MIT Technology Review 7/2017
S. 84
Meinung

Banken auf Trab bringen

Geldinstitute müssen Schnittstellen für unabhängige Finanzdienstleiter anbieten. Es ist eine gute Lösung – auch wenn die Fintech-Branche gern noch einfacher auf die Konten der Kunden zugreifen würde.

Mehr Disruption ist nicht denkbar“, schreibt die „Frankfurter Allgemeine“ über die neue Zahlungsdienstleisterrichtlinie, die der Bundestag im Juni beschlossen hat. Sie verpflichtet Banken, unabhängigen Dienstleistern Zugang zu bestimmten Konteninformationen und -funktionen zu gewähren, wenn die Kunden dies wünschen. Voraussetzung ist, dass sich diese Dienstleister von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zertifizieren lassen. Dann können sie etwa Apps anbieten, die Überblick über Konten bei mehreren Banken bieten. Und Online-Händler können über diese Schnittstellen Beträge direkt vom Kundenkonto abbuchen lassen, ohne Dritte wie PayPal oder Visa einspannen zu müssen. Banken verlieren damit sowohl die Hoheit über die Kundendaten als auch über den Zahlungsverkehr.

Doch ist dies wirklich der maximal disruptive Eingriff in den Finanzsektor, wie die „FAZ“ meint? Gerade die Fintechs, die nun eigentlich jubeln sollten, sind mit der neuen Richtlinie unzufrieden. Der Streit dreht sich dabei vor allem um die Art des Zugangs – per sogenanntem Screen Scraping oder per Schnittstelle (API). Was nach einer technischen Spitzfindigkeit klingt, hat fundamentale Auswirkungen auf Geschäftsmodelle und Machtverhältnisse. Screen Scraping bedeutet: Der Kunde überlässt einem Dienstleister die Zugangsdaten zu seinem Konto, und der greift per Browser darauf zu. Er bekommt also den gleichen Zugriff auf sämtliche Daten und Funktionen wie der Kunde selbst. Dienste wie Sofortüberweisung nutzen die Methode schon heute.