MIT Technology Review 2/2018
S. 16
Aktuell

ENERGIE

Aus Gülle wird Wasserstoff

Der Truck soll künftig mit Wasserstoff aus Gülle fahren. Foto: Toyota

Toyota wagt den nächsten Schritt hin zum Wasserstoffantrieb. Nach der Vorstellung des Serienautos Mirai will der japanische Autokonzern das Brennstoffzellenfahrzeug sowie einen Truck künftig mit Treibstoff aus erneuerbarer Quelle versorgen. Dafür will Toyota Gülle nutzen. Im kalifornischen Long Beach plant der Konzern ein neues Kraftwerk, das pro Tag bis zu 1,2 Tonnen Wasserstoff und gleichzeitig auch noch 2,35 Megawatt Strom produzieren kann. Mit dem Strom soll das Logistikzentrum im Hafen betrieben werden, wo die Autoimporte aus Japan ankommen. Die Toyota-Anlage basiert auf der sogenannten Tri-Gen-Technik: Aus Gülle wird Methan, das dann in Strom, Wasserstoff und Wasser umgewandelt wird.

Bei dem Pilotprojekt soll es sich um die erste im kommerziellen Maßstab produzierende Anlage ihrer Art handeln. Tri-Gen sei ein wichtiger Schritt hin zum Ziel des Unternehmens, bis 2050 beim Geschäftsbetrieb kein CO2 mehr freizusetzen, sagt Doug Murtha, Planungschef von Toyota Nordamerika. Die Mirais, die per Schiff aus dem Werk in Japan ankommen, werden dann künftig gleich vor Ort mit dem Wasserstoff aus Gülle befüllt. Ben Schwan

MEDIZIN

Injektionen ohne Einstich

Gepikst wird nicht mehr: Prime schießt Injektionen direkt ins Gewebe. Foto: Portal Instruments

Menschen mit chronischen Krankheiten wie Diabetes leiden besonders unter den Spritzen, die sie sich oft mehrmals täglich setzen müssen.

Das am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge mitentwickelte Injektionsgerät namens Prime könnte das ändern. Der Apparat – ein Projekt von Thermodynamikforscher Ian Hunter und dessen Kollegen – wird jetzt von der MIT-Ausgründung Portal Instruments zur Marktreife gebracht.

Der Vorteil ist, dass der Apparat keine Nadel mehr benutzt. Stattdessen werden die Medikamente durch eine Düse mit einer großen Austrittsgeschwindigkeit von 200 Metern pro Sekunde verabreicht. Dabei misst das Gerät auch, wie gut der haarfeine Strahl in die Haut eindringt. So lässt er sich an die Stärke des Hautgewebes anpassen. Die Injektion soll kaum bis gar keine Schmerzen verursachen. Eine mit dem Gerät verbundene App protokolliert außerdem den Einsatz. INGE WÜNNENBERG

Sprachsynthese

Google-Software spricht wie ein Mensch

Google-Entwickler haben eine Software zur Sprachsynthese entwickelt, deren Betonung und Aussprache von der eines Menschen praktisch nicht mehr zu unterscheiden ist. Bestehende Sprachsynthese-Software ist zwar in der Regel mittlerweile gut zu verstehen. Stimmen aus dem Computer klingen aber oftmals sehr künstlich, weil die aktuellen Systeme lediglich Sprachschnipsel, die zuvor aufgenommen wurden, neu zusammensetzen. Betonung und Sprachmelodie lassen sich so nur sehr begrenzt variieren.

Jonathan Shen und Ruoming Pang von Google wählten deshalb einen ganz anderen Ansatz mit zwei künstlichen neuronalen Netzen: Das erste Netz trainierten die Forscher darauf, aus Texten und Audiodaten spezifische Merkmale zu extrahieren. Aus dieser Zwischenstufe erzeugt das zweite Netz namens WaveNet, das die Google-Tochter DeepMind bereits 2016 entwickelt hatte, die Wellenform des Sprachsignals. WOLFGANG STIELER

Glühen und blühen

Foto: Seon-Yeong Kwak/M.I.T.

Forscher haben Brunnenkresse zum Leuchten gebracht. Dazu schleusten sie Enzyme auf Nanopartikeln unter hohem Druck in die Poren der Blätter ein. Der Effekt hielt zwar nur vier Stunden an, aber die Wissenschaftler sind zuversichtlich, Pflanzen irgendwann zu Leselampen umbauen zu können. Die Energie dazu liefert der Stoffwechsel der Pflanze.

ROBOTIK

Weiche Kunstmuskeln heben schwere Lasten

Bislang arbeiten Fabrikroboter in Käfigen, um Kollegen aus Fleisch und Blut nicht zu gefährden. Weiche Materialien könnten das Miteinander von Mensch und Maschine erleichtern. Das Team um Christoph Keplinger an der University of Colorado entwickelte dafür nun künstliche Muskeln aus Kunststofffolien (DOI: 10.1126/science. aao6139). Eine Variante besteht aus Donut-förmigen Schlauchringen, die andere aus Faltenbälgen.

Integrierte Elektroden setzen sie unter Hochspannung von bis zu 30000 Volt. Dabei werden dielektrische, isolierende Flüssigkeiten wie Rapsöl elektrostatisch aufgeladen und so aus einem Reservoir angezogen. Die Kunststoffschläuche füllen sich und dehnen sich teils bis auf die doppelte Größe aus. Ohne Spannung leeren sie sich wieder. Ein Greifer aus zwei Donut-Stapeln kann ein rohes Ei sanft festhalten; ein Faltenbalg bis zu vier Kilogramm heben. Beide können sich mit hoher Geschwindigkeit mehr als eine Million Mal dehnen und zusammenziehen, ohne Schaden zu nehmen.

Über individuelle Designs ließen sich die Kunststoffschläuche an die gewünschten Anforderungen anpassen. Wegen geringerer Materialkosten wären sie deutlich günstiger als herkömmliche Roboterantriebe. JAN OLIVER LÖFKEN