MIT Technology Review 8/2016
S. 82
Fokus
Musik

Beethoven in 15 Minuten

Der Gitarrenlehrer ist zu teuer, die Klavierstunde passt nicht in den Terminkalender. Zum Glück hält die digitale Welt mit Lern-Apps eine flexible Lösung bereit. Unsere Autorin hat virtuell Unterricht genommen.

Klavier

Meine besten Freundinnen können Klavier spielen. Ich nicht. Das hat mich immer geärgert. Während die beiden vierhändig Symphonien ertönen lassen, sitze ich neidisch auf der Couch. Mithilfe der Browser-App Flowkey soll sich das ändern. Sie verspricht, auf stumpfes Tonleitertraining zu verzichten. Stattdessen steigen Schüler mit Melodien ein. Da ich weder Klavier noch Keyboard besitze, muss ich improvisieren. Kurzerhand funktioniere ich das iPad zur Klimperkiste um – per App. Ich bin bereit. In kurzen Videos erklärt mein virtueller Lehrer zunächst Basics wie Haltung und Fingersatz. Dann lerne ich mein erstes Lied. Der Bildschirm ist zweigeteilt. Oben spielen die Hände des Klavierlehrers. Drückt er eine Taste, leuchtet sie auf. Darunter laufen Noten. Ein Balken zeigt, an welcher Stelle wir uns befinden. Als Anfänger wähle ich den Flow-Modus. Mittels Tonerkennung wartet das System, bis ich die richtige Note spiele. Erst dann springt es zur nächsten. In den schnelleren Modi gibt das Programm kein Feedback. Nach 15 Minuten klimpere ich Beethovens „Freude schöner Götterfunken“ und bin begeistert. Fleißig Übende stoßen schnell an die Grenzen der kostenfreien Version – was bei dieser App aber durchaus als Lob zu verstehen ist. Ab 9,99 Euro im Monat ist das Premiumpaket nutzbar, das aus mehr als 200 Pop-, Rock-, Film- und Klassiktiteln samt zugehörigen Übungseinheiten besteht. Vier Schwierigkeitslevels machen die App für Fortgeschrittene wie Einsteiger interessant.