Technology Review Special 2017
S. 18
Energie
Physik
Aufmacherbild
Foto: Mark Garlick/ University of Warwick

Tonspur einer Kollision

Der Nachweis von Gravitationswellen wurde 2017 mit einem Nobelpreis belohnt – und mit einem weiteren spektakulären Erfolg.

Volle 30 Jahre lang haben die Wissenschaftler des Ligo-Projekts daran gearbeitet, mithilfe von riesigen Laser-Interferometern Gravitationswellen nachzuweisen. 2017 wurden sie gleich zweimal für ihre Hartnäckigkeit belohnt: Erst erhielten die US-Forscher Rainer Weiss, Barry Barish und Kip Thorne den Physik-Nobelpreis für ihre Arbeit – nur ein Jahr nachdem es dem internationalen Forscherteam erstmals gelungen war, zwei schwarze Löcher bei ihrer Kollision zu belauschen. Und nur zwei Wochen später konnten die Wissenschaftler erneut einen spektakulären Durchbruch vermelden: Erstmals gelang es einem weltweit verteilten Team, die Gravitationswellen aus der Kollision zweier Neutronensterne und zugleich auch die dabei ausgesandte elektromagnetische Strahlung zu beobachten.

„Die Astronomie ist in der Ära des Tonfilms angekommen“, verkündete stolz Dave Reitze, wissenschaftlicher Leiter des Ligo-Projekts. „Bisher hatte der Kosmos uns nur Bilder geliefert. Jetzt haben wir Bild und Ton.“ Wobei „Bild und Ton“ in diesem Fall eigentlich eine kosmische Katastrophe dokumentieren: 130 Millionen Lichtjahre entfernt waren im Sternbild der Wasserschlange zwei Neutronensterne kollidiert, die mit einem Durchmesser von nur rund 20 Kilometern die 1,6- beziehungsweise 1,1-fache Masse unserer Sonne aufwiesen. Für die Astronomie ist der Zusammenprall aber ein Glücksfall. Denn durch das intensive Nachleuchten in Form einer sogenannten Kilonova konnten die Wissenschaftler erstmals die Theorie belegen, dass bei solchen kosmischen Zusammenstößen schwere Elemente wie Eisen, Gold und Platin gebildet werden.

Möglich wurde die spektakuläre Beobachtung durch eine bisher beispiellose Zusammenarbeit von etwa 1500 Wissenschaftlern weltweit: Mit Daten der beiden Ligo-Observatorien und des erst im August in Betrieb genommenen Virgo-Interferometers in Italien konnten die Forscher die Quelle des Zusammenstoßes ungewöhnlich gut eingrenzen. Danach begannen mehr als 70 Observatorien auf der ganzen Welt, den betreffenden Himmelssektor abzusuchen.