MIT Technology Review 2/2016
S. 27
Am Markt

AUSPROBIERT

Hardware mit Botschaft

Mit dem Fairphone 2 können Nutzer erstmals ein Smartphone selbst zusammenstecken – und einfach reparieren. Kann es mit der Konkurrenz mithalten?

Das Fairphone 2 ist wie eine Packung Pralinen: Man weiß nie, was als Nächstes kommt. Denn anders als bei herkömmlichen Smartphones ist der Nutzer hier ausdrücklich eingeladen, eine Entdeckungsreise durch die Hardware zu machen. Das beginnt schon mit der schwarzen Gummilippe, die Display und Rückschale verbindet. „Designed to open“ ist dort klein, aber deutlich lesbar eingeprägt.

Also gut: Ich stülpe das Gummi über das Display und erhalte einen ersten Blick ins Innere. Dort empfängt mich die nächste Botschaft: „Yours to open, yours to keep“. Und unter dem Akku: „This Phone is our next step towards fairer electronics. Thanks for being part of the journey“. Wie bei einer Schnitzeljagd.

Keine Frage: Dieses Smartphone hat eine Botschaft – nämlich die, bei der Produktion Umwelt und Menschen möglichst wenig zu schaden. Während sich das erste Fairphone noch darauf beschränkte, unbedenkliche Rohstoffe zu verwenden (siehe TR 2/2014, S. 25), geht der niederländische Hersteller mit der zweiten Generation einen Schritt weiter: Sie soll den Einsatz von Rohstoffen insgesamt senken, indem das Gerät lange benutzt wird. Also sind Module wie Kamera, Mikrofon oder Display auswechselbar. Geht eines von ihnen kaputt, muss man nicht gleich das ganze Handy wegwerfen oder zum Hersteller schicken. Die Ersatzteilpreise reichen von 314 Euro für das Hauptmodul bis zu 25 Euro für das Mikrofon/USB-Bauteil.

Um an die einzelnen Module zu kommen, muss ich erst das Display entfernen. Das geht völlig ohne Werkzeug: Zwei Riegel zur Seite schieben und den Bildschirm nach vorn abziehen. Schade, darunter gibt es keine neuen Botschaften mehr. Aber immerhin eine kleine Karte des Kongos, die zeigt, woher das Zinn und das Tantal für die Elektronik stammen. Jedes Modul ist mit einem klaren Icon gekennzeichnet und mit einfachen Kreuzschlitz-Schrauben befestigt. Ein Steckplatz ist noch unbenutzt, um zukünftige Anwendungen wie einen NFC- oder einen Verschlüsselungschip aufnehmen zu können.

Im Betrieb verhält sich das Fairphone unauffällig: Es besitzt eine aufgeräumte Android-5.1-Oberfläche und reagiert flüssig. Das Magazin „c’t“ bemängelte in einem Labortest allerdings eine kurze Akku-Laufzeit von fünf bis acht Stunden sowie eine mäßige Kamera.

Mit einem Gewicht von 172 Gramm und einer Dicke von 1,2 Zentimetern ist das Fairphone nicht übertrieben schlank, passt aber trotzdem bequem in Hemd- oder Hosentasche. Die robuste Schale erspart zudem eine Schutzhülle – so relativiert sich die Größe wieder.

Insgesamt finde ich wenig an dem Gerät auszusetzen bis auf den recht happigen Preis von über 500 Euro – von denen allerdings nur neun Euro beim Hersteller hängen bleiben, wie er auf seiner Webseite genau aufschlüsselt. Ob sich die Investition lohnt, muss die Zukunft zeigen. Eine entscheidende Frage ist, ob ich in einigen Jahren tatsächlich noch Austauschmodule bekommen werde. Und zwar nicht nur als Ersatz, sondern auch, um das Gerät technisch auf neuestem Stand zu halten, etwa durch eine bessere Kamera oder eine schnellere USB-Schnittstelle. Und ebenso wichtig: Wird es später noch regelmäßige Updates geben? Die Fairphone-Software ist Open Source, sodass es begründete Hoffnung gibt, mit diesem Gerät tatsächlich etwas Bleibendes in der Hand zu halten.

Produkt: Fairphone 2 Anbieter: Fairphone Preis: 525 Euro Link: www.fairphone.com