MIT Technology Review 11/2016
S. 19
Aktuell

ENERGIE

Strom aus Fischschuppen

Foto: Anna Christofferson/123rf

Piezoelemente, die Bewegung in Strom umwandeln, enthalten meist giftiges Blei oder Wismut. Fischschuppen kommen ohne Schwermetalle aus – und zeigen ebenfalls piezoelektrische Eigenschaften. Verantwortlich dafür ist das Protein Kollagen. Dipankar Mandal und seine Kollegen von der indischen Jadavpur University in Kalkutta haben sich das zunutze gemacht, um einen Biogenerator zu bauen (DOI: 10.1063/1.4961623).

Für ihren Prototyp sammelten sie Fischschuppen auf einem Markt. Einige Dutzend davon ordneten sie in leicht versetzten Stapeln an, umhüllten sie zur Stabilisierung mit einer dünnen Kunststofffolie und schlossen filigrane Goldelektroden an. Mit 170 Kilopascal gebogen, erzeugte ein Fischschuppen-Modul 1,5 Mikroampere bei vier Volt. Das reichte, um 77 Leuchtdioden zu versorgen.

Für die Verformung genügen Körperbewegungen oder leichte Windstöße. Da die Schuppen ungiftig sind, können sie auch für medizinische Implantate genutzt werden. „Nun wollen wir größere Kraftwerke entwickeln und diese in sich selbst versorgenden Sensoren und biomedizinischen Modulen testen“, sagt Mandal. JAN OLIVER LÖFKEN

App des monats

Google Allo

„Zehn Freunde vermissen dich“, behauptet Allo, die neue Messenger-App von Google, nach der Installation. Diese Freunde entpuppen sich als willkürliche Auswahl aus meinen Kontakten, darunter auch die Hotline einer Bank. So viel zum Thema künstliche Intelligenz. Andererseits finde ich es immer wieder beruhigend festzustellen, was Google alles nicht weiß.

Erfreulicherweise gibt es einen verschlüsselten „Inkognito-Chat“, dessen Inhalte nach einer selbst festgelegten Zeit wieder verschwinden. Der eigentliche Clou soll aber der „Google Assistant“ sein. Dahinter verbirgt sich allerdings wenig mehr als eine normale Websuche, ergänzt um ein paar vorkonfigurierte Anfragen zu Events, Wetter oder Ausgehtipps. Man kann sich auch täglich Nachrichten, Witze oder Gedichte schicken lassen.

Anzeichen wirklicher Intelligenz konnte ich Allo nicht entlocken. Aber er soll ja laut Google von meinen Angewohnheiten lernen. Dazu lässt er sich mit so ziemlich allen Rechten ausstatten, die zu vergeben sind. Das Privacy-Tool „AppGuard“ ermittelt einen rekordverdächtigen Risikowert von 8,6 – mehr als bei jeder anderen jemals von mir installierten App. Und das alles nur für einen vagen Bequemlichkeitsgewinn. GREGOR HONSEL