MIT Technology Review 8/2018
S. 16
Aktuell

bionik

Chip imitiert Tastsinn

Fühlende Elektronik steuert das Bein einer Küchenschabe an. Foto: Yeongin Kim/Stanford University et al.

Ein künstlicher Nerv mit Sensoren kann den biologischen Tastsinn extrem genau nachbilden. Entwickelt haben den Chip Forscher von der Seoul National University und der Stanford University. Die Wissenschaftler bauten dabei das komplette Druckreizleitungssystem aus Elektronikbauteilen nach.

Zunächst verändert Druck auf die Sensoren die Spannung zwischen zwei Elektroden. Die Spannungssignale gelangen in den Kunstnerv, der aus mehreren Ringoszillatoren besteht und die Spannungssignale in eine Serie von elektrischen Impulsen (Aktionspotenziale) umwandelt. Diese werden am Schluss von einem sogenannten synaptischen Transistor verrechnet. Ein beständiger, leichter Druck erzeugt dabei eine andere Pulsfrequenz als ein kurzer, starker Druck.

Im Test erkannte das System, wo ein kleiner Stab platziert und in welche Richtung er bewegt wurde, ähnlich wie Menschen auch ohne Hinsehen sagen können, wo eine Fliege auf ihrer Hand gelandet und in welche Richtung sie gekrabbelt ist. Darüber hinaus konnte es auch Braille-Zeichen unterscheiden.

Zu guter Letzt leiteten die Forscher die Synapsensignale in ein abgetrenntes Insektenbein, dessen Muskeln sich daraufhin je nach Signalmuster unterschiedlich stark zusammenzogen. Weil das System Signale ähnlich energiesparend verarbeitet wie das biologische Vorbild, könnte es sich mit sehr vielen Sensoren dafür eignen, Prothesen mit einem Tastsinn zu entwickeln.

VERONIKA SZENTPÉTERY-KESSLER

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Software lernt diskutieren

Während einer Live-Debatte mit menschlichen Teilnehmern hat ein IBM-Computerprogramm namens „Project Debater“ im Juni in San Francisco überraschend überzeugend argumentiert, dass die Erforschung des Weltraums subventioniert werden sollte. Als ein Mensch widersprach, hielt es mit weiteren Argumenten dagegen. In einer zweiten Debatte sprach sich das Programm für den verstärkten Einsatz von Telemedizin aus.

Die Software versuchte gar nicht erst, das jeweilige Thema wirklich zu verstehen. Stattdessen konstruierte sie einfach neue Argumente, indem sie Elemente früherer Argumente mit relevanten Informationen aus der Wikipedia kombinierte.

Ranit Aharonov, eine Forscherin hinter dem Projekt, räumt ein, dass es noch ein weiter Weg sei, die Sprache zu beherrschen. Allerdings glaubt sie, dass die Technologie eine Reihe von praktischen Anwendungen haben könnte – zum Beispiel um jemandem zu helfen, eine kritische Entscheidung zu treffen, indem sie Pro- und Contra-Argumente einander gegenüberstellt. WILL KNIGHT

Material

Unsichtbar für Nachtsichtgeräte

Die Tarnmatte macht einen Körper für die Infrarotkamera unsichtbar. Foto: Hongrui Jiang/ UW-Madison College of Engineering

US-Forscher haben einen Tarnmantel gegen Nachtsichtgeräte und Wärmebildkameras entwickelt. Frühere Prototypen von Tarnmaterial für sichtbares Licht und Mikrowellen leiten die Strahlung um das Objekt herum. Um Wärmebildkameras zu überlisten, muss man jedoch nur dafür sorgen, dass die Wärmestrahlung nicht auf den Sensor der Nachtsichtkamera trifft.

Hongrui Jiang und Kollegen von der University of Wisconsin-Madison beschichteten dafür eine gummiartige Matte mit einem dichten Pelz aus mikroskopisch kleinen Siliziumnadeln. In diesen Mikrowald betteten die Forscher Nanopartikel aus Silber ein. Die Silberpartikel absorbieren Wärmestrahlung, wie sie zum Beispiel ein Körper oder Motor abstrahlt. Die Siliziumnadeln sorgen für eine riesige Oberfläche, mit der die absorbierte Wärme unauffällig in die Umgebung abgeleitet wird, schreiben die Autoren in der Zeitschrift „Advanced Engineering Materials“. W. STIELER