MIT Technology Review 12/2017
S. 14
Aktuell

ENERGIE

Strom aus Verdunstung

Prototyp eines Verdunstungskraftwerks Foto: Ozgur Sahin et al./Columbia University

Eine bisher ungenutzte Energiequelle wollen Ozgur Sahin und seine Kollegen von der Columbia University anzapfen: die Verdunstung von Wasser (DOI: 10.1038/ s41467-017-00581-w). Mit dem Prototyp eines Verdunstungskraftwerks zeigten sie, wie sich diese Energie prinzipiell nutzen ließe. Er besteht aus speziellen Bakteriensporen, fixiert in einem flexiblen Kunststoffmantel. In feuchter Luft dehnen sich die einige Millimeter langen Sporen aus, in trockener schrumpfen sie wieder. Wechselnde Luftfeuchte führt zu einer mechanischen Bewegung, die eine Drehscheibe in Rotation versetzen und einen Stromgenerator antreiben kann. Noch ist die Stromausbeute gering: Der handgroße Laborprototyp erzeugte einige Mikrowatt – gerade genug für eine Leuchtdiode.

Doch allein für die USA bezifferten die Forscher die nutzbare Leistung der Verdunstung auf offenen Wasserflächen auf bis zu 325 Gigawatt. Wie viel davon tatsächlich in elektrischen Strom umgewandelt werden kann, hängt vom Wirkungsgrad der noch zu entwickelnden Verdunstungskraftwerke ab. Da Wasser zudem Wärme gut speichert, könnten Verdunstungskraftwerke sogar rund um die Uhr laufen. Zudem sollen sie die natürliche Verdunstungsrate senken und dadurch die Gefahr von Dürren reduzieren. JAN OLIVER LÖFKEN

ELEKTRONIK

Stimmen im Kopf

Unauffällig hinter dem Ohr sitzt ein Cochlea-Implantat. Es kann nun auch als direkte Schnittstelle ins Hirn dienen. Foto: Cochlear

„Es ist, als würde der Musiker direkt in meinem Ohr sitzen und nur für mich spielen“, sagte eine der ersten Nutzerinnen, nachdem sie den den neuen „Nucleus 7“-Soundprozessor des US-Unternehmens Cochlear ausprobiert hat. Er ist der erste seiner Art, der Musik oder Sprache per Bluetooth direkt vom Smartphone empfangen und an ein Cochlea-Implantat weiterleiten kann. Dazu schickt die Sendespule am Ohr die Töne wie gehabt per Radiowellen zur Empfangsspule unter der Kopfhaut. Diese wandelt die Signale in elektrische Impulse um und leitet sie über eine Elektrode zum Hörnerv in der Schnecke.

Cochlear hat die neue Funktion, die bisher nur für Hörgeräte verfügbar war, zusammen mit Apple entwickelt. Das Streaming ist auch synchron an beide Ohren möglich oder gleichzeitig an ein Implantat und ein kompatibles konventionelles Hörgerät.

Die Funktionen lassen sich über eine Fernbedienung oder eine App einstellen. Nutzer können die Umgebungstöne sogar selektiv ganz abschalten, um beispielsweise das Telefonat direkt im Kopf hören.

Der Soundprozessor ist zu allen Geräten ab iOS 11 beziehungsweise mit Android kompatibel. V. SZENTPÉTERY-KESSLER

CO2 pro Jahr ließen sich durch eine andere Art des Ackerbaus allein in Europa einsparen in etwa so viel, wie 50 Kohlekraftwerke ausstoßen. Das besagt eine Studie der Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitung. Erreichen lasse sich dies durch eine Direktsaat ohne Pflug, eine permanente Bodenbedeckung sowie eine abwechslungsreiche Fruchtfolge.

Elektromobilität

Batterie-Check auf die Schnelle

Eine App verrät, was die Batterie noch taugt. Foto: Dekra

Die Dekra und das Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren FKFS in Stuttgart haben ein Verfahren entwickelt, schnell den Zustand von Antriebsbatterien zu beurteilen. Dafür reicht eine kurze Probefahrt, bei der unter Last Strom und Spannung gemessen und so der Innenwiderstand der Batterie ermittelt wird. Dieser wird anschließend mit den Referenzwerten für den jeweiligen Batterietyp verglichen. Auf diese Weise lässt sich auf die Alterung und die verbleibende Kapazität schließen.

Bei den herkömmlichen Messverfahren muss die Antriebsbatterie vollständig entladen und wieder aufgeladen werden. Das kostet viel Zeit und Energie. Diese Variante ist zwar nach wie vor etwas genauer als die neue Messmethode der Dekra und des FKFS. Doch eine schnelle Messmethode ist nötig, denn die Zahl der Elektrofahrzeuge nimmt kontinuierlich zu. Damit entsteht auch ein immer größerer Markt für gebrauchte Elektroautos, deren Wert in hohem Maße vom Zustand der Batterie abhängt. Karsten Schäfer