MIT Technology Review 12/2016
S. 111
Fundamente
Rückschau

Riesen Räder

An dieser Stelle blicken wir zurück auf Artikel, die vor fünf Jahren in Technology Review erschienen sind. Diesmal: 20-Megawatt-Turbinen

technology review 12/2011 Mehr Leistung, weniger Kosten.

In einigen Jahren werden wir auf hoher See Windräder mit 20 Megawatt Leistung und 280 Metern Rotordurchmesser sehen, schrieb TR in Heft 12/2011 – in teilweise völlig anderem Design: Rotoren mit zwei statt drei Flügeln etwa, die sich beim Aufbau einfacher nach oben hieven ließen. Oder mit Vertikalachse, um Material zu sparen.

Letzteres konnte sich bis heute nicht durchsetzen. Doch bei den Zweiflüglern tut sich etwas: 2015 entstand eine Onshore-Testanlage bei Husum mit 3,4 MW. Und in den Niederlanden hat ein zweiflügeliger Lee-Läufer mit 6 MW einen erfolgreichen sechsmonatigen Test hinter sich. Der Hersteller verspricht 40 Jahre Lebensdauer.

Bei 20 MW ist allerdings noch kein Anbieter. „Ich denke nicht, dass die 20-MW-Klasse mittelfristig realisiert werden kann, wenn überhaupt“, sagt Po Wen Cheng, Professor am Stuttgarter Lehrstuhl für Windenergie. „Wahrscheinlicher sind 10-MW-Anlagen.“

8-MW-Turbinen haben heute immerhin schon einige Hersteller im Angebot. Siemens etwa entlockte seinem bisherigen Rekordhalter, einer getriebelosen 7-MW-Anlage, durch stärkere Permanentmagnete ein Megawatt mehr. 2011 war diese Bauart noch in Erprobung – und gerade 5 MW stark.

Fortschritte gibt es auch bei den Fundamenten. Statt auf Monopiles – in den Boden gerammte Rohre – setzen viele Hersteller künftig auf „Gravity Jackets“. Diese ähneln Hochspannungsmasten und benötigen keine riesigen Spezialteile mehr, sondern nur noch viele genormte Kleinteile. Dadurch sollen sie sowohl stabiler als auch günstiger sein. Schwimmende Windräder, die vor fünf Jahren noch kaum erforscht waren, rücken ebenfalls verstärkt in den Fokus. So lassen sich Windparks in sehr tiefen Gewässern vor Steilküsten installieren.

Aber auch ohne diese Ansätze wurde ein Ziel erreicht: Die Stromgestehungskosten sind deutlich gesunken. Vor fünf Jahren lagen sie für Offshore-Windkraft bei 18 Cent pro Kilowattstunde. Seitdem sind sie in Deutschland auf 12 bis 14 Cent gesunken. Siemens verspricht, ab 2020 Offshore-Windstrom für unter 10 Cent und ab 2025 für unter 8 Cent zu produzieren. In den Niederlanden ist die magische 10-Cent-Grenze in einer Ausschreibung bereits gefallen: Ab Mitte der 2020er will ein dänischer Konzern Windstrom für 7,27 Cent liefern. DANIEL HAUTMANN