MIT Technology Review 6/2016
S. 16
Aktuell

VERKEHR

Übergabe in Nullkommanix

Erfolg mit dem Sharing von privaten PKWs: Drivy-Gründer Paulin Dementhon Foto: Julien Faure/ Rea/ Laif

Mit einer nachrüstbaren Box will der französische Anbieter Drivy die Autoübergabe vereinfachen – und so den privaten Verleih beflügeln. Über eine App, die mit der Box kommuniziert, können Mieter den Wagen entriegeln, die Übergabe abwickeln und sogleich losfahren. Bei Konkurrenten wie Tamyca müssen sich Mieter und Vermieter noch persönlich treffen.

Mit einer ähnlichen Technik ist das Berliner Start-up Carzapp (siehe TR 5/2012, S. 14) beim Versuch gescheitert, eine Carsharing-Community aufzubauen. Drivy hingegen hat nach der Übernahme von Autonetzer schon mehr als 5000 Halter in Deutschland unter Vertrag, zu Tagespreisen ab 20 Euro. 300 davon, in Berlin und Paris, nutzen die neue Technik bereits. Drivy möchte das Angebot auch auf andere europäische Länder ausdehnen. Jan Oliver LÖFKEN

MATERIAL

Bildschirm von der Rolle

Touchscreens, die sich um das Handgelenk wickeln oder auseinanderrollen lassen – diese Vision verfolgen viele Smartphone-Hersteller. Doch bisher reichte es nur für abgerundete Ecken, denn die Herstellung flexibler Touchscreens ist kompliziert. Das Leibniz-Institut für Neue Materialien in Saarbrücken hat nun ein Herstellungsverfahren vorgestellt, das die biegsamen Bildschirme ein Stück näher bringt.

Dazu wird eine leitfähige Tinte aus Silber-Komplexen auf eine Kunststofffolie gedruckt und anschließend mit UV-Licht ausgehärtet. Das Ergebnis ist ein dünnes, leitfähiges Raster.

Laut Projektleiter Peter William de Oliveira ist es dauerhaft biegsam – auch in mehrere Richtungen. Anders als herkömmliche Herstellungsmethoden benötige das Verfahren zudem weder teures Indium-Zinn-Oxid noch ein aufwendiges Vakuum. Die Leiterbahnen lassen sich einfach Rolle-zu-Rolle auf große Flächen aufbringen. „Die ersten Lizenzen sind schon vergeben“, sagt de Oliveira.

Ein Problem seien allerdings noch gleichermaßen flexible Deckschichten, um die empfindlichen Silberbahnen zu schützen. Diese seien noch in der Entwicklung, so de Oliveira. GREGOR HONSEL

VIRTUELLE REALITÄT

Begehbare Bilder

In 3D-Kugelpanoramen können sich Betrachter umschauen, als wären sie vor Ort – bisher allerdings nur vom Kamerastandort aus. In den Fotopanoramen des deutschen Start-ups Realities.io kann hingegen wie in einem Computerspiel umherstreifen. Die Ansichten wirkten um „mehrere Faktoren lebensechter“ als herkömmliche 360-Grad-Fotos, schreibt das Magazin c’t. Sogar abblätternde Farbe tritt plastisch hervor.

Die Basis dafür bilden 300 bis 400 überlappenden Fotos. Aus mehreren Ansichten des gleichen Motivs errechnet eine Software die entsprechenden Tiefeninformationen. „Fotogrammetrie“ nennt sich dieses Verfahren. Bei Bedarf setzen die Macher zusätzlich auch Laserscanner ein.

Um sich innerhalb eines Kugelpanoramas zu bewegen, sendet der Nutzer einen virtuellen Lichtstrahl aus, der ihn augenblicklich an die entsprechende Stelle beamt. Bisher unterstützt Realities.io allerdings nur die VR-Brille von Vive. Eine Version für Oculus Rift ist in Vorbereitung. Auf Smartphones wird das System wegen der nötigen Rechenleistung wohl nicht sobald laufen.

Die Kugelpanoramen lassen sich kostenlos herunterladen. Um weitere Inhalte zu gewinnen, hat Realities.io ein Pilotprojekt mit Fotografen und Filmemachern gestartet, die berühmte Orte, archäologische Ausgrabungen oder Lost Places einscannen – bevorzugt solche, zu denen man als Tourist nicht so einfach hinkommt. Geld verdienen will Realities.io später mit gesponserten Premium-Inhalten. GREGOR HONSEL