MIT Technology Review 9/2017
S. 18
Aktuell

Ruhe bitte!

Foto: Hochu rayu

Immer mehr große Hightech-Unternehmen wie Apple und Facebook setzen auf ultrakommunikative Großraum-Bürolandschaften. Bei Software-Entwicklern und anderen Introvertierten wächst daher das Bedürfnis, sich während der Arbeit abzuschirmen. Das ukrainische Designbüro Hochu rayu hat dafür das sogenannte Helmfon entwickelt: Spezielles Dämmmaterial soll Geräusche dämpfen, Multimedia-Anschlüsse und eine Halterung für das Smartphone erlauben diskrete Kommunikation.

Kernfusion

Weltrekord in China

Chinesische Forscher haben einen neuen Weltrekord in der Fusionsforschung aufgestellt: 101,2 Sekunden lang konnten sie in ihrem experimentellen Fusionsreaktor East in Hefei ein sogenanntes High-Confinement-Plasma bei einer Temperatur von rund 50 Millionen Kelvin aufrechterhalten.

In Fusionsreaktoren erzeugen Wissenschaftler extrem heißes, ionisiertes Wasserstoffgas. Das Ziel der Forscher ist, eine Temperatur von 100 Millionen Grad über 1000 Sekun-den zu halten, damit Wasserstoff zu Helium verschmilzt. Damit die Atome nicht einfach auseinanderfliegen, wird das ionisierte Gas durch Magnetfelder zusammengehalten. Im High-Confinement-Zustand, auch H-Mode genannt, enthält das Plasma besonders wenig Turbulenzen.

Mit ihren Experimenten leisten die chinesischen Forscher wichtige Vorarbeiten für den experimentellen Fusionsreaktor Iter, der frühestens 2025 in Betrieb gehen kann. So testeten sie beispielsweise bei ihrem Rekordversuch erfolgreich einen sogenannten Divertor aus Wolfram, der das Fusionsplasma von Verunreinigungen befreien soll.

Der chinesische East-Reaktor ist ähnlich aufgebaut wie der geplante Iter. Allerdings ist er mit einem Durchmesser von 2,5 Metern sehr viel kleiner. Dafür verfügt die 2006 in Betrieb genommene Maschine weltweit als erste über supraleitende Spulen. WOLFGANG STIELER

VERKEHR

Ampel-App hilft Fußgängern

Foto: Dynniq

An vielen Ampeln sind die Grünphasen für Fußgänger so kurz, dass langsamere Menschen es kaum über die Straße schaffen. Eine Android-App namens CrossWalk soll ihnen nun mehr Zeit verschaffen. Die niederländische Stadt Tilburg hat im April damit begonnen, einige Ampeln mit der App zu vernetzen. Dank GPS weiß sie, wann ein Nutzer vor einer vernetzten Ampel steht, und kann dann ein Signal an den zentralen Rechner schicken, um die Grünphase zu verlängern. In einem mehrmonatigen Test sollen Menschen mit Mobilitätsproblemen nun ausprobieren, wie hilfreich die Anwendung ist.

Später können weitere Funktionen hinzukommen – etwa eine Ampelsteuerung für Gruppen. So könnten Lehrer ganze Schulklassen auf Ausflügen sicher über eine Kreuzung lotsen. Laut Hersteller lässt sich das System in nahezu alle Ampelsteueranlagen integrieren, der Hardwareaufwand ist angeblich minimal. BEN SCHWAN

App des Monats

Die nächste Aufgabe

Die App „To-Do“ hat schon zu ihrem Start eine bewegte Geschichte hinter sich. Der Konzern Microsoft hatte 2015 das Berliner Start-up 6Wunderkinder gekauft – und damit deren beliebte App Wunderlist. Nun hat das Team mit „To-Do“ unter der Flagge des US-Konzerns eine kostenlose App herausgebracht, die auf Wunderlist fußt und daher den Vergleich mit dem Original nicht scheuen darf.

Das Schöne ist, dass diese Anwendung für Notiz- und Aufgabenlisten recht einfach gestrickt ist. Neben der Liste „To Do“ gibt es die Liste „Mein Tag“, der per Knopfdruck die für heute anstehenden Aufgaben hinzugefügt werden können. Daneben lassen sich beliebige eigene Listen erstellen, jeweils mit Fälligkeitsdaten versehen und durch Notizen ergänzen. Ein hilfreiches Feature ist auf jeden Fall die Option „Intelligent Suggestions“. Sie ist durch ein Glühlampensymbol auf der Hauptebene der App gekennzeichnet. In diesem Modus werden Vorschläge gemacht, welche Aufgaben in Angriff genommen werden können. Je nach Dringlichkeit sortiert die App die unerledigten Aufgaben vom Vortag und Einträge von heute und folgenden Tagen. To-Do lässt sich auf mehreren Mobilgeräten (Android und iOS) sowie im Browser nutzen und synchronisiert alle Listen. Das ist praktisch, wenn man abends auf dem Tablet noch schnell die Einkaufsliste ergänzt und am nächsten Tag trotzdem nur das Smartphone mitnehmen muss. Bei der Wunderlist konnten verschiedene Nutzer die Listen noch editieren oder kommentieren. Das wäre noch eine wünschenswerte Ergänzung. To-Do ist in die Office-365-Umgebung eingebunden und überträgt Aufgaben in andere Terminkalender, etwa in den von Outlook. JENNIFER LEPIES

