verschiedene Instrumente, mit denen etwa Besucherinnen und Besucher der Maker Faire Berlin 2016 musizieren durften. hch