MIT Technology Review 2/2016
S. 40
Horizonte
Fotostrecke

Die Kunst des Forschens

Der Fotograf Daniel Stier hat Wissenschaftler in ihren Versuchsaufbauten fotografiert. In seinem Bildband „Ways of Knowing“ hat er die eigenwillige Ästhetik der Forschungsarbeit festgehalten.

Kognitive Neurologie am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen: Die Abteilung untersucht höhere Hirnleistungen und ihre Störungen, etwa in Folge von Schlaganfällen. Forschungsfelder sind zum Beispiel motorisches Lernen und Aufmerksamkeitssteuerung.

Angefangen hatte alles 2008 mit einem Auftrag, Porträts von einem Forscher zu machen. Bei dieser Gelegenheit sah Daniel Stier in dem Forschungslabor eine Person in einem komplexen technischen Apparat sitzen. „Das war ein starkes Bild, das mich nicht mehr losgelassen hat“, erinnert sich der in London lebende Fotograf. Eine ganze Serie ist entstanden, die Stier in dem Bildband „Ways of Knowing“ veröffentlicht hat. Damit gibt er nicht nur Einblick in die Arbeit von Wissenschaftlern, sondern zieht auch Parallelen zum Schaffen eines Künstlers. Das Kriterium für seine Bilder: Es sollten Versuche sein, in denen der Mensch körperlich involviert ist. „Das sollte zeigen, dass die Neugierde und der Drang zu forschen vor nichts haltmachen“, erklärt Stier. Der Mensch werde damit gewissermaßen in seiner eigenen Erfindung erforscht und durchleuchtet. Auf den Bildern erscheint er daher verletzlich und teilweise verloren.

„Ways of Knowing“ von Daniel Stier umfasst 70 Abbildungen sowie Essays des Astrophysikers Pedro Ferreira und des Künstlers Daniel Jewesbury. Der Bildband kostet 35 Euro und ist in Zusammenarbeit mit YES studio erschienen.

Einige der Wissenschaftler, die Stier im Vorfeld kontaktierte, wollten zunächst keinen Einblick in ihre Labore geben. Nachdem jedoch einige Fotos entstanden waren und Stiers Idee deutlicher wurde, waren die Forscher aufgeschlossener. „Viele fühlten sich geschmeichelt, dass sich jemand für ihre Arbeit interessiert“, meint Stier. Erläuterungen zu den Bildern lässt er bewusst weg. Einzig die beigefügten Namen der Institute und Einrichtungen im Buch geben Hinweise darauf, was genau dabei wissenschaftlich untersucht wurde.