MIT Technology Review 7/2017
S. 85
Meinung

DNA-FORENSIK

Wenn die Politik die Forschung überholt

Ein Zeichen zu setzen, darum geht es oft in der Politik. So führte der Mord an einer Freiburger Studentin im Vorjahr, der augenscheinlich von einem Flüchtling aus Afghanistan begangen wurde, zu einer Gesetzesinitiative. Künftig sollen bei der Untersuchung solcher Verbrechen mehr Daten aus DNA-Proben genutzt werden können als bisher. Das fordern neben einigen Ländern Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD). So sollen künftig Vorhersagen über das Erscheinungsbild, die biogeografische Herkunft sowie das Alter bei der Tätersuche genutzt werden können. Bislang dürfen nur das Geschlecht und ein Identifizierungsmuster herausgelesen werden.

Gegen die Gesetzesvorlage gibt es nun Einwände von Forscherseite. Die Freiburger Biologieprofessorin Veronika Lipphardt kritisiert, dass die technische Zuverlässigkeit der neuen Analysen nicht restlos geklärt sei. Schwierig zu bestimmen ist dem Kölner Rechtsmediziner Peter Schneider zufolge zudem die geografische Herkunft. Möglich sei nur eine Festlegung auf Kontinente. Erschwert wird der Nachweis obendrein dadurch, dass sich die Herkunft im Lauf der Generationen vermischen kann. Natürlich kann der Gesetzgeber darauf beharren, dass in komplizierten Fällen ein Anhaltspunkt besser ist als nichts. Er muss jedoch wissen, was die Suche nach einem afrikanischstämmigen potenziellen Täter in der Öffentlichkeit auslösen kann. Wenn man sich also für solch ein eingeschränktes Instrumentarium entscheidet, sollte man eine sensible, umsichtige Handhabung gewährleisten.