MIT Technology Review 1/2020
S. 70
Fokus
Biotechnologie
Illustration: Shutterstock

Mehr Mensch fürs Labor

Ganze Organsysteme können Forscher mittlerweile auf Chips ­packen. Mit der Technologie lassen sich sogar menschliche ­Embryonen züchten. Ist der medizinische Nutzen größer als die ethischen Bedenken?

Von Jo Schilling

Biotechnologie mit dem Aufkleber „Rot“ – wie Blut – ist ein Sammelbegriff dafür, was Biologen, Ingenieure und Infor­matiker gemeinsam entwickeln, um kranke Menschen zu heilen oder ihnen zumindest zu helfen. Forscher entwickeln Zellmodelle und Tierversuche, um Therapien gegen Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen zu finden – verirren sich jedoch regelmäßig in Sackgassen, weil eine Zelle kein Organ und eine Maus kein Mensch ist.

Denn was die Wissenschaft nicht hat, ist der Mensch im Labor. Mittlerweile gelingen Forschern jedoch vielversprechende Schritte in diese Richtung. Begonnen hat es mit menschlichen Gewebeproben, die in winzigen Kulturgefäßen von Flüssigkeiten durchspült und mit Sensoren ausgestattet sind – sogenannten Biochips. Jetzt ist die Biotechnologie reif, sie zu größeren Chipsystemen aus etwa Leber-, Bauchspeicheldrüsen-, Herz- und Nierenzellen zu verbinden und damit ein Stück Mensch in Postkartengröße ins Labor zu bringen (siehe Seite 72).