MIT Technology Review 6/2016
S. 66
Fokus
Gentechnik
Aufmacherbild
Illustration: Frank Heymann

Das neue Superwerkzeug

Gene Editing revolutioniert die Gentechnik und ermöglicht völlig neue Kreationen. Genforscher aus aller Welt diskutieren ihre Anwendungen.

Die Ärzte waren am Ende. Eine Chemotherapie-Infusion nach der anderen hatte das Mädchen bereits bekommen. Doch auch nach einer Knochenmarktransplantation tobte der Blutkrebs in Laylas Gefäßen weiter. Im Juni vorigen Jahres war das elf Monate alte Kind so krank, dass die Ärzte des Londoner Kinderkrankenhauses Great Ormond Street Hospital (GOSH) einen verzweifelten Vorschlag machten. Es gäbe da in ihrem Gefrierschrank einen Glaskolben mit ganz besonderen Immunzellen. Die T-Zellen seien von Genchirurgen an vier Stellen im Erbgut so verändert worden, dass sie im Körper fremder Menschen Krebszellen jagen und zerstören können.

Das todkranke Mädchen Layla wurde dank der Genschere CRISPR gerettet. Foto:Alex Lentati / Evening Standard/ Intertopics/Ddp Images

Dieses umfassendste Gentuning, das je als Therapieansatz erwogen wurde, war nur möglich, weil die Werkzeuge der Gentechnik inzwischen eine völlig neue Dimension erreicht haben. Vor 25 Jahren, beim ersten Gentherapieversuch an einem Menschen, konnten Forscher Gendefekte noch nicht reparieren, sondern schleusten intakte Ersatzgene in die Zellen ein. Und um Bakterien, Pflanzen oder Tiere mit bestimmten Eigenschaften auszustatten, mussten zusätzliche Gene, mitunter gar artfremde, mit den gewünschten Merkmalen (Transgene) transplantiert werden.