MOBILFUNK

Kein leerer Akku mehr

Dieses Mobiltelefon funktioniert auch ohne Akku. Foto: Mark Stone/ University of Washington

Smartphones werden immer leistungsfähiger. Doch die Akkus halten mit der Entwicklung kaum mit und sind oft in den unpassendsten Momenten leer. Um diesem Frust ein Ende zu setzen, haben Forscher der University of Washington ein Mobiltelefon ohne Akku entwickelt. Der Prototyp nutzt eine neue Methode, um Sprachsignale an eine Basisstation zu senden, indem er die von dieser Station empfangenen Signale neu moduliert und zurücksendet, anstatt eigene Funkwellen zu erzeugen. Damit lässt sich der Energieverbrauch von einigen hundert Mikrowatt normaler Mobiltelefone auf 3,5 Mikrowatt reduzieren. Dem Prototypen reichte eine winzige Solarzelle, um den Bedarf zu decken. Für Telefonate muss er sich allerdings in einem Abstand von 15 Metern zur Basisstation befinden. Außerdem muss man bei dem Prototypen noch manuell zwischen Senden und Empfangen umschalten – wie bei einem Funkgerät.

Die Forscher um Vamsi Talla haben für ihren Prototypen und die Basisstation nur Bauteile von der Stange verwendet und sind sich sicher, dass sich Mobilfunkstationen und WLAN-Router mit ihrer Technik nachrüsten lassen. KARSTEN SCHÄFER

essen

Vom Foto zum Rezept

Leckere Gerichte aus dem Restaurant nachzukochen ist schwer. Forscher vom Massachusetts Institute of Technology haben mit Partnern nun ein neuronales Netzwerk darauf trainiert, von Essensfotos auf das Rezept zu schließen. Sie fütterten ihr System „Pic2Recipe“ mit mehr als einer Million Rezepte aus Sammlungen wie „All Recipes“ und „Food.com“. Anschließend ließen sie es nach Übereinstimmungen zwischen Fotos, Zutaten und Zubereitungsart suchen.

Bei 65 Prozent der Bilder glückte das. Besonders erfolgreich war es bei Gebäck – offenbar wegen des großen Anteils solcher Rezepte in der Datenbank. In anderen Fällen tat sich Pic2Recipe dagegen noch schwer – zum Beispiel bei schlechten Fotos, auf denen Shrimps wie Lachs aussahen. Und bei Smoothies ließ sich das verwendete Obst nicht eindeutig anhand der Farbe ermitteln. Die Forscher wollen ihrer Software nun beibringen, besser zu erkennen, ob Fleisch etwa in Streifen oder Würfel geschnitten, gebacken gebraten oder gekocht werden muss. VERONIKA SZENTPÉTERY-KESSLER

watchlist politik

Emissionshandel in den USA

Kalifornien hat – mit Stimmen der republikanischen Opposition – den 2006 eingeführten Emissionshandel bis 2030 verlängert und die kostenlosen Emissionsrechte um 40 Prozent reduziert.

Keine Globuli vom Staat

Der britische Gesundheitsdienst NHS will keine homöopathischen Mittel mehr bezahlen. Das sieht ein Entwurf für neue Verschreibungsrichtlinien vor. Der NHS hält Stoffe ohne nachgewiesene Wirksamkeit für einen „Missbrauch“ seiner begrenzten Mittel.

Hoverboards bald legal?

Elektro-Kleinstfahrzeuge wie Hoverboards, Monowheels, elektrische Tretroller oder Skateboards dürfen bisher nicht auf öffentliche Straßen. Nun erwägt die Bundesregierung, sie zu legalisieren. Die Bundesanstalt für Straßenwesen hat dazu bereits eine Studie erstellt.

Strengere Regeln für Kohle

Ende Juli hat die EU schärfere Grenzwerte für die Stickoxid-, Ruß- und Quecksilberemissionen von Kohlekraftwerken vereinbart. Sie gelten ab 2021. Schätzungen zufolge müssen etwa 82 Prozent der bestehenden Kraftwerke nachgerüstet werden. Das dürfte rund 15 Milliarden Euro kosten.

Druck auf Facebook & Co

Bis Ende Juli gab die EU Facebook, Google und Twitter Zeit, die Nutzungsbedingungen an EU-Recht anzupassen. Dabei geht es vor allem um die Löschung illegaler Inhalte. Laut Reuters sind bisher nur zwei der Konzerne der Forderung nachgekommen, der Dritte habe mehr Zeit erbeten.

Keine Verbrenner mehr

Großbritannien will wie Frankreich Verbrennungsfahrzeuge einschließlich Hybride ab 2040 verbieten.