Make Magazin 2/2020
S. 90
Community-Projekte
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Rotoprinter

Mit einer Rotationsachse statt eines Drucktischs lassen sich runde Werkstücke viel einfacher 3D-drucken. Ein Student hat dafür den Rotoprinter entwickelt.

Komplexe, runde Formen wie Schneckenschrauben oder Propeller sind mit 3D-Druckern mitunter schwer zu drucken. Ihre hohen Überhänge erfordern Stützstrukturen, die nach dem Druck erst mühsam entfernt werden müssen. Das muss auch leichter gehen, dachte sich der Student Jonas Duteloff und entwarf den Rotoprinter, der auf eine Rotationsachse druckt. Für die Weiterentwicklung der Software sucht er nun Unterstützung.

Statt eines flachen Drucktischs nutzt er im Rotoprinter einen Zylinder als Druckgrundlage. Dieser wird in eine Halterung gespannt und dreht sich während des Drucks. Da der Zylinder selbst auch 3D-gedruckt wird, kann er unterschiedlich hoch oder massiv sein, um die optimale Druckgrundlage zu bieten. An den Seiten verfügt er über unterschiedliche Aussparungen zum Einspannen in den Drucker. Damit der Zylinder im Werkstück bleiben kann, sind die seitlichen Aufnahmen nur durch Stützstrukturen mit ihm verbunden und können später abgebrochen werden.

Der Drucker selbst besteht aus einem rechteckigen Rahmen aus Aluminiumprofilen, einem Druckkopf auf einer beweglichen Achse und der Spannvorrichtung für die Zylinderrohlinge. In einem Gehäuse aus gelaserten HDF-Platten sind die Elektronik samt Netzteil und der Motor der Z-Achse untergebracht. Ein Arduino Mega mit RAMPS 1.4 Shield übernimmt die Steuerung. Die verwendeten Bauteile sind allesamt gut erhältliche Standardteile oder werden selbst 3D-gedruckt, damit der Rotoprinter einfach nachgebaut werden kann. Die Kosten belaufen sich dabei auf 300 Euro.

Beim Druck im Rotoprinter entfallen die Stützstrukturen, die sonst mitgedruckt und später von Hand entfernt werden müssen, wie hier im grauen Druckteil.
Statt eines Drucktisches nutzt Duteloff einen Zylinder, der ebenfalls 3D-gedruckt wird.
Das Herzstück bildet ein Arduino Mega mit modifizierter Firmware von Marlin.

Verbesserungspotenzial sieht Duteloff bei der Software. Diese funktioniert grundsätzlich noch wie bei einem linearen Drucker und wird nur mit einigen Tricks passend gemacht. Aktuell lässt er seine Druckdateien von Cura slicen, wobei er den Zylinder in der Mitte abzieht. Ein Post-Processing-Skript erhöht den Filamentfluss bei steigender Höhe der Z-Achse. Um zu einer nutzerfreundlichen Lösung zu kommen, sucht Duteloff nun Hilfe.

Dafür stellt er seinen zweiten Prototyp zur Verfügung: Wer Interesse hat, den Slicer und die Firmware zu überarbeiten, kann sich bis Freitag, dem 1. Mai 2020, bei ihm melden. Neben Kontaktdaten freut Duteloff sich über eine kurze Schilderung eines Lösungsansatzes und der eigenen Qualifikation. Wenn alles läuft, sollen die Dateien zum Nachbau als Open-Source-Projekt veröffentlicht werden. hch

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Blumengießanlage mit Multi-Function-Shield

Seit drei Jahren gießt ein kleiner Wassertank mit Arduino-Steuerung meine Buntnesseln automatisch und wartungsfrei.

Mit diesem Aufbau habe ich das Bewässern meiner Zimmerpflanzen automatisiert. Mein Ziel war es, einen Arduino zu verwenden und den mechanischen und elektronischen Aufbau möglichst kostengünstig zu halten. Dazu wollte ich nur wenige externe Komponenten verwenden und schnell fertig sein. In der Praxis ist es in 10 Minuten zusammengesteckt und die Programmierung hat mich 20 Minuten gekostet.

Die mechanische Seite der Anlage besteht lediglich aus einem Wassertank mit einer kleinen Gleichstrom-Umwälzpumpe. Die Pumpe gibt es als komplettes Set für knapp 20 Euro bei vielen Onlinehändlern. Die besten Treffer ergibt der Suchbegriff „Universal Scheibenwaschanlage“. Die elektronischen Bauteile sind ein Arduino, ein Multi-Function-Shield (siehe Make 2/18, S. 74) und ein Relaisbaustein.

Die Anlage betreibe ich mit 12 Volt, da die Pumpe diese Spannung benötigt. Vor den Arduino habe ich einen einfachen DC-Regler gesetzt, der 12 Volt auf 5 Volt runterregelt. Meine erste, sehr einfach gehaltene Version löst alle neun Stunden einen Gießimpuls aus. Die Impulslänge kann man dabei als einen Wert auf der Pumpe zwischen 1 und 4 Sekunden wählen. Hierzu stellt man mit den Plus- und Minus-Tasten auf der Shield einen Wert zwischen 0–50 ein. Diese Zahl repräsentiert die Impulslänge, die Pausenzeit ist fest im Programm eingetragen. Das Programm gibt es online zum Herunterladen.

Wichtig ist auch die Befestigung des Schlauchs …
… damit das Wasser die Blumen zuverlässig erreicht.
Im Projekt stecken ein Arduino mit Multi-Function-Shield, ein Relais und der Wassertank mit integrierter Pumpe.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass für viele Pflanzen ein fest eingestellter Wert ausreichend ist. Je nach Pflanzengröße und Jahreszeit muss ich manchmal die Wassermenge anpassen. In professionellen Pflanzenproduktionsanlagen (Gewächshäusern) ist die Schlüsselgröße die Oberflächentemperatur auf den Blättern, die mit Infrarotsensoren gemessen wird. Diese Größe ist wichtiger als saisonal unterschiedliche Luftfeuchte oder Temperatur.

Manchmal schneide ich kurz vor dem Urlaub alles auf 5cm runter und habe nachher trotzdem die schönsten Pflanzen. Interessant wäre noch ein größerer Tank. Der aktuelle hält drei Wochen. Eine mögliche Erweiterung ist auch die Messung der Bodenfeuchte im Blumentopf. Hierzu gibt es resistive oder kapazitive Tensiometer, die man einfach in den Boden stecken kann (s. auch S. 28). Das Ausgangssignal meines Sensors liegt bei 0 bis 5 Volt. Um die Charakteristik dieser Sensoren kennenzulernen, habe ich in einem ersten Schritt auf dem Arduino einen Analogeingang verwendet, welcher zwischen 0–99 skaliert wird und auf den ersten beiden Ziffern der LED-Anzeige des Multishields angezeigt wird. hch

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Hear How You Like To Hear

Diese Box ist ein Prototyp für personalisierte Open-Source-Hörverstärkung – basierend auf dem Raspberry Pi. Die Begleit-App hilft, individuelle Höranpassungen auszuprobieren.

Für die Hälfte aller Menschen über 65 und auch viele Jüngere wäre eine Hörverstärkung eine sinnvolle Sache. Aber nur ein Viertel der Betroffenen greift zu einem konventionellen Hörgerät und die wenigsten tragen es im Alltag. Woran liegt das? Was und wie wollen Menschen eigentlich hören, was und wie nicht?

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, startete ich als selbst mild höreingeschränkte Informatikerin und Künstlerin 2017 das Citizen-Science-Projekt „Hear How You Like To Hear“ am Fraunhofer IDMT in Oldenburg. Im Mittelpunkt stand das Framework liketohear: eine Open-Source-Entwicklung mit intuitiver App zur Steuerung von Hörgerätealgorithmen nebst zugehöriger Box.

Die liketohear-App und -Box wurden von bürgerschaftlichen Forscherinnen und Forschern in „Soundwalks“ in Hörsituationen auf der Straße, im Park und in Restaurants eingesetzt. Über die Webapp wurden dabei Höranpassungen nach persönlichem Belieben vorgenommen. Die Parameter der Anpassung wie auch eine Audiopegelanalyse werden auf einem USB-Stick gespeichert.

Die Box besteht auf frei erhältlichen Komponenten, basierend auf dem früheren Projekt „Hearing Aid Prototype“, angepasst für alltägliche Hörsituationen. Dazu gehört ein WLAN-fähiger Raspberry Pi mit Soundkarte, ein Mikrofonvorverstärker und ein binaurales (für beide Ohren konzipiertes) Aufnahmegerät. Die Audioverarbeitung wird von den Open-Source-Algorithmen openMHA (Open Master Hearing Aid) übernommen. Die Hardware-Bauanleitung sowie Installationshinweise sind auf Github zu finden. Für den Bau des Mikrofonvorverstärkers ist etwas Löterfahrung nötig. Die Software-Installation erfolgt über ein Raspi-SD-Karten-Image.

Die Elektronik rund um den Raspi ist in einem 3D-gedruckten Gehäuse untergebracht.
Nötig für den Betrieb sind noch Kopfhörer und die App auf einem Smartphone.
Wer das Gerät nicht in der Hand tragen will, kann es in einer Kapuze verstecken.

Um die liketohear-Webapp aufzurufen, wird ein Device, zum Beispiel ein Smartphone, mit dem WLAN des Raspberry Pi verbunden. Durch die Verschiebung eines Kreises in der App wird die Lautstärke gewichtet auf einem bestimmten Frequenzbereich angepasst. Hinter der Oberfläche befindet sich eine Klangwaage, ein spezieller Klangregler mit 10 × 10 Einstellmöglichkeiten und extra Kompression, damit kein Geräusch zu laut verstärkt wird.

Für die geneigten Maker und early adopters empfehlen sich kleinere Anpassungen des liketohear-Frameworks, die in den Issues auf Github dokumentiert sind. Auch nach dem offiziellen Ende des vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekts im März sind ein Podcast, ein Workshop und Meetups zum Thema Open Source Hearing Devices geplant. Termine werden aus gegebenem Anlass erst noch bekannt gegeben. Stay tuned! hch