MIT Technology Review 8/2016
S. 78
Fokus
Musik
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Der Mythos des Analogen

Die digitale Aufnahmetechnik ist mittlerweile deutlich besser als ihr Ruf. Nur eines kann sie nicht so gut wie Vinyl: rumpeln und knistern.

Andreas Rieke ist besser bekannt als And.Ypsilon, der Soundtüftler der Hip-Hopper „Die Fantastischen Vier“. 2013 mischte er im Ludwigsburger Tonstudio Bauer die Vinylfassung eines Konzerts der Band. Am Rande der Studiosessions fachsimpelte er laut „Stuttgarter Zeitung“ mit Eigentümerin Eva Bauer-Oppelland über datenreduzierte Digitalformate. „Da gibt man sich viel Mühe mit seiner Musik, aber die Leute hören das als MP3, und alles ist verkrumpelt.“ Den kanadischen Rockmusiker Neil Young fuchste die vermeintlich schlechte MP3-Qualität so sehr, dass er mit dem „Pono Player“ einen digitalen Musikspieler lancierte, der hochauflösende, verlustfreie Digitalformate unterstützt.

Andere Musiker und Musikliebhaber sind noch rigoroser – sie lehnen nicht nur datenreduzierte Formate ab, sondern generell Digitaltechnik. Ein wesentlicher Kritikpunkt am digitalen Klang lautet: Analog lassen sich beliebig feine Nuancen speichern, zur Digitalisierung hingegen wird die Musik nach fest vorgegebenem Schema gerastert und zerlegt. Vinylliebhaber schwärmen vom runderen, weicheren Klang ihrer Scheiben. 2015 machten Schallplatten 4,7 Prozent des Marktes physischer Tonträger aus – Tendenz steigend.