MIT Technology Review 8/2016
S. 74
Fokus
Musik

Der Code macht die Musik

Ob beim Komponieren oder beim Erkennen des nächsten Superhits: In der Musik geben zunehmend Algorithmen den Takt an. Ist das noch Kunst?

(define chords

(lambda (time degree dur)

(if (member degree '(i)) (set! Dur 3.0))

(for-each (lambda (p)

….

Mit den Mi.mu Gloves können Sänger ihre Liedbegleitung über Gesten selbst erzeugen. Die Spezialhandschuhe sind per Funk mit einem Computer verbunden. Foto: Fiona Garden

Das ist Programmiersprache. Und: Es ist Musik. Genauer gesagt, ein kleiner Ausschnitt aus „A Study in Keith“, einer Programmier-Performance des australischen Code-Musikers Andrew Sorensen. Nur dass die Takte nicht mit Noten auf einem Blatt Papier notiert wurden, sondern mittels kühl durchdachtem Code entstanden sind. In einem Internetvideo lässt sich beobachten, wie Sorensen Klammern und Buchstaben und damit auch sein Lied verändert.

Diese Variante mag noch als Komponieren durchgehen, aber die Technologie dahinter hat weit grundlegendere Auswirkungen. Wenn Noten zu Code werden, ist der Schritt nicht mehr weit, mit künstlicher Intelligenz Lieder zu schreiben. Tatsächlich gibt es schon erste Beispiele: Das Programm Melomics von Forschern der Universität Málaga etwa hat in den letzten sechs Jahren über eine Milliarde Songs aus unterschiedlichen Genres komponiert. Kein menschlicher Musiker war jemals so produktiv. Die Qualität? Selbst das London Symphony Orchestra hat bereits seine Stücke gespielt.