MIT Technology Review 7/2019
S. 19
Aktuell

KI

Übersetzung mit eigener Stimme

Google-Entwickler haben ein Programm entwickelt, das Universal-Übersetzern aus der Science-Fiction, wie etwa dem „Babel-Fisch“, ein Stück näher rückt: Das System gibt Übersetzungen direkt mit der Stimme des ursprünglichen Sprechers aus.

Bislang arbeiten Übersetzungsprogramme, indem sie zunächst die Audiosignale gesprochener Sprache in Text wandeln. Dann wird der Text in die Zielsprache übersetzt. Zuletzt macht eine Sprachsynthese daraus wieder gesprochene Sprache. Das von Google „Translatotron“ genannte System überspringt den Zwischenschritt und übersetzt den Inhalt, ohne ihn zwischendurch in Textform darzustellen.

Die Beispiele, die Google veröffentlicht, zeigen, dass die neue Methode noch nicht komplett ausgereift ist. Die Entwickler halten sie aber für vielversprechend. Denn durch das Auslassen des Zwischenschritts wird das System nicht nur schneller, es entfällt auch eine potenzielle Fehlerquelle. Die direkte Übersetzung hört sich zudem natürlicher an, weil sie beispielsweise Eigennamen unverändert ausgibt.

Im Translatotron wird die Eingabesprache in ein sogenanntes Spektrogramm umgewandelt, das die zeitlichen Verläufe der Frequenzverteilung des Sprachsignals darstellt. Ein spezielles neuronales Netz verknüpft das Spektrogramm in der Eingangssprache mit einem Spektrogramm der Ausgangssprache. Ein sogenannter Vocoder macht daraus dann wieder gesprochene Sprache. WOLFGANG STIELER

App des Monats

Mobil durch die City

In Großstädten wie Berlin, Hamburg oder München hat man mittlerweile die Qual der Verkehrsmittel-Wahl, möchte man vollständig auf eigene Fortbewegungsmittel verzichten: öffentlicher Nahverkehr, Mietfahrzeuge, -fahrräder oder -roller stehen für den Weg durch die Städte zur Verfügung.

Das Problem: Um diese Verkehrsmittel buchen zu können, benötigen die Nutzer jeweils eine separate App. Das wollen die App-Anbieter Citymapper und Free2Move ändern. In ihren Anwendungen integrieren sie unterschiedliche Verkehrsarten und ermöglichen ihren Nutzern damit multimodales Verkehrsverhalten auf ihrem Weg von A nach B. So integriert Free2Move flexible, stationäre und Peer-to-Peer-Anbieter (Nutzer verleihen ihr Fahrzeug). In Deutschland sind das etwa Autodienste wie CleverShuttle, DriveNow, die Bahntochter Flinkster; E-Roller von Eddy, Emmy oder Coup sowie Radverleihe wie Call a Bike, Donkey Republic oder Stadtrad Hamburg.

Free2Move

Citymapper bindet weniger Anbieter ein, zeigt aktuell in den meisten Städten neben den Öffis nur Leihräder, kennt dafür aber teilweise die aktuell in Docks abgestellten Räder – sofern die Stationsbetreiber diese Info übermitteln. Free2Move punktet damit, dass Entfernung, Fahrzeugtyp, Motor und Preise der Anbieter verglichen werden können. Zudem versprechen die Macher, dass weitere Fahrdienste zu den aktuell 14 hinzukommen sollen.

In Berlin entwickeln die Nahverkehrsbetriebe eine eigene Lösung: Wie Citymapper oder Free2Move versammelt die von den Nahverkehrsbetrieben BVG initiierte Anwendung Jelbi aber auch nicht alle Dienste. Für wirklich individuelle multimodale Weggestaltung müssen Nutzer mit etwas Pech auch weiterhin unterschiedliche Dienste in Anspruch nehmen. ben schwan

Infotech

Roboter zur Frustabfuhr

Gewalt sei zwar grundsätzlich keine Lösung, in seinen Robotern zum Aggressionsabbau sieht Michal Luria jedoch eine Ausnahme. Der Doktorand der Human Robot Interaction der Carnegie Mellon University in Pittsburgh hat Roboter entwickelt, die mit verschiedenen Sensoren Frust und Stress bei Menschen erkennen und ihnen helfen sollen, diesen wieder loszuwerden. Der Name von Lurias „cathartic objects“ ist Programm. Sie sollen ihrem Besitzer eine Katharsis, also die Bekämpfung innerer verdrängter Konflikte, ermöglichen. Mehrere solcher Objekte hat der CMU-Forscher bereits geschaffen.

Seine erste Variante ist eine bunte, gesichtslose Stoffpuppe, die zu lachen anfängt, wenn sie registriert, dass ihr Nutzer sich aufregt. Er kann dann seinen negativen Gefühlen freien Lauf lassen und die Puppe schlagen oder werfen. Fühlt ihr Nutzer sich besser, hört sie auf. Der Roboter ist stabil gebaut und geht dabei nicht kaputt.

„Cathartic objects“ sollen beim Aggressionsabbau helfen. Foto: Michal Luria

Ein weiteres Katharsis-Objekt ist ein Kissen zum Schütteln, Schleudern oder Erstechen. Für Nutzer, die schimpfen, hat Luria noch ein Beleuchtungsobjekt entwickelt, dessen Spracherkennung registriert, wenn ihr Besitzer Schimpfwörter benutzt. Es reagiert darauf mit Farbwechseln.

Die „cathartic objects“ stellt Luria derzeit auf Konferenzen vor. Ben Schwan

BIOLOGIE

Künstliches Bakterium

Künstliches Leben ist keine Vision mehr. Zwei Jahre lang haben Forscher aus Großbritannien DNA-Bausteine zum Genom eines neuen Bakteriums namens E. coli Syn61 zusammengesetzt. Dieses Genom übertrugen sie in die Hülle des natürlichen Vorbildes, des Darmbakteriums Escherichia coli. So entstand ein lebender künstlicher Organismus, allerdings kein direktes Abbild von E. coli, sondern eine Version mit einem radikal verkleinerten Bauplan. Diese Reduzierung erreichten die Forscher vor allem durch das Entfernen von Redundanzen aus dem Genom – an über 18000 Stellen haben sie etwas verändert. Äußerlich ist den Bakterien diese Reduktion anzusehen: Sie sind länger und vermehren sich langsamer als ihre natürlichen Verwandten.

E. coli verwenden Wissenschaftler häufig, weil es relativ einfach ist, Extra-Gene einzuschleusen, die etwa fremde Stoffe wie menschliches Insulin produzieren. E. coli Syn61 ist genetisch so auf das Wesentliche reduziert, dass es viel Platz für den Einbau neuer Gene bietet. Jo SChilling

watchlist politik

verbesserter Verbraucherschutz

Eine Richtlinie der EU für digitale Inhalte und Dienste soll Verbraucher künftig besser schützen. Mängel an einem digitalen Produkt – ob im Ladengeschäft oder online gekauft – sollen einfacher reklamiert werden können. Werden beispielsweise fehlerhafte Produkte nicht innerhalb von zwei Wochen korrigiert, besteht Anspruch auf Preisminderung oder Rückerstattung.

Votum für Artenvielfalt

Der Bundesrat hat sich für die Verschärfung von Sicherheitsauflagen bei Laborexperimenten mit Gene-Drive-Organismen (GDO) ausgesprochen. GDO geben ihr verändertes Erbgut und den Mechanismus, mit dem es verändert wird, an ihre Nachkommen weiter. Die Folgen für verwandte Arten und das Ökosystem sind bisher unabsehbar.

Sanktionen bei Cyberangriffen

Wer europäische Rechnernetze angreift, um Daten abzufangen oder zu verändern, muss künftig mit schärferen Sanktionen rechnen: Konsequenzen sind etwa Einreiseverbote sowie die Beschlagnahme von Vermögenswerten. Selbst die Beihilfe zur Umgehung der EU-Maßnahmen steht unter Strafe.

keine Apothekenautomaten

Das Oberlandesgericht Karlsruhe verbietet Apothekenautomaten in Baden-Württemberg. Der Grund: Das Videoterminal der niederländischen Apothekenkette DocMorris verstoße gegen das Arzneimittelgesetz. Das Urteil stützt damit den Referentenentwurf des Gesundheitsministers für ein „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“.