MIT Technology Review 10/2017
S. 84
Meinung
Aufmacherbild
Foto: Andy Friedman

Den menschlichen Faktor ausschalten

Wir sind besessen – und umzingelt – von Apps und Geräten, die still und leise unsere Interaktion mit anderen Menschen reduzieren. Ein Essay des Musikers David Byrne.

Ich habe die Theorie, dass Software-Entwicklung und technische Innovation seit etwa einem Jahrzehnt einer unausgesprochenen, übergreifenden Agenda folgen: eine Welt mit weniger menschlicher Interaktion. Diese Tendenz scheint mir – wie es so schön heißt – nicht als Bug, sondern als angebliches Feature daherzukommen. Man könnte beispielsweise glauben, Amazons Mission sei es, Bücher besser verfügbar zu machen. Und so war es anfangs auch gedacht, welch eine brillante Idee. Doch vielleicht geht es gleichzeitig auch darum, menschlichen Kontakt zu eliminieren. Dies ist vielleicht nicht das primäre, bewusst angestrebte Ziel. Aber überraschend oft kommt genau das dabei heraus.

Die täglich auf uns niederprasselnden Tech-Nachrichten über Algorithmen, künstliche Intelligenz, Roboter und selbstfahrende Autos passen alle in das Muster. Ich bestreite nicht, dass diese Entwicklungen effizient und bequem sind. Ich frage mich nur, ob uns noch bewusst ist, dass es sich dabei nur um einen Weg von vielen handelt. Wir haben uns (möglicherweise unbewusst) für ihn entschieden. Wir könnten aber auch andere Wege einschlagen